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Kommentar Weißbuch der BundeswehrUnsere Fremdenlegion

Kommentar von Martin Reeh

EU-Ausländer in der Bundeswehr? Das ist nur ein weiterer zynischer Schritt der deutschen Dominanz über den Kontinent.

Werden die Kameraden bald aus anderen EU-Ländern zur Bundeswehr kommen? Foto: dpa

V ielleicht muss man die Chuzpe bewundern, mit der die deutsche Bundesregierung auch im neunten Jahr der Eurokrise noch ihre nationale Interessenpolitik zulasten Südeuropas als Beitrag zur europäischen Einheit zu verkaufen sucht. Ein Anschauungsobjekt dafür liefert nun das Weißbuch der Bundeswehr, nach dem künftig auch Bürger anderer EU-Staaten für die deutsche Armee kämpfen sollen. Dies sei, so heißt es darin, „ein starkes Signal für die europäische Perspektive“. Diese Sichtweise hat Deutschland, wie so oft in Europa, ganz exklusiv.

Vor einem Jahr zwang die Bundesregierung Griechenland zur Kapitulation vor der deutschen Austeritätspolitik. Eine ökonomische Perspektive für Griechenland gibt es seitdem nicht mehr. Stattdessen bietet Deutschland zynische Trostpflaster mit Eigennutz: Vor zwei Wochen kam Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vorbei und versprach Athen ein paar Solaranlagen deutscher Firmen, für die es hierzulande keinen Abnehmer mehr gibt.

Gestern leiteten die EU-Finanzminister unter starkem Druck vonseiten Wolfgang Schäubles ein Defizitverfahren gegen Spanien und Portugal ein. Beide Staaten hatten sich nicht an das deutsche Dogma, in Krisenzeiten die Staatsausgaben einzuschränken, gehalten. Ihre Wirtschaft kam zaghaft wieder in Schwung. Wird die Konjunktur wieder abgewürgt, dürfte der Exodus junger Spanier und Portugiesen zur Freude deutscher Unternehmen nach Deutschland wieder zunehmen.

Zukünftig, so die Botschaft aus dem Verteidigungsministerium, können sie aber auch für die Bundeswehr kämpfen. Die Freiheit Deutschlands würde zukünftig von Arbeitslosen aus Madrid und Athen am Hindukusch verteidigt werden. Die letzte Hoffnung von Opfern der deutschen Politik in der Eurokrise heißt: riskieren, für Deutschland zu sterben. Das mag aus Sicht der Bundeswehr, die Nachwuchsprobleme hat, verständlich sein. Aber es ist einmal mehr deutscher Zynismus.

Deutschland bietet Süd­europa zynische Trostpflaster mit Eigennutz

In Deutschland aber glauben sie ihre PR-Sätze, mit denen das Verteidigungsministerium den deutschen Eigennutz als „europäische Perspektive“ verkauft, wirklich. Schäubles harte Haltung in der Defizitfrage und das Weißbuch zeigen: Es ist kein Ende der deutschen Politik, die Europa schadet, in Sicht.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
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22 Kommentare

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  • Von wegen "Unsere Fremdenlegion", da wird selbstermächtigt um wehrfähiges Personal in anderen EU- Staaten bis in deren ehemalige Kolonien im Mittleren Ostan, Kaukasien, in Südostaien, Afrika, Ozeanien, Gibralta, Bahamas, Cayman Islands, geworben, egal wie die anderen EU- Lämder das sehen. Aus schusseligen Rest- EU- Bürgern wird eine Mobile Einsatz- Schutztruppe rekrutiert,. um die Handelswege Richtung Großbritannien nach dem Brexit über die Kanalinseln offen zu halten.

     

    Das erinnert stark an die Folgen der Kongo- Weißbuchkonferenz und Akte 1884- 1885 in Berlin unter Schirmherrschaft des damaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck mit seinem "Weißbuch" mithilfe des kleinen Staates und Königreiches Belgien als Knautschzone zwischen den Kolonialmächten Engand, Frankreich die Handelswege in Afrika insbesondere im Kongo Delta für reichsdeutsche Siedler, Handelshäuser, Reeder zu Lasten der einheimischen Bevölkerung, die war in Berlin nicht vertreten, auf Biegen und Brechen bestehender Gesetze, Rechte, gegen Stammesfürsten zollfrei zu erschließen und offenzuhalten.

