taz verliert vor Gericht: Presse darf nicht in die Schule
Die taz verliert auch in zweiter Instanz beim Versuch, Zutritt zur besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule zu bekommen.
BERLIN taz | Es war klar, dass es ein Wettlauf gegen die Zeit werde würde. Trotzdem hat sich die taz entschieden, gegen den Ausschluss der Presse von der abgeriegelten Gerhart-Hauptmann-Schule durch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg vor Gericht zu ziehen. Am vergangenen Freitag hatte die taz beim Verwaltungsgericht (VG) in einem Eilantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Einlass in die Schule begehrt. Das VG lehnte ab. Also zog die taz mit einer Beschwerde vor das Oberverwaltungsgericht (OVG).
Die Gründe des Bezirks, aus Sicherheitsgründen keine Medienvertreter in die von Flüchtlingen besetzte Schule zu lassen, seien lediglich vorgeschoben, argumentierte taz-Anwalt Johannes Eisenberg am Mittwoch bei einem mündlichen Erörterungstermin vor dem OVG. Polizeipräsident Klaus Kandt selbst habe am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses erklärt, dass es keine Gefährdungslage gebe, die die Polizei zwinge, vor Ort zu verbleiben. Andernfalls hätte Kandt dem Bezirk nicht das Ultimatum gestellt, die Polizei abzuziehen, wenn nicht sofort ein Antrag auf Räumung komme. Die Gefährdungslage sei vorgeschoben. „Es geht darum, die Presse rauszuhalten“, so Eisenberg.
Ein Justiziar der Polizei, der vom Gericht zu dem Erörterungstermin hinzugeladen war, bezeichnete die Lage in der Schule als indifferent und schwer berechenbar. Möglicherweise bestehe hohe Brandgefahr. Zunächst einmal gehe es darum, dass Ruhe einkehre, um zu einer konstruktiven Lösung kommen zu können. Die Anwesenheit der Presse sei da nicht hilfreich. Der Rechtsvertreter des Bezirksamts argumentierte, die ehemalige Schule sei kein öffentlicher Raum, die Presse habe deshalb gar keinen Rechtsanspruch.
Dem widersprach taz-Anwalt Eisenberg. Durch die eineinhalb Jahre lange Duldung der Besetzung durch das Bezirksamt sei ein öffentlicher Raum entstanden, der für Manifestationen genutzt werde. Eine einvernehmliche Lösung, Journalisten poolweise hineinzulassen lehnten Bezirk und Polizei ab.
Am Mittwochabend wurde die Beschwerde der taz vom OVG zurückgewiesen. Das Gericht schloss sich der Auffassung des Bezirks an: Die einstige Schule sei „unabhängig von dem laufenden Polizeieinsatz“ kein öffentliches, frei zugängliches Gebäude und auch durch die Duldung der Besetzung nicht geworden. Auch die Sicherheitsbedenken des Bezirks teilte das Gericht: Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass durch die mögliche Anwesenheit von Pressevertretern im Gebäude eine mögliche friedliche Lösung gefährdet werde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht