Notfall-Hotline für LGBTQIA+: Kein Anschluss unter dieser Nummer
Die USA stellen die Hilfshotline für queere Menschen ein, obwohl deren Suizidraten höher sind. Ein Schritt, der queeres Leben auslöschen soll.

M itte Juli stellt die US-Regierung die speziell für LGBTQ-Jugendliche eingerichteten Notrufrufnummer der nationalen Krisenhotline 988 ein. Neben der nationalen Rufnummer für Menschen mit psychischen Problemen gab es gesonderte Zweige mit geschulten Personal, etwa für queere Personen oder auch Veteranen.
Mit dem Ende der Förderung der Sonderhotline für Queers entscheidet die US-Regierung über das Schicksal von Millionen von jungen Menschen in den USA. Denn queere Jugendliche verzeichnen etwa fünfmal so häufig Suizidversuche wie ihre cis-heterosexuellen Gleichaltrigen.
Das Angebot der Hotline ist gefragt: Seit dem Start 2022 haben rund 1,3 Millionen junge Menschen diese lebensrettende Notfallhilfe genutzt. Offiziell geht es Trump darum, dass man keine „radikale Geschlechterideologie“ fördern wolle. Die Hotline sei ein Angebot, bei dem ebendiese Ideologie ohne die Kontrolle der Eltern verbreitet werden würde, heißt es aus dem Weißen Haus. Doch die eigentliche Botschaft ist offensichtlich.
Denn so schlimm das alles ist – es ist die Konsequenz aus dem politischen Projekt, das Trump verfolgt. Er macht Politik für einen autoritären Staat, in dem Diversität und Minderheiten Störfaktoren sind. Warum sollte dieser Staat queeren Menschen das Leben retten? Er sieht sie als Bedrohung. Dass auf die schrittweise Entmenschlichung von trans Jugendlichen irgendwann die Erkenntnis „dann sollen sie halt sterben“ folgen würde, kann nur überraschen, wer das gesellschaftliche Umbauprojekt der Trump und Maga-Bewegung immer noch nicht erfasst hat.
Queere Menschen haben keine Zukunft in den USA
In einer zukünftigen faschistischen und autoritären US-Gesellschaft, in der es keinen Widerspruch zum Herrscher, nur cis- und heterosexuelle Menschen, einen repressiven Polizeistaat und schon gar keine Gerichtsurteile mehr gibt, sollten trans, nicht-binäre, schwule, lesbische oder bisexuelle junge Menschen am besten gar nicht erst existieren. Es ist die Konsequenz, wenn man die Gesellschaft, die das „Project 2025“ mit Gewalt errichten will, zu Ende denkt. Und wenn die queeren Menschen die Drecksarbeit schon selbst erledigen wollen, warum sollte der Staat sie daran hindern?
Die Antwort vieler (demokratischer) US-Bundesstaaten lautet jetzt: Dann machen wir es halt selbst. Gut. Aber bleibt es dabei? Ein Alleinherrscher lässt sich nicht gerne reinreden. Und wäre es nicht in Trumps Augen politische Sabotage, wenn die angebliche Bedrohung durch die Hotline, die man auf Bundesebene endlich abgeschafft hat, teilweise wieder aufbaut?
Im November 2024 gewann Donald J. Trump zum zweiten Mal eine Präsidentschaftswahl in den USA und amtiert seit Januar 2025 als 47. Präsident. Er treibt den Umbau öffentlicher Einrichtungen und einen Kurswechsel in der Außenpolitik voran.
Wenn eine Suizidprävention für Jugendliche auf Bundesebene eine Bedrohung darstellt, tut sie das auch anderswo. Trump wird diese Kampflinien austesten, wie er andere austestet. Und auf dem Spiel steht mehr als nur das Leben von einzelnen trans, nicht-binären, schwulen, lesbischen oder bisexuellen Menschen.
Auf diesem Spiel steht die Frage, ob überhaupt ein Existenzrecht hat, wer nicht in die Maga- und „Project 2025“-Gesellschaft passt. Auf kurz oder lang jedenfalls wird ein Staat, der 1,3 Millionen Menschen ein Angebot gegen Suizidprävention streicht, nicht aus moralischen Überlegungen, davor Halt machen, queeres Leben zu minimieren und auszulöschen. Anders ist dieser grausame Schritt, eine Suizidprävention für Jugendliche zu streichen, nicht zu erklären. Es ist eine tödliche und entmenschlichende Politik, ein Verbrechen mit Vorsatz.
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