Forderung zu Schulstopp für Asyl-Kinder: „Ein falscher Vorschlag“

Im rot-rot-grünen Thüringen will der Bürgermeister von Erfurt Kindern im Asylverfahren den Schulbesuch verbieten. Die Forderung stößt auf Kritik.

Flüchtlingskinder schauen gemeinsam fern

Wenn es nach Erfurts OB geht, sollen bestimmte Flüchtlingskinder nicht nach drei Monaten in Deutschland in die Schule gehen. Foto: dpa

BERLIN taz | Auf scharfe Kritik auch aus den eigenen Reihen ist die Forderung des Thüringer SPD-Landesvorsitzenden Andreas Bausewein nach einer Aussetzung der Schulpflicht für Flüchtlingskinder gestoßen. Das sei „ein falscher Vorschlag“, sagte SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann. „Wir dürfen die Probleme nicht auf dem Rücken der Kinder austragen.“

Oppermann reagierte auf einen am Mittwoch veröffentlichten Brandbrief, den Bausewein als Oberbürgermeister von Erfurt an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) geschrieben hat. Darin beklagte der SPD-Politiker die außerordentliche Belastung, der die Kommunen durch die zunehmende Zahl aufzunehmender Flüchtlinge ausgesetzt seien. Es sei eine „Tatsache, dass die Stimmung innerhalb der Bevölkerung zu kippen droht“. Um „ein weiteres ‚Heidenau‘ “ zu verhindern, forderte er neben schnelleren Asylverfahren und konsequenteren Abschiebungen eine drastische Einschränkung der Schulpflicht für Flüchtlingskinder.

Bausewein kritisierte, dass nach geltendem Recht alle schulpflichtigen Kinder nach dreimonatigem Aufenthalt in Deutschland eingeschult würden. Damit seien die Schulen überfordert. „Die Zahl der schulpflichtigen Kinder ohne Aufenthaltsstatus ist sehr hoch“, schrieb er. „Die Kapazitäten der Schulen sind ausgereizt.“ Deshalb solle es künftig „keine Schulpflicht bei laufenden Verfahren“ mehr geben. Das heißt: Solange ihr Aufenthaltsstatus ungeklärt ist, sollen Flüchtlingskinder nicht zur Schule gehen dürfen. Aus Sicht Bauseweins habe das „jedenfalls für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten“ zu gelten.

Mit seinem Vorstoß hat der SPD-Landeschef die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen kalt erwischt, konterkariert er doch ihre Bemühungen um eine liberale Flüchtlingspolitik. Bauseweins Brief habe sie „tief erschüttert“, sagte die Linkspartei-Landtagsfraktionsvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow. „Jedes Kind hat das Recht auf Schule“, betonte sie. „Da gibt es keine Diskussion.“ Der Vorschlag gehe „überhaupt nicht“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich. Die UN-Kinderrechtskonvention kenne „glücklicherweise keine Grenzen“.

Heftige Schelte kam auch aus der Union. Der Vorschlag Bauseweins sei „das Dümmste, was ich seit Langem gehört habe“, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet der taz. Genau das Gegenteil sei richtig: „Wir müssen so früh wie möglich auf Kita- und Schulbesuch drängen, damit die Kinder die deutsche Sprache lernen“, sagte der frühere NRW-Integrationsminister.

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