Özdemir über Rot-Rot-Grün: R2G muss „klar proeuropäisch“ sein
Grünen-Chef Cem Özdemir macht einen Schwenk der Linken in der Europapolitik zur Voraussetzung für eine rot-rot-grüne Regierung.
BERLIN taz | Grünen-Chef Cem Özdemir macht ein rot-rot-grünes Bündnis auf Bundesebene davon abhängig, ob die Linke sich positiv zur EU positioniert. „Wir unterschreiben keinen Koalitionsvertrag, in dem es nicht eine glasklar pro-europäische Ausrichtung gibt“, sagt Özdemir in einem Streitgespräch mit der Linken-Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und der SPD-Generalsekretärin Katarina Barley in der taz.am wochenende (Ausgabe 3./4. Dezember).
„Für mich ist das das entscheidende Thema, das alle anderen überlagert: Wie steht die Linkspartei zu Europa? Nicht zu einem imaginären, noch zu bauenden Europa – sondern zur real existierenden EU?“ Wer diese EU abreißen und komplett neu bauen wolle, erteile Europa eine Absage, betonte Özdemir.
Sahra Wagenknecht kontert: „Die heutige EU zerstört Europa, denn sie macht die Le Pens stark.“ Die Aussage „Wer Europa will, muss Weiter so sagen“ sei grundfalsch. Wagenknecht bringt auch ein Ende des Euro ins Spiel. Finanzpolitisch sei eine Rückkehr zu unterschiedlichen Währungen innerhalb der Euro-Zone sinnvoll, sagte sie.
SPD-Generalsekretärin Katarina Barley warnt davor, die EU grundsätzlich in Frage zu stellen. „Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Wagenknecht, sage ich: Die EU, so wie wir sie kennen, ist ein historisches, friedenstiftendes Projekt, das wir nicht gefährden dürfen.“ Bei den Verhandlungen um eine rot-rot-grüne Außenpolitik sei aber nicht die SPD das Hauptproblem. „Die Frage ist eher, ob Grüne und Linke zusammen können. Ich habe während der Ukraine-Krise zweimal erlebt, dass sich ein Grünen- und ein Linken-Abgeordneter fast geprügelt hätten. Seitdem bin ich etwas skeptischer.“
Wer eine linke Alternative für Deutschland will, muss auf ein rot-rot-grünes Bündnis setzen. Aber können sich SPD, Linke und Grüne im Bund überhaupt auf ein Projekt einigen? Das große Streitgespräch mit Katarina Barley, Sahra Wagenknecht und Cem Özdemir lesen Sie in der taz.am wochenende vom 3./4. Dezember 2016. Außerdem: eine Sachkunde zu Donald Trumps Traum von einer Mauer zwischen den USA und Mexiko. Und: Wie Daten Politik machen. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Nach aktuellen Umfragen würden SPD, Grüne und Linke bei der Bundestagswahl keine Mehrheit erreichen. Eine starke AfD und ein Wiedereinzug der FDP würde das Bündnis verhindern. Für die SPD ist ein Linksbündnis die einzige realistische Option, um ab Herbst 2017 den Bundeskanzler zu stellen.
Das gesamte Streitgespräch über Europa und Putin, Gemeinsamkeiten und rote Linien – und die Chancen von Rot-Rot-Grün auf einer Skala von 1 bis 10 lesen Sie in der taz.am wochenende vom 3./4. Dezember.
Leser*innenkommentare
nzuli sana
Zum Glück sind es ja keine "Roten", sondern nur SPD und PdL, übrigens müsste es heißten 2RG.
Justin Teim
Die EU ist sicherlich schwer renovierungs bedürftig.
Missen möchte ich Sie aber nicht.
Die Folge eines scheiterns de EU wäre doch Klein-Staaterei mit ggf. zweifelhaften und gegensätzlichen Regierungen.
Ein Konsens zu finden in solch einer Konstellation wäre mit 28 Staaten schier unmöglich.
81331 (Profil gelöscht)
Gast
ja, Herr Özdemir, es war der 'Euro', der vielen Menschen in Griechenland, Italien, Spanien, oder Portugal das Genick brach. Toll find' nach wie vor die Äusserung von Frau Merkel während ihres Griechenland-Besuches 2014 (?), der Tourismus und die Landwirtschaft in diesem Land seien noch "ausbaufähig". Wer jung ist und vielleicht auch studiert hat, flieht aus diesem Griechenland. Zurück bleiben ein paar alte Ziegen- und Schafhirten, gemeinsam mit den Hotelbesitzern. Kreta z.B. verwandelt sich mit Hilfe der EU mehr und mehr zur Wüste. Riesige Schafherden, finanziert über EU-Landwirtschaftsubventionen, fressen die Insel langsam, aber sicher kahl und Herr Özdemir will, oder kann nicht verstehen.
