Zweiter NSU-Ausschuss kommt: Fraktionen einig über Aufklärung
Der Bundestag wird einen zweiten NSU-Ausschuss einrichten. Im Fokus: Unterstützer der Rechtsterroristen – und der Verfassungsschutz.
Nun soll ein zweiter Untersuchungsausschuss Antworten bringen. „Vieles ist bis heute ungeklärt“, sagte der CDU-Innenexperte Clemens Binninger am Mittwoch der taz. „Wir haben versucht, auf offene Fragen im Innenausschuss Antworten zu bekommen, mussten aber feststellen, dass uns Grenzen gesetzt sind und es Fragen gibt, die nur mit dem Format eines Untersuchungsausschusses beantwortet werden können.
Jede Fraktion stellte in dieser Legislaturperiode einen Beauftragten für das Thema NSU. Die hakten im Innenausschuss nach, schrieben Verfassungsschutz, BKA und Bundesanwaltschaft an - und stießen immer wieder auch auf Widerstände. „Wir haben es uns schwer gemacht“, sagte auch die SPD-Beauftragte Eva Högl. „Jetzt sind wir aber zu dem Ergebnis gekommen, dass nur eine Neuauflage des Ausschusses uns den Antworten auf die offenen Fragen näher bringt.“
Schon im Frühjahr hatten Linke und Grüne einen zweiten NSU-Ausschuss gefordert, die SPD schloss sich unlängst an. Die Union zögerte: Man warte noch auf „neue Indizien“. Mit dem jüngsten Vorstoß von Clemens Binninger (CDU) schwenkt die Fraktion nun ein. Die Einigkeit ist den Berichterstattern wichtig: Schon der erste Ausschuss wurde zusammen einberufen, alle Beschlüsse wurden gemeinsam gefasst – ein Novum in der Bundestagsgeschichte.
Die Linken-Beauftragte Petra Pau lobte den Schritt der Union. „Diese Thematik verdient keinerlei parteipolitisches Gerangel.“ Nach der Sommerpause des Bundestags müssen nun noch die Fraktionsspitzen zustimmen. Das gilt aber nach der Vereinbarung der vier Berichterstatter aber nur noch als Formalie. Binninger rechnet mit einem Beginn des Ausschusses Anfang November.
„Kein Tathergang überzeugend geklärt“
Auch wenn sich die Neuauflage des Gremiums diesmal einen eng begrenzten Auftrag geben will – offene Fragen gibt es für die Fraktionen reichlich. „Kein Tathergang ist überzeugend geklärt“, betonte Pau. Das betreffe auch die Rolle des Bundesverfassungsschutzes und die dort geschredderten Akten. „Inzwischen wissen wir, was dem Untersuchungsausschuss damals verheimlicht wurde.“
Auch die Grüne Irene Mihalic hatte angekündigt, das „Behördenhandeln noch mal zu hinterfragen“. SPD-Frau Högl wiederum zweifelt schon länger, dass der NSU als isoliertes Trio handelte. „Ich glaube, es gab ein viel breiteres Unterstützernetzwerk als bisher bekannt, über Ländergrenzen hinweg.“ Dem könne ein Bundestagsausschuss am besten nachgehen. Högl kündigte auch an, das Gremium werde prüfen, „was Verfassungsschutz, Polizei und Justiz aus dem NSU-Versagen gelernt und danach verändert haben“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag