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Zweierlei Maß bei ShishabarsRauchende Ressentiments

Alexander Diehl
Kommentar von Alexander Diehl

Wer den Betrieb von Shishabars erschwert, braucht gute Gründe. Hamburgs Behörden sind aber verdächtig wortkarg. Geht es gar nicht um die Gesundheit?

Rauch aus dem Wasser: Pfeife in einer Shishabar Foto: Soeren Stache/dpa

K lar: Man kann es wohlwollend betrachten. Dann tut Hamburg der Gesundheit seiner Bewohner*innen etwas Gutes, wenn es den Betrieb von Shishabars derzeit noch nicht wieder erlaubt, oder genauer: Öffnen können sie, aber die Pfeifen nicht betreiben. Zumal es ja gerade jüngere Menschen sind, die solche Lokale aufsuchen – und bekanntlich nicht wissen, was gut für sie ist.

So betrachtet, müsste man sich dann umso mehr wundern übers Laisser-faire im nördlichen Nachbar-Flächenland: Schleswig-Holstein. Waren das nicht die, die bei Pandemiebeginn ihre Brücken hochzogen, ihre Grenzen dichtmachten? Und ausgerechnet da ist man nun entspannter als in der ach so liberalen Metropole? (Übrigens auch entspannter als das Land Niedersachsen, wo laut der jüngsten „Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen“ von Anfang dieser Woche „Einrichtungen, in denen Shisha-Pfeifen zum Konsum angeboten werden“, fürs Publikum geschlossen bleiben.)

Man mag in den vielerorts so populär gewordenen Shishabars die pure Dekadenz erkennen oder schnöde Geldwäschesalons, Bühnen für toxische Geschlechterrollen oder Symbole eines voranschreitenden politischen Islams; man mag sich aufrichtig ums Wohl der Jugend sorgen. Aber: Menschen das Betreiben ihrer Geschäfte zu verunmöglichen, sofern die legal sind: Dafür muss hierzulande ein triftiger Grund bestehen; das hat wiederum gute Gründe.

Wenn dann Hamburgs Gesundheitsbehörde auf Nachfrage nicht recht zu sagen weiß, was genau so besonders gefährlich ist am Geschäft mit den Wasserpfeifen: Dann machen die Verantwortlichen sich an sehr zentraler Stelle angreifbar.

Und sie nähren die heute so schnell ins Kraut schießenden Vermutungen: Dass es bei der besonderen Strenge gar nicht um den Kampf gegen das Virus geht, sondern um etwas ganz anderes: Darum, es denen schwer zu machen, deren Geschäfte uns fremd sind, ja: die – vermeintlich – hier gar nicht hingehören.

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Alexander Diehl
Redakteur taz nord
Wollte irgendwann Geisteswissenschaftler werden, ließ mich aber vom Journalismus ablenken. Volontär bei der taz hamburg, später auch mal stv. Redaktionsleiter der taz nord. Seit Anfang 2017 Redakteur gerne -- aber nicht nur -- für Kulturelles i.w.S.
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4 Kommentare

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  • „ Zumal es ja gerade jüngere Menschen sind, die solche Lokale aufsuchen – und bekanntlich nicht wissen, was gut für sie ist.“

    Shisha Bar’s ausnahmslosere Zutritt ab 18! Übrigens das gleiche Alter in dem einen zugetraut wird wählen zu gehen.

  • @Meerwind



    Ihre Argumentation ist fehlerhaft. Shisha Betreiber zu verdonnern wissenschaftliche Gutachten zu besorgen ist schlichtweg falsch. Die Beweislast sollte bei denen liegen, die Argumente aufbringen für ein verbot einer sonst legalen Tätigkeit. Dieses Verbot quasi ein Berufsverbot sollte solide begründet werden, da hier der Staat sonst willkürlich eingreift. Ich weiß nicht, was Sie beruflich machen, aber wenn morgen behauptet wird, dass durch ihren Beruf Menschen gefährdet werden, kann es nicht sein, dass Sie Gegengutachten erstellen lassen müssen.



    Weiter: Shisha Konsumenten kommen sich nicht zwangsläufig näher als 1,50. Hygiene Konzepte wie sie in Restaurants gelten können hier problemlos angewandt werden. Warum sollte eine Trennung von Tischen hier nicht möglich sein?



    Ebenso kann durch ein HygieneKonzept genauso ausgeschlossen werden, dass Personen sich eine Pfeife teilen. Nicht das es wissenschaftlich irgendwie bewiesen ist, dass Pfeifen bei Benutzung verschiedener Hygienemundstücke oder gar eigene Einwegschläuche ein Infektionsrisiko darstelle. Gäste werden zum Tisch geführt, der vorher reserviert wurde. Gästelisten sind auszufüllen und man kann aufklären, dass das teilen einer Shisha nicht erlaubt ist. Wenn es zwei Gäste sind, müssen mindestens 2 Pfeifen bestellt werden. Ach ja, vermeiden kann man auch nicht, dass die gemeinsam kommenden Gäste ggf. aus einem Haushalt sich nicht auch anderweitig untereinander anstecken. Und niemand lässt jemand fremden



    Selben Schlauch ziehen. Eine schlechtere Luftversorgung unter einer Maske wird durch Rauch verstärkt seit Mitte letzten Jahres gibt es in Hamburg ein Gesetz, dass für eine ausreichende Belüftung sorgt. Wenn der Mitarbeiter unter seiner Maske weniger Luft bekommt, macht er eine Pause und jemand anderer Arbeitet. Das sind Arbeitsbedingungen, die sich anpassen, wenn man arbeitet was nicht geht, geht nicht

  • Die Gefahr, sich durch anzustecken ist jedenfalls in einer Shisha-Bar geringer als in einer normalen Bar oder Gaststätte. Für Shisha-Bars sind qualitativ hochwertige Entlüftungsanlagen vorgeschrieben, die das Risiko sich durch Aerosole anzustecken, erheblich reduzieren.

  • Sollte nicht so schwer sein, das zu begründen:

    Vorschädigung der Atemwege macht anfälliger für Covid-19.



    Schisha-Nutzer kommen sich näher als 1,50 m



    Übertragung über das gemeinsame genutzte Rauchgefäß ist nicht ausgeschlossen.



    Schlechtere Luftversorgung der Beschäfigten unter der Maske wird durch den rauch verstärkt.



    Betreiber haben keine wissenschaftlichen Gutachten vorgelegt, die etwas anderes zeigen würden.