Kommentar Rechtsterrorismus: Das überfällige Stopp-Zeichen

Die Bundesanwaltschaft hat die rechtsextreme „Oldschool Society“ als terroristisch eingestuft. Ist das richtig? Auf jeden Fall.

Facebook-Seite der Oldschool-Society, mittlerweile gelöscht.

Dumm. Und terroristisch: die mittlerweile gelöschte Facebook-Seite der „Oldschool Society“. Foto: dpa

Selten dürfte die Bundesanwaltschaft Terroristen angeklagt haben, die sich so offen präsentierten. Mit Fotos posierte die Führungsriege der rechtsextremen „Oldschool Society“ auf Facebook, dokumentierte dort ihr Gründungstreffen, veröffentlichte ungeniert Gewaltaufrufe. Es war, sagen wir, nicht unbedingt das klassisch-klandestine Verhalten von Terrorplanern.

Waren die Neonazis also nicht eher Dilettanten als Untergrundkämpfer, wie die Bundesanwaltschaft jetzt behauptet? Sie waren beides. Deshalb ist die Terrorismus-Anklage richtig – und sie kommt zur rechten Zeit.

Denn die „Oldschool Society“ steht als mahnendes Exempel, wohin der derzeit grassierende Rassismus in diesem Land führen kann. Nur im Virtuellen soll sich die Gruppe anfangs formiert haben. Immer neue Schauergeschichten über Flüchtlinge tauschten sie dort aus, immer derber ließen sie ihrem Hass freien Lauf, immer weiter steigerten sie ihre Gewaltphantasien.

Bis am Ende der Plan stand, eine bewohnte Asylunterkunft mit Sprengsätzen, gespickt mit Nägeln, anzugreifen.

Ein Eingreifen war nicht gewagt, sondern unausweichlich

Das ist zweifelsohne terroristische Gewalt. Und laut Ermittlern planten die Neonazis auch noch weitere Anschläge gegen Moscheen und Asylunterkünfte, hatten bereits massenhaft illegale Pyrotechnik gehortet. Sollte sich dies vor Gericht bestätigen, waren die „OldSchool“-Rechten zwar nicht sonderlich konspirativ vorgegangen – gefährlich aber waren sie. Eine Übernahme des Falls durch die Bundesanwaltschaft war dann nicht gewagt, sondern unausweichlich.

Die Anklage kann dabei auch als Signal an die Gesellschaft gelesen werden, als letztes Stopp-Zeichen. Denn längst brennen ja Flüchtlingsheime, längst radikalisiert sich wieder eine rechte Szene – und reißt Teile des Bürgertums mit. Daher ist überfällig, dass die Bundesanwaltschaft die Auswüchse dieser Gewalt als das benennt, was sie sind: Terror.

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Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" im taz-Inlandsressort, seit 2014. Von 2022 bis 2024 stellvertretender Ressortleiter Inland. Bis 2014 vier Jahre lang Teil des Berlin-Ressorts der taz. Studium der Publizistik und Soziologie.

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

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