Dorothea Hahn über den Stopp der Dakota Access Pipeline: Von den Sioux lernen
Nichts schien unwahrscheinlicher als ein Sieg der Sioux von Standing Rock. Der Stamm war nicht nur mit den politisch mächtig vernetzten Betreibern der Dakota Access Pipeline konfrontiert, sondern auch mit den dahinterstehenden geballten Interessen der Mineralölindustrie, mit einigen der größten Banken der Welt, mit dem Militär, dem das Land gehört, und mit den großen Medien des Landes, die ihre Anliegen monatelang ignoriert haben.
Doch die Sioux gaben nicht auf. Trotz jahrhundertelanger Erfahrung von Vertreibung, Massakern und Betrug, trotz der schockierenden Armut, die bis heute in ihren auf winzige Territorien geschrumpften Reservaten grassiert, haben sie allen die Stirn geboten. Das wird in die Geschichtsbücher eingehen. Es ist ein Erfolg von der Dimension der Schlacht von Little Bighorn im Jahr 1876 – mit dem Unterschied, dass dieses Mal zum Glück fast kein Blut geflossen ist.
Die Sioux haben zwar nur eine Meile der Pipeline gestoppt, von der die übrigen 1.171 Meilen bereits gebaut sind. Doch sie haben die geplante Inbetriebnahme des 3,8-Milliarden-Bauwerks verhindert – zumindest vorerst. Damit haben sie die Wasserversorgung ihres Reservats vor den Gefahren eines Pipelinebruchs verschont – und außerdem fossile Energien und Klimawandel auf die politische Tagesordnung gesetzt. Wenige Wochen vor dem Amtsantritt des Pipeline-Freundes Donald Trump kommt das exakt zum richtigen Zeitpunkt.
Für die kommenden vier Jahre kann das, was die Sioux in der Prärie vorexerziert haben, als Modell für absehbare Konflikte dienen: Sie waren hartnäckig, gewaltfrei und haben ihre ursprünglich kleine und lokale Bewegung zu einem globalen Ereignis gemacht. Auf dem Weg schmiedeten sie Allianzen mit fast 300 indigenen Völkern quer durch den Kontinent – darunter auch historische Gegner – und fanden die Unterstützung von städtischen Linken und KlimaaktivistInnen in aller Welt. Daraus lässt sich lernen.
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