Zwischenfall im Grünen-Wahlkampf: Buttersäure auf der Bühne
Ein Wahlkampfaufritt in Lübeck mit Annalena Baerbock konnte nicht stattfinden – weil vor Ort reizende Säure verteilt war. Waren es Querdenkende?
Folgte den Ankündigungen ein Anschlag? In Lübeck wollten Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Landesspitzenkandidatin Monika Heinold (beide Grüne) am Samstag auf der Freilichtbühne mit Wähler:innen ins Gespräch kommen. Um 16 Uhr sollte der Termin stattfinden – am Vormittag jedoch mussten die Grünen die Veranstaltung absagen: Auf der Bühne hatten Unbekannte großflächig Buttersäure verteilt. Seit Tagen schlagen Querdenkende und Coronaleugnende in Telegram-Kanälen Störaktionen bis hin zu Anschlägen bei grünen Wahlkampfterminen vor.
In verschiedene Telegram- und Facebook-Accounts der Bewegung werden die Grünen massiv angefeindet, zentrale Hassfigur ist neben Baerbock Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Die Bewegung treiben schon länger nicht nur die staatlichen Pandemiemaßnahmen an. Auch hinter den geplanten Klimaschutzmaßnahmen und der Energiewende wird eine Verschwörung ausgemacht. Der Krieg gegen die Ukraine befeuert die Anfeindungen weiter.
Bei „Laberkanal HH“ und „WirSindVielMehr“ wurden nicht bloß Termine der Grünen in Schleswig-Holstein gepostet, es wird auch Protest angekündigt. Ein Meme ziert ein Bild von Baerbock mit dem Wahlplakat „Keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete – Bereit, weil Ihr es seid“ und ergänzt: „Ich komme und ihr dürfte alle pfeifen“.
„Mag sie lieber Tomaten oder Eier?“
Auf der Facebook-Seite „DEMO-Termine in Deutschland“ werden die Autor:innen deutlich. Sabine R. schreibt: „Selbst Pferdeäpfel sind zu schade für die blöde Dummschwätzerin“. – „Mag sie lieber Tomaten oder Eier?“, fragt Lydia S., und Ingo K. ergänzt: „Vergesst die faulen Eier nicht!“ Ilona S. wirft mit Blick auf das Datum ein: „Ist da nicht Hexenverbrennung?“.
Ein Mitglied von „Demo Termine in Deutschland“ schlägt vor: „Nehmt die Cocktails mit aufs Fest, der Russe hat sie doch glaub erfunden“ – eine Anspielung, Molotowcocktails einzusetzen. Denn, so weiter, „mit friedlichen Spaziergängen“ sei nichts zu bewerkstelligen. Über Buttersäure soll sich auch ausgetauscht worden sein, twittert „antira_infohh“.
Die Adminstrator:innen der Facebook-Seite betonen zwar, dass „keine Gewaltaufrufe“ erfolgen dürfen. Auch „beleidigt“ oder „bedroht“ solle niemand werden. Das scheinen nicht alle der über 31.570 Mitglieder zu befolgen. Auch Kundgebungen der rechtsextremen „Freien Sachsen“ werden angekündigt – gegen „Waffenlieferungen in die Ukraine“.
In Lübeck hatte ein Mitarbeiter bei der Vorbereitung einen beißenden Geruch bemerkt. Fünf Mitarbeitende erlitten Reizungen der Atemwege und mussten behandelt werden. „Ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung, der Sachbeschädigung sowie des Hausfriedensbruchs wurde eingeleitet“, so eine Sprecherin der Polizei. Am Abend versuchten rund 150 Querdenkende bei einer Wahlveranstaltung in Ahrensburg, Baerbock niederzubrüllen – wie in den Kanälen angekündigt.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ergebnis der Sondierungen
Auf dem Rücken der Schwächsten
Frauen und Krieg
Krieg bleibt männlich
Schwarz-Rote Finanzen
Grüne in der Zwickmühle
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
Schwarz-rote Sondierungen abgeschlossen
Union und SPD wollen gemeinsam regieren
Gynökologin Mangler über Frauenkörper
Wären Geburten im Matriarchat schmerzfrei, Frau Mangler?