Sigmar Gabriel verteidigt Pegida: Das Recht auf Dummheit

Pegida gehöre „ganz offensichtlich“ zu Deutschland, verkündet der SPD-Chef. Berliner Politiker und Journalisten hätten ein gestörtes Verhältnis zur Realität.

Wer hat hier eigentlich ein „leicht gestörtes Verhältnis zur Realität“? Sigmar Gabriel oder Berliner Politiker und Journalisten Bild: ap

BERLIN afp | SPD-Chef Sigmar Gabriel hat nach der Spaltung der Pegida-Bewegung eindringlich davor gewarnt, einfach zur Tagesordnung überzugehen. „Wir sollten nicht glauben, bloß weil der Spuk auf den Straßen abnimmt, hätten sich die Probleme von selbst erledigt“, sagte der Vizekanzler laut Vorabmeldung vom Mittwoch in einem Interview mit dem Magazin Stern. Schließlich dächten die Menschen „ja nicht plötzlich anders. „Ihr Treibstoff ist immer noch da: Wut, Angst, Verunsicherung, mitunter auch Ausländerhass“, warnte Gabriel.

Auf die Frage, ob Pegida zu Deutschland gehöre, antwortete der SPD-Politiker: „Ganz offensichtlich.“ „Egal ob es einem gefällt oder nicht“ gebe es ein „demokratisches Recht darauf, rechts zu sein oder deutschnational„ oder sogar „Dummheiten zu verbreiten“.

Die Menschen, die an den Pegida-Kundgebungen teilgenommen hätten, eint aus Gabriels Sicht das Gefühl, dass die Politik ihre Alltagssorgen nicht wahrnehme. Gabriel warf Berliner Politikern und Journalisten vor, sie hätten „manchmal ein leicht gestörtes Verhältnis zur Realität in Deutschland“. Ihre Welt sei „nicht die Welt, die die meisten Menschen erleben“.

Gabriel kritisierte überdies mangelnde Dialogbereitschaft der etablierten Parteien angesichts des Pegida-Phänomens. Es sei etwas dran an der These, „dass die Verweigerung des Gesprächs, das kollektive Draufhauen die Proteste erst angestachelt und größer gemacht haben“. Seine Teilnahme an einer Diskussionsveranstaltung mit Pegida-Anhängern in Dresden verteidigte der Bundeswirtschaftsminister erneut: „Das waren ganz normale Dresdner mit ihren Alltagssorgen. Sollen wir die den rechtsradikalen und rechtspopulistischen Hintermännern von Pegida überlassen?“

Parteiinterne Kritik daran kommentierte Gabriel mit dem Verweis auf seine Bewerbungsrede für den Parteivorsitz im Jahr 2009. Damals habe er für den Satz „Wir müssen raus ins Leben, dahin, wo es brodelt“ am meisten Beifall geerntet. „Aber wenn ich das dann mache, bekomme ich Ärger - auch mit manchen von denen, die damals geklatscht haben.“

Vor knapp zwei Wochen hatte Gabriel in Dresden an einer Diskussion der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung mit Anhängern und Gegnern von Pegida teilgenommen. Etwa zeitgleich erschien ein Interview der SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi mit der Frankfurter Rundschau, in der sie mit Blick auf Pegida erklärte, sie wolle keinen Dialog mit Menschen, die Stimmung gegen Migranten, Ausländer und Andersdenkende schürten. Am Mittwoch sagte Fahimi dazu in Berlin, in ihrer Partei gebe es „keine Redeverbote und schon gar nicht irgendwelche Zuhörverbote“. Das Pegida-Phänomen müsse analysiert werden.

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