Verdacht auf Veruntreuung: Razzia im Landtag Sachsen-Anhalts
Die Polizei hat Räume der CDU-, SPD- und AfD-Fraktionen durchsucht. Es geht um unzulässige Zulagen, die offenbar an Funktionäre gezahlt wurden.

Weitere Angaben machte die Staatsanwaltschaft zunächst nicht. Die SPD-Fraktion teilte mit, man unterstütze die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Die bis 2021 gezahlten Zulagen für stellvertretende Fraktionsvorsitzende in Höhe von zuletzt 750 Euro monatlich seien abgeschafft worden. Die AfD wies den Vorwurf der Untreue „entschieden zurück“. Die CDU äußerte sich zunächst nicht.
Zuvor hatte es vom Bund der Steuerzahler vor allem Kritik an der CDU-Fraktion gegeben. Dort sollen demnach Zulagen in Höhe von insgesamt 113.250 Euro für besondere Funktionen gezahlt worden sein, obwohl dies laut einer Parlamentsreform seit 2020 unzulässig ist.
Die Parlamentsreform regelt unter anderem, dass Zuschläge nur noch bei herausgehobenen Posten gezahlt werden dürfen: an die Fraktionsvorsitzenden und Geschäftsführer sowie die Vizepräsidenten des Landtags. Die Fraktionen von CDU, SPD und AfD hielten sich mutmaßlich nicht an diese Regel. Die Linksfraktion dagegen zahlte bereits vor der Reform keine Zulagen mehr.
Verdacht gegen Staatssekretär
Laut dem Bund der Steuerzahler weist die Rechnungslegung der CDU-Fraktion für 2021 Zahlungen für „Leistungen an Fraktionsmitglieder für die Wahrnehmung besonderer Funktionen in der Fraktion“ in Höhe von 66.000 Euro aus. Für das Jahr 2022 geht es den Angaben zufolge um 47.250 Euro.
Außerdem seien in der Rechnungslegung 2021 auch noch für die AfD-Fraktion (25.619,76 Euro) und für die SPD-Fraktion (7.500 Euro) zusätzliche Zahlungen ausgewiesen, hieß es. „Alle übrigen Fraktionen haben in der Rechnungslegung sowohl für 2021 als auch für 2022 keine zusätzlichen Zahlungen für Funktionszulagen ausgewiesen.“
Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Eva van Angern, sagte der taz, man wolle zunächst die Ermittlungen abwarten. „Was es jetzt braucht, ist größte Transparenz, um die Vorwürfe frühestmöglich aufzuklären.“ Bis dahin müsse die Unschuldsvermutung gelten. Die Grünen im Landtag kritisierten die Zulagen der anderen Fraktionen. Olaf Meister, Geschäftsführer der Fraktion, sagte, die Zahlungen wären ein „klarer Verstoß gegen geltendes Recht“. Wer das Vertrauen in politische Institutionen beschädige, schade dem ganzen Parlament.
Pikant ist an der Affäre zudem, dass der Staatssekretär im Justizministerium, Steffen Eckold, bis 2022 Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Landtag war. Es liegt nahe, dass Eckold von den mutmaßlich unzulässigen Zulagen an Mitglieder seiner damaligen Fraktion wusste. Auf Anfrage der taz beim Justizministerium äußerte sich Eckold nicht. Ein Sprecher verwies auf die zuständige Staatsanwaltschaft. (mit dpa)
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