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Rostock bekommt großen Zuwachs

Veranstalter rechnen mit friedlicher Demo gegen G-8-Gipfel. Um Störenfriede wollen sie sich selber kümmern

„Ich hätte mir von einigen großen NGOs mehr Mobilisierung für die Demo erwartet“

BERLIN taz ■ Lange haben sich die Gipfelgegner dagegen gewehrt, dem Protest eine Messlatte zu geben. Jetzt setzen sie selbst eine Zahl in die Welt: 100.000 Menschen werden zur Großdemonstration am 2. Juni in Rostock erwartet. Gemessen an früheren G-8-Protesten ist das zwar wenig, für eine Kleinstadt am nordöstlichen Rand der Republik mit rund 200.000 Einwohnern jedoch ein ambitioniertes Ziel.

Die Hausdurchsuchungen bei angeblich militanten G-8-Gegnern vor zwei Wochen und das jüngst erlassene Demonstrationsverbot rund um den Tagungsort Heiligendamm haben nach Ansicht der Veranstalter noch einmal mobilisiert. „Diejenigen, die jetzt zusätzlich nach Rostock kommen, sind Leute, die das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit stärken wollen“, sagte Demo-Veranstalter Werner Rätz von Attac gestern in Berlin.

Was dem Protest jedoch schaden dürfte, sind die Anschläge der vergangenen Tage. Immer wieder müssen sich die Demo-Organisatoren von etwas distanzieren, für das sie nichts können. Derzeit müssen die Gipfel-Gegner vor dem Schweriner Verwaltungsgericht darlegen, dass sie friedlich protestieren wollen. Mit einer Entscheidung wird noch in dieser Woche gerechnet. Brandanschläge dürften dabei nicht helfen. Die Polizei hatte das Versammlungsverbot rund um Heiligendamm sowie den Flughafen Rostock mit einer unmittelbarenGefahr für die öffentliche Sicherheit begründet.

Vom aktuellen Demonstrationsverbot betroffen ist nur der für den 7. Juni geplante Sternmarsch. Die Großdemonstration am 2. Juni in Rostock kann wie geplant stattfinden. Veranstalter Werner Rätz rechnet dabei mit einem friedlichen Verlauf. Wenn jemand den friedlichen Ablauf störe, „dann ist es in unserem eigenen Interesse, dass wir das schnell in den Griff bekommen“, sagte Rätz. Die Veranstalter werden die Demonstration mit mehreren hundert Ordnern begleiten.

Auch der genaue Ablauf der Veranstaltung steht jetzt fest. Einer der beiden Züge wird von der Welthandelskampagne „Gerechtigkeit Jetzt“ angeführt. Der andere startet mit dem sogenannten Klimablock, für den besonders Greenpeace mobilisiert, gefolgt von der Linkspartei. Ein „antikapitalistischer Block“ wird weiter hinten mitmarschieren. Auch die umstrittene Rednerliste für die Abschlusskundgebung ist komplett. Als einzige Politikerin darf die Vizechefin der Linkspartei, Katja Kipping, reden.

Während Attac, Linkspartei, Greenpeace und das linksradikale Spektrum derzeit heftig mobilisieren, sind die Demo-Veranstalter enttäuscht über die verhaltenen Aufrufe vieler Umwelt- und Entwicklungsorganisationen. „Ich hätte mir von einigen großen NGOs mehr erwartet“, so Rätz. Dieses Verhalten sei kontraproduktiv. „Die Stärke des Protests wird vor allem an der Größe der Demonstration gemessen“, sagt er. Davon hätten alle etwas – auch die NGOs mit ihren inhaltlichen Forderungen.

NIKOLAI FICHTNER

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