Kommentar Veto gegen MH17-Tribunal: Russischer Irrsinn

Dass Russland ein UN-Tribunal zum MH17-Abschuss verhindert hat, ist wenig überraschend. Die Begründung aber lässt aufhorchen.

Verhandlungen im UN-Sicherheitsrat

UN-Sicherheitsrat am Mittwoch: Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin (mit weißem Haar) verhinderte das MH17-Tribunal. Foto: dpa

Russlands Veto gegen ein UN-Tribunal, das die näheren Umstände des Abschusses des Passagierflugzeuges MH17 hätte erhellen sollen, war zu erwarten. Damit hat Moskau am Mittwoch noch einmal unmissverständlich klargestellt: An einer wirklichen Aufklärung der Tragödie geschweige denn daran, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, besteht kein Interesse.

Allerdings lässt eine der Begründungen für diese Entscheidung, die ein Schlag ins Gesicht der Hinterbliebenen der Opfer ist, aufhorchen: Ein derartiges Tribunal laufe Gefahr, der Propaganda der Medien anheimzufallen, erläuterte Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin. Der Mann muss es wissen – vor allem in Zeiten des Krieges in der Ukraine, wo dem Kreml keine vermeintliche Nachricht zu dümmlich und abstrus ist, um den „faschistischen“ Nachbarn zu diskreditieren.

In die gleiche Kategorie dieses menschenverachtenden Zynismus fällt die Causa Nadija Sawtschenko. Derzeit steht die ukrainische Pilotin wegen des Mordes an zwei russischen Journalisten und illegalen Grenzübertritts in der südrussischen Region Rostow vor Gericht – hinter verschlossenen Türen natürlich.

Unabhängig vom Prozessverlauf und wie in Russland üblich, dürfte das Verdikt bereits jetzt feststehen. Da spielt es dann auch keine Rolle, dass Sawtschenkos Anwälte behaupten, belegen zu können, dass sich ihre Mandantin zum Zeitpunkt des Todes der Journalisten bereits in der Gewalt der pro-russischen Kämpfer befand.

Zu diesem ganzen Irrsinn passt denn auch der Vorstoß eines kommunistischen Duma-Abgeordneten. Dieser fordert ein Gesetz, wonach das Menü eines Restaurants zur Hälfte aus traditionellen russischen Gerichten bestehen muss. Ausländische Küche wirke sich schlecht auf das Prestige Russlands aus. Na Mahlzeit! Man darf gespannt sein, was sich Putin und Konsorten als Nächstes einfallen lassen.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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