Rudolf Fissner
@81331 (Profil gelöscht) Und bei den vielen vielen Milliarden Euros, die dorthin rollten muss das so richtig weh getan haben.
kami
Der Linke mangelndes "pro-europäisch"-Sein vorzuwerfen, weil sie für ein besseres, gerechteres, sozialeres Europa sind, ist ungefähr so sinnvoll, wie attac "Globalisierungsgegner" zu nennen, weil sie für eine gerechtere Globalisierung eintreten.
Es ist wirklich unglaublich, wie CDUSPD im Chor mit Schwarzgrün immer mehr ihr "weiter so" um die Ohren fliegt und ihnen nichts Besseres einfällt, als alle anderen und insebsondere die Linke dafür verantwortlich zu machen. Meine Hoffnung, dass die asozial gewordene SPD nach Jahren den Denkzettel endlich mal zur Kenntnis nimmt, geht langsam gegen Null. Im systemischen Abbau von Sozialstaat, von gerechter Verteilung und Teilhabe, und dem systemischen Öffnen einer immer größeren Schere zwischen Profiteuren einerseits und Abgehängten, Perspektivlosen, Prekarisierten andererseits waren alle ganz fix. Wenn es um systemische Korrekturen dieser offensichtlichen Fehlentwicklungen geht, fällt ihnen nichts Besseres ein, als nach jahrelanger Beratung mal wieder den Hartz-Satz und irgendwelche Müterrenten um Eineurofuffzich zu erhöhen und dabei "Nie ging es uns im Durchschnitt so gut wie heute" zu tirilieren.
Wenn die nicht bald einen anderen Kurs einschlagen, wird der große Krach leider von ganz Rechts erfolgen - von all den Idioten, die jedem Demagogen nachlaufen, solange er nur verspricht, einen Brandsatz in die ganze Weiter-so-Sauce zu werfen. Dann wird's zwar noch asozialer und neoliberaler als vorher, aber man wird zur Ablenkung einfachste Sündenböcke wie "die Ausländer", "die Homolobby" und "die Feministinnen" zum Draufschlagen und Wutablassen anbieten. Ich habe langsam nur noch Angst vor dem, was hier gerade passiert.
33523 (Profil gelöscht)
Gast
Da wünsche ich den Grünen viel Spaß! Die nationalistischen Tendenzen von die Linke werden sich nicht einfach in Luft auflösen!
74450 (Profil gelöscht)
Gast
@33523 (Profil gelöscht) Es wird kein RRG geben, daher ist diese Debatte etwas langweilig. Es gibt keine gemeinsame Basis, keine gemeinsamen Ideen. Die Linksnationalisten bleiben daher das alleinige Problem der "Linken".
4932 (Profil gelöscht)
Gast
Da ich erst das ganze Streitgespräch lesen möchte, sage ich nur:
An dieser EU eisern festzuhalten, die im Osten nicht funktioniert, im Süden nicht, nordwestlich abbröckelt und von Deutschland dominiert wird, kann keine brauchbare Basis für RRG sein.
Wir brauchen dringend frischen Wind für das Klima, gegen Ausbeutung anderer Länder, für die sozialen Probleme, gegen Krieg und Waffenlieferungen, gegen Konfrontation mit Rußland, Abstand von Globalisierung.
571 (Profil gelöscht)
Gast
..., und, und , und natürlich eine Linke mit Biss und klarerer Linie.
10% Zustimmung beim Volk sind einfach 20% zu wenig.
4932 (Profil gelöscht)
Gast
Ja. Denn die erstarrte und festgefahrene CDU wird kein einziges der großen selbstgemachten Probleme auf der Erde mehr lösen. Eine Partei, die mit ihrem Sklaven SPD nur das 'alternativlose weiter so' kennt.
Nur ein Beispiel: Seit 2 Jahren eiert ein Verkehrsminister nur noch mit seiner Ausländermaut herum, kümmert sich nicht mehr um Diesel, Schadstoffe, Betrügereien bei den deutschen Autofirmen. Erstarrung pur.
IL WU
Die CDU macht unter Merkel zweifelsfrei die erfolgreichste Politik seit der Wiedervereinigung.
Die Politik ist deshalb so alternativlos, da sie so gut ist.
4932 (Profil gelöscht)
Gast
Sind Sie Kabarettist?
Gibt es Termine, wo und wann Sie auftreten?
Bitte und danke für eine Antwort.
(Ich bin Kabarett-Liebhaber)
IL WU
@4932 (Profil gelöscht) Nein, aber ein Freund von Realpolitik ohne ideologische Verblendung.
571 (Profil gelöscht)
Gast
@IL WU Für wen, Il Wu?
IL WU
@571 (Profil gelöscht) die gesamte Bevölkerung ...
Lowandorder
@KLAUSK - sorry Wunschkonzert!
Mal Münte - voll auf Kante:
"Opposition ist Scheiße." &
Siggi - nix auf Tasche - & keine akzeptable Idee von irgendwas -
Hat genau deswegen für anderes als
Mitregieren - die Hosen gestrichen voll. Deswegen sitzt er eben nicht in einer 2RG-Runde als Pusher - was ja sein Job wäre für eine andere Politik!