     

    Der Unterschied ist nur, damals war es der despotische König Leopold II des kleinen Staates Belgien, der erst nach 1815 im Wege des Sieges über Napoleon gegründet wurde, der enthusiastisch danach strebte, in Afrika am Kongo mit seinem Leopoldville als Puffer zwischen Großen Mächten England, Frankreich zu Diensten zu sein. Heute ist es die Königin Ursula zu Hannover von der Leyen mit wehend güldener Haarmähnenpracht im noch blonderen Blazer ihrer Tochter, die für Deutschland auf vorgeschobenem Posten heldenmütig darauf steht, zwischen China, Russland, den USA, Rest- Großbritannien auf Kontinentaleuropa transatlantisch Richtung Mittlerer. Naher Osten die Mutti aller euweit rekrutierten Puffer zu sein

    • @Joachim Petrick:

      Unterschätzen Sie die Bedeutung von Puffern nicht. Als den Iren damals die Kartoffel-Puffer ausgingen, "wanderten" sie zuhauf nach Amerika aus. Was daraus dann später mal wurde, ist ja bestens bekannt - also zumindest "unter Freunden".

  • 3G
    34998 (Profil gelöscht)

    Boah...der Schäuble mit seinem Vernichtungsfeldzug gegen Südeuropa, so ein Drecks...ja klar, und die Mainzelmännchen sind naiv. Manchmal stehen einem dann doch die Haare zu Berge, wenn man liest was Journalisten hier so verzapfen. Auch Griechenland hatte nur die Regierungen, die seine Bevölkerung gewählt hat und die haben den Karren in den Dreck gefahren, nicht die EU und schon gar nicht Herr Schäuble (mag ihn nicht, aber wo er recht hat...) Lügen beim Beitritt, gepaart mit Selbstbedienungsmentalität und Klientelpolitik - von der in Griechenland im übrigen stets auch der kleine Mann (=Wähler) ziemlich profitiert hat.

    Klar kann man darüber streiten, welcher Weg der richtige aus so einer Krise ist - aber sicher nicht derjenige, der durch die Brieftaschen aller übrigen EU-Bürger führt.

    • @34998 (Profil gelöscht):

      Raubank & Putzhobel;)

       

      Nehm ich Ihre Beiträge im knackigen riterdando ist mir schlicht nicht auszumachen - aus welchen Gründen

      Sie unser aller Gröfimaz nicht mögen;)

      kurz - Raben sind wie Krähen -

      Rabenvögel - schwarz wie die Nacht &

      Ein weißer Rabe sans sie beide nicht!

      Sischer dat!;(€)

       

      (ps Vox populi - hieß übrigens der Kummerkasten in meiner Penne;

      Heute hams ahn Mediationsraum;)

      & auch da ist noch gut Luft nach oben -

      Wie ich grad zum 50. feststellen konnte;)

  • Der "revolutionären" Neuerungen in der Bundeswehr sind es gar viele mehr.

     

    siehe hier: http://www.der-postillon.com/2016/07/bundeswehr-e-fahrzeuge.html#more

  • "Die Fluchtursachen müssen vor Ort bekämpft werden" erzählt uns seit Monaten die Kanzlerin. Jetzt macht sie offensichtlich ernst damit.....

    • @Urmel:

      Südeuropäer finden Sie hier in keiner Flüchtlingsunterkunft. Warum wohl?

  • Ein weiterer Schritt zur globaeln Interventionspolitik. Da lernt man von Frankreich, dass seine Fremdenlegionäre in allen möglichen schmutzigen Kriegen eingesetzt hat (Indochina, Algerien) und heute noch einsetzt. Nach dem 2. Weltkrieg heuerten viele Deutsche und ehemalige SS-Leute dort an. Wenn ein Söldner irgendwo krepiert, kümmert das keine Sau - genausowenig, wie von der Legion begangenen Kriegsverbrechen. Aber Frau 'von' sollte noch einen Schritt weiter gehen und mit der deutschen Staatsbürgerschaft als Belohnung werben. Beispiel USA: Der erste im 2. Irakkrieg Gefallene war ein Latino aus Südamerika, der als Illegaler in die USA eingewandert war. Leider verstand er nicht genug Amerikanisch und wurde deshalb als erster Soldat der US-Army durch 'friendly fire' getötet.

  • Apropo Defizitverfahren. Wir erinnern uns, dass sowohl Deutschland als auch Frankreich 2002 und 2003 die Defizitgrenzen des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts überschritten hatten. Konsequenzen oder gar Strafzahlungen gab's daraus für beide Länder nicht. Die Franzosen wissen das noch und halten den Ball dementsprechend flach. Ausgerechnet die schwarzen deutschen Nullen müssen jetzt mal wieder vorpreschen. Was soll man dazu eigentlich noch sagen?

