metoo-Vorwürfe bei der Linken: Linken-Fraktion diskutiert Sexismus
Sexismus-Vorwürfe in lokalen Parteiverbänden erschüttern die Linke. Nun beschäftigt sich auch die Bundestagsfraktion mit dem Thema.
Einige ihrer Fraktionskolleginnen hat diese Antwort empört. Denn es herrsche seit Jahren ein toxisches Klima für Frauen in der Linken-Bundestagsfraktion. Das berichten mehrere Mitglieder der taz. Frauen würden in Sitzungen zum Teil wie Schulmädchen behandelt, sie würden unterbrochen, angeschrien oder herabgewürdigt. Selten würden verbalen Entgleisungen widersprochen, erzählen Frauen aus der Fraktion, vor allem dann nicht, wenn einem die Herabwürdigung machtpolitisch in den Kram passe. Mehrfach ist von tribunalhaften Situationen die Rede.
So habe etwa der Abgeordnete Klaus Ernst in Richtung der Parteivorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow in einer geschlossenen Sitzung das Wort „dumm“ gesagt. Das Büro von Ernst teilte auf taz-Anfrage mit, dass es prinzipiell nicht seine Art sei, Fraktionskollegen als dumm zu bezeichnen und er sich zu geschlossenen Sitzungen nicht äußere.
Sexismus und das Gesprächsklima unter den Abgeordneten waren am Dienstag auch Thema in der Fraktionssitzung im Bundestag. Dabei wurden auch konkrete Beispiele von übergriffigem Verhalten eines Abgeordneten aus der Vergangenheit genannt. Mehrere Betroffene wollen sich wegen möglicher Verleumdungsklagen nicht öffentlich äußern. Abgeordnete forderten, zurückliegende Fälle aufzuarbeiten und Regeln für die Gesprächskultur aufzustellen. In der Sitzung hätten Fraktionsmitglieder allerdings auch infrage gestellt, ob übergriffiges Gesprächsverhalten schon Sexismus sei.
Schramm tritt aus Vertrauensgruppe aus
In den vergangenen Wochen waren mehrere Fälle von Sexismusvorwürfen in der Linken bekannt geworden. In Wiesbaden, im Landesverband der Parteivorsitzenden Janine Wissler, soll ein Landtagsmitarbeiter eine Beziehung mit einer zunächst Minderjährigen gehabt haben. Die taz hatte recherchiert, dass vier Parteimitglieder einem Stadtrat in Nürnberg sexualisierte Übergriffe vorwerfen. Der Parteivorstand hatte davon im vergangenen Juni erfahren, zunächst aber nicht reagiert. Im Herbst gründete er eine Vertrauensgruppe, die die Vorwürfe aufarbeiten sollte.
Mehrere Mitglieder dieser Gruppe zeigten sich gegenüber der taz allerdings enttäuscht darüber, dass sie die Vorwürfe nie ganz aufklären konnten. Julia Schramm, Mitglied der Vertrauensgruppe und im Parteivorstand, erklärte am Dienstag ihr Ausscheiden aus der Gruppe. Zuvor hatte schon Melanie Wery-Sims, rheinland-pfälzische Landesvorsitzende ihren Rücktritt aus der Vertrauensgruppe erklärt.
Weil sexistische Gesprächskultur mutmaßlich in allen Bundestagsfraktionen auftritt, ist die Verantwortung der Sitzungsleitung besonders groß. Seit der Bundestagswahl hat sich die Linksfraktion verkleinert, das Klima habe sich verbessert, erzählen Abgeordnete. Ein Kulturwandel könne allerdings nur gelingen, wenn die Fraktionsspitze ihn mittrage. Das sei bisher nicht erkennbar. Die Co-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali wollte sich dazu gegenüber der taz nicht äußern.
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