Sondern schielt so derart offensichtlich alternativ&final auf den
Anschlußverwendungssessel!
Lieber heut als morgen! Denn - klar -
Er weiß sehr genau - daß er ein für nichts stehendes Blatt im Wind ist!
Gewichtsgesichtslos!
Insoweit hat Ulrich Schulte nur zu recht: Raufdienen & gefaktes Sahnetörtchen reicht schlicht nicht!
kurz - Jedes Kind sieht - naked!
571 (Profil gelöscht)
Gast
Jaja, der Opportunist mit seinen vielen Fähnchen!
Einem mitdenkenden Wähler nicht vermittelbar und trotzdem um die 20%.
Nicht zu fassen...
IL WU
Den Grünen ist nur zu raten frühzeitig sich von R2G abwenden und sich Richtung Schwarz-Grün zu orientieren.
571 (Profil gelöscht)
Gast
@IL WU Das braucht denen niemand mehr zu "raten", die Orientierung läuft schon längst voll auf dem Realomainstream.
IL WU
@571 (Profil gelöscht) sehr gut.
571 (Profil gelöscht)
Gast
@IL WU Von wegen sehr gut - leider!
IL WU
Dann sind wir wohl unterschiedlicher Meinungen.
Ich hoffe nur, dass Ihre Enttäuschung über die fehlende Mehrheit von R2G am Wahltag nicht all zu groß sein wird.
Volker Birk
Das historische, friedensstiftende Projekt arbeitet gerade daran, eine Armee aufzustellen und damit dann in rohstoffreichen Ländern unter deutscher Führung “Verantwortung zu übernehmen”.
Das ist den eher unhistorischen TAZ-Autoren vermutlich entgangen.
571 (Profil gelöscht)
Gast
Sehr positiv: Auf dem Tisch stehen ausschließlich Mehrwegflaschen, drum herum leider nur alter Wein in alten Schläuchen.
Sollten die drei von R2G noch einen auf links frisierten Lindner ins Boot holen, könnte die Neuauflage der GroKo verhindert werden.
R2G2? Lange Ampel? Ampel mit zwei Rotphasen?
1714 (Profil gelöscht)
Gast
Özdemir ist Teil des Problems, Wagenknecht ebenso. Es gibt in beiden Parteien und der SPD genügend Willen R2G zu versuchen. Nur diese beiden Starrköpfe sind daran wenig interessiert. Wagenknecht ist nicht kompromissbereit, Özdemir will in eine schwarz/grüne Regierung. Er ist nur karriereorientiert, sie ist nur fundamentalistisch.
4932 (Profil gelöscht)
Gast
Ich finde ganz im Gegensatz zu Ihnen, das Hauptproblem ist die SPD.
Seit es die Linke gibt, hat sich die SPD wie eine eifersüchtige alte Tante gewehrt, alle guten Vorschläge der Linken anzunehmen. Und auch jetzt blockt sie alle Vorschläge der Grünen im Bundestag ab, weil sie offenbar ihre letzte Not-Option in der Heirat mit der CDU sieht und sie der Mut zu einer neuen Politik vollkommen verlassen hat.
Die SPD verhindert sogar mit ihrer sperrigen Haltung gegenüber RRG ganz aktiv, daß in diesem Land endlich nötige Korrekturen umgesetzt werden. (Die Quittung wird ihr 2017 ohne weitere Aufforderung zugesandt).
biggerB
Ich kann Ihre Kritik an Wagenknecht nicht teilen.
In welche Abgründe eine zu große
"Kompromißbereitschaft" eine Partei führen kann, zeigen doch ganz deutlich die desaströsen Umfragewerte der sPD.
WERTE über Bord zu werfen, für welche man als Partei gewählt wurde ist keine Bereitschaft zum Kompromiß, sondern Verrat am Vertrauen UND Willen der Wähler.
Etwas ins eigene Wahlprogramm zu schreiben, von dem man schon vorher weiß, dass es in einer Koalition nicht umsetzbar sei, aber u. U. noch ein paar tausend "Unentschlossene" an die Urnen locken könnte, ist m.E. vorsätzliche Wählertäuschung und keinesfalls das, was Müntefering seinerzeit mal als "nicht gerecht" beschrieb.
„Ich bleibe dabei: Daß wir oft an Wahlkampfaussagen gemessen werden, ist nicht gerecht.“
– Franz Müntefering
PS: Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Verbrauchswertversprechen der deutschen Automobilfirmen im Werbeversprechen und dem tatsächlichem Verbrauch!
MfG
biggerB
571 (Profil gelöscht)
Gast
Ein Partei-Ko-Vorsitzender, eine Fraktions-Ko-Chefin und eine Generalsekretärin treffen sich zum Streitgespräch. Keine gute Idee.
Frau Peter, Frau Kipping und Herr Gabriel müssten mal zusammensitzen, damit es ordentlich kracht und dem Siggi die Fetzen um die Ohren fliegen.
Denn der größte Teil des "Problems" ist die starre Haltung der SPD, da die total auf's Mitregieren fixiert ist.