    • @Rainer B.:

      Ganz einfach: es gibt keine Gleichbehandlung im Unrecht! (@Lowandorder: bitte korrigieren, wenn ich Schwachsinn erzähle ;-))

      Natürlich ist das Ganze ein Hohn, aber irgendwann muss auch die EU anfangen, die Regeln, die sich selbst gegeben hat (inkl. E, P, GR und I) zu befolgen. Alternative: es werden weiterhin alle Regeln ignoriert (zu Recht oder zu Unrecht), dann erleben wir tatsächlich die Implosion dieses Gebildes.

      • @Blacky:

        Ist es nicht schon implodiert? Nicht nur was die Defizitkritieren betrifft, welche Deutschland mehrfach gebrochen hatte, auch bei den Überschüssen von mehr als 6% sind eigentlich Strafzahlungen vorgesehen. So langsam gewinne ich den Eindruck, dass sich Deutschland heute ökonomisch rächen will, weil Deutschland den Krieg verlor. Obwohl gerade Deutschland wie kein anderes Land in Europa, nach dem Zusammenbruch, mit Marshallplan und Schuldenschnitt der internationalen Gläubiger Gemeinschaft geholfen wurde, und somit nur dank des Auslands wirtschaftlich wieder auf die Beine kam, Ideologisch wie man heute wieder hören, lesen und sehen kann, sind noch viele Deutsche nicht viel weiter. Am deutschen Wesen soll wieder wenn schon nicht die Welt, dann zumindestens Europa genesen" Austerität hat noch nie in der Geschichte funktioniert, trotzdem findet eine Mehrheit der Deutschen das richtig? Schon vergessen, als Brünings Austertät scheiterte, wer danach an die Macht kam? Heute scheitert Merkels/Schäubles Austeritt und wer wird wieder gewählt?

      • @Blacky:

        Bleibt nur die Frage zu beantworten, wie man eine Implosion dieses Gebildes verhindern will, wenn man ohnehin schwache Volkswirtschaften mit Sanktionen und Strafzahlungen zusätzlich noch weiter schwächt.

  • Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich diese Verbindung "Haha, erst treiben wir sie in die Arbeitslosigkeit, dann schicken wir die Werber vorbei" mehr als konstruiert finde.

    • @sart:

      na, ja viele Ostdeutsche gingen zum Bund wg. fehlender Arbeitsangebote in der Ex-.DDR. Und sie verreckten prozentual höher als ihre Wessikameraden. Mostly untere Dienstgrade.

      • @Gion :

        Dass man mit Bürojob und personalisierter Kaffeetasse eher selten zum Bund geht, ist mir schon bewusst.

         

        Ich finde es lediglich abwegigi, hier einen direkten Zusammenhang bzgl. der Intentionen herzustellen.

         

        Aber ich meine, gut... ist Schäuble halt kein neoliberaler Teufel, der für seine plutokratische Ideologie die Leute in die Armut treibt, sondern ein militaristischer Teufel, der Leute nur in die Armut treibt, damit sie hinterher zum Bund gehen.

         

        Abwechslung muss sein.

        • @sart:

          ;)( - & Gemach - Wie hieß es -

          Vor Wende¿!)

           

          "Warum ham die Bauerns keine Knechte mehr? -

          Sind alle Unterführer beie Bundeswehr!;)(

  • Danke. Den Zynismus -

    Arbeitslose 'schland&fremd

    Zum "Letzten von Germany" -

    Mit dem Zynismus - Fremdenlegion

    Zu Quittieren! Denn K.V. hat recht -

    "Nur in der Fremde ist der Fremde fremd!"

  • [...] Beitrag entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette.

    • @Gion :

      Waaas - hier stand waaas -

      Widernettikettikes - Was schade dess!

      Is mir doch glatt net aafgefalle -

      De ahlbekannte Holzbrill nunderg´falle.

      Ja ja - doch doch - schonn schonn;)

      Wann wieder mal - Unser aller GION;) - &

      "Wann dann soran ahl Simbel -

      Sorahn Schraaner denn Optiker -

      Herr Kollesche nennt.;))" -

      Ja - danndazu dessan faane Spruch -

      Mit Gruß - Vom ollen - Sauerbruch!;()

      • @Lowandorder:

        & die beiden Sauköppe grad so gut passen

        "Dess dess is waas Schmieriges -

        Ich glaab dess is waas Irisches."

        H.R. ausnahmsweise schneller als

        R.G. beim hessischmundartdichten. &

        Jede Wette - sine Netiquette!;()