piwik no script img

Zverevs Aus bei den Australian OpenReife zur Unvollendung

Alexander Zverev schielte bei den Australian Open bereits auf ein Duell mit Rafael Nadal. Die Niederlage gegen Denis Shapovalov lässt ihn ratlos zurück.

Spiel und Schläger kaputt: Alexander Zverev im Achtelfinale der Australian Open Foto: ap

Melbourne taz | So in Rage hatte man Alexander Zverev schon lange nicht mehr gesehen: Deutschlands bester Tennisspieler hatte in seinem Achtefinalmatch bei den Australian Open gegen Denis Shapovalov aus Kanada zu Beginn des zweiten Satzes schon wieder ein Break gegen sich hinnehmen müssen, als es ihm zu bunt wurde. Ein Mal, zwei Mal, drei Mal. Dann war der Schläger hin. Aus Wut über den Verlust seines Aufschlagspiels zertrümmerte der 24-Jährige sein Spielgerät.

War das die Befreiung? War das vielleicht das so dringend benötigte Signal auch an sich selbst, jetzt die Wende anzugehen? Im Tennis gibt es ja immer wieder Phasen, in denen sich auch für die bis dahin Unterlegenen kleine Türchen öffnen, durch die man an guten Tagen noch hindurchschlüpfen kann. Aber es war kein guter Tag für Zverev. Alles blieb miserabel. Am Ende schied der Weltranglistendritte ziemlich trostlos mit 3:6, 6:7 und 3:6 aus.

Er könne jetzt zwar „hier sitzen und sagen: ‚Ich habe eine Erkältung und sonst was‘, aber nein, ich bin immer sehr ehrlich. Ich habe nichts. Es war einfach nur schlecht.“ Zverevs Analyse nach dem Ausscheiden fiel wohltuend schonungslos aus. Andererseits hätte er mit einer anderen Beschreibung seiner Leistung auch den absoluten Nullpunkt unterschritten. Nichts klappte bei ihm in diesem Spiel. Was in besonderem Maße überraschte: Abgesehen von der extrem fehlerhaften eigenen Darbietung mit zig einfach verschlagenen Bällen und großen Problemen insbesondere bei seinem zweiten Aufschlag stimmte auch die Einstellung nicht.

Kein Plan B

Den im Tennis so wichtigen Plan B gab es ebenfalls nicht. Nie hatte man den Eindruck, als könne er das Match noch drehen. Die Körpersprache war bezeichnend. Bestes Beispiel: Als er im Tiebreak des zweiten Satzes beim Stand von 1:5 gegen sich die Seite wechselte, schlurfte er wie ein schon Geschlagener über den Court. Dabei war noch Zeit für eine Wende. So etwas würde man bei Rafael Nadal oder Novak Đoković nie sehen. Zverev fehlte am Sonntag auch die Aura eines großen Tennisspielers.

Und so ist dieser erste Höhepunkt des Tennisjahres für Zverev bereits vorbei, bevor er so richtig ins Rollen gekommen ist. Das ist schon einigermaßen überraschend. Die erste Woche bei einem Major-Turnier dient immer auch als Härtetest für das, was danach kommt: die großen Spiele, die langen Matches gegen die Topspieler. Zverev war diesbezüglich gut unterwegs.

Er gewann die ersten drei Runden jeweils ohne Satzverlust und schien gerüstet für Rafael Nadal, der sein Viertelfinalgegner gewesen wäre, oder Daniil Medwedew, den dritten großen Favoriten auf den Turniersieg. Zverev hatte vor dem Shapovalov-Match zugegeben, dass das mögliche Spiel gegen Nadal ein bisschen in seinem Kopf sei.

Es lockte aber nicht nur das sportliche Highlight gegen den Spanier, sondern auch ein erster Grand-Slam-Titel. Der wiederum hätte Besonderes nach sich gezogen: Mit einem Sieg wäre Zverev zur neuen Nummer eins der Weltrangliste aufgestiegen. Historisches winkte also, aber am Ende war doch schon nach vier Matches alles vorbei.

„Es wäre nach so einem Spiel ziemlich dumm, von einem Grand-Slam-Titel zu reden. Wenn ich so spiele, verdiene ich es nicht.“ Es sei eines der miesesten Matches gewesen, das er je abgeliefert habe, sagte er noch und vergrub auf der Pressekonferenz im Anschluss an sein Ausscheiden das Gesicht in seinen Händen. Wohl wissend ob der großen Chance, die er gerade vertan hatte. Zverev bleibt ein fantastischer Tennisspieler. Ganz allmählich reift er allerdings auch zum Unvollendeten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Zverev ist sehr gut. Nadal oder Federer sehen die Welt ganz anders, fokussiert, sportlich, fair. Wo kommt diese neue Deutsche Idee im Tennis, dass viele Fußballer seit immer teilen, "Der Sieg gehört mir, Gegner, Schiedsrichter, Rolland-Garros-Fans, Fußball Regel, alle irren sich. Ich weiß besser Bescheid". Nadal hat heute mit dem 21. Grand Slam gezeigt, wie harte Arbeit, Bescheidenheit und Fokus den Unterschied machen. Als Zverev mit Federer bei der Australien Open in 2018 für eine Schiedsrichter Entscheidung diskutiert hatte (mit Federer, der fairste Sportler aller Zeiten!) dachte ich: "Junge, so gehst du nicht weiter". Schade aber so ist die Sportwelt.