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berlinmusikIm Dickicht des Drone

Kratzig bis harmonisch: Das Drone-Album „Tkać“ von Marta Forsberg findet zu subtilen Verbindungen zwischen akustischen und elektronischen Klängen.

Hat gerade ihr neues Album „Tkać“ herausgegeben: Marta Forsberg Foto: Mikaela Pal

W enn Musiker mit wenigen Tönen sehr viel machen, sie zum Beispiel lange halten, was im Volksmund dann Drone genannt wird, gibt es aufseiten der Leute, die dazu sinnvoll etwas zu Papier bringen sollen, immer ein bisschen Sprachnot. Denn bei Musik, die sich mehr oder minder auf das Gestalten eines Klangs beschränkt, geschieht nüchtern betrachtet nur sehr allmählich überhaupt etwas.

Dass derlei Musik nicht allein den Versuch der Beschreibung, sondern auch das Anhören lohnen kann, ist da zunächst ein uneingelöstes Versprechen an die Leser. Bei Marta Forsberg, einer schwedisch-polnischen Komponistin mit Wohnsitz Berlin, benötigt der eine oder die andere womöglich einiges an Geduld für ihre Drone-Studien, die sie auf ihrem Album „Tkać vorstellt. Doch die wird belohnt, sofern genügend innere Ruhe im Spiel ist. Mal eben zwischendurch reinhören hat hingegen kaum Aussicht auf Gelingen.

Der Titel, polnisch für weben, gibt da womöglich eine kleine Hilfestellung, wie man sich Forsbergs Musik nähern kann. So scheint der Ton, mit dem sie in „LED and Love Sounds“, dem ersten der beiden Stücke, auf ihrer Geige beginnt, erst einmal statisch vor sich hin zu schwingen. Dabei ist er in ständiger Veränderung.

Unmerklich wird aus dem akustischen sogar ein elektronischer Klang, der seine Textur weitet, bis Forsberg im letzten Viertel der 22 Minuten anfängt, minimale Glissando-Harmonien und Melodien als Ausrutscher nach unten und oben aus der ebenmäßigen Fläche herauszubilden.

tazplan

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Das Album

Marta Forsberg: „Tkać“ (Thanatosis)

martaforsberg.bandcamp.com/album

Etwas rauer schrammen die Frequenzen im zweiten Stück „Weave and Dream“, das Forsberg auf einem Synthesizer spielte. Die Drones erzeugen von Anfang an ein Dickicht oder, um im Bild des Titels zu bleiben, ein enges Gewebe, in dem sich immer wieder neue Harmonien wie Muster formieren. Manche davon sind leicht dissonant, vielleicht wie kratziger Stoff, andere durchaus harmonisch. Statisch ist die Sache nicht, sie geht bloß langsam vonstatten. Und es reibt sich darin so viel, dass wenig Gefahr besteht, beim Zuhören einzuschlafen. Selbst wenn man dabei träumt.

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Kulturredakteur
Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.
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