Viertelfinale der Australian Open: Frustrierende Pausen

Altmeister Rafael Nadal steht im Halbfinale von Melbourne. Einmal mehr zeigt der Spanier, dass er nicht verlernt hat, wie ein Champion zu spielen.

Tennisspieler Rafael Nadal vor schwarzem Hintergrund beim Aufschlag

Meister mit Meister-Gen: Rafael Nadal serviert bei den Australian Open Foto: reuters

MELBOURNE taz | Als in der Rod-Laver-Arena, dem größten Tennisstadion auf der Anlage der Australian Open, vor dem entscheidenden fünften Satz im Viertel­final-Match zwischen Rafael Nadal und Denis Shapovalov Tina Turners Nerv-Hymne „Simply the Best“ aus den Lautsprechern dröhnte, muss der Spanier doch noch mal kurz hingehört haben. Nadal ist schon etwas länger nicht mehr der Beste in seinem Sport, aber in diesem atemberaubenden Spiel war es für ihn jetzt an der Zeit, sein bestes Tennis nochmal hervorzukramen.

Alles sprach gerade gegen ihn. Nadal führte gegen den Kanadier zwar schnell mit 2:0 Sätzen, aber Shapovalov, der in der Runde zuvor den Deutschen Alexander Zverev ausgeschaltet hatte, fand mit seinem unbekümmerten Haudrauf-Stil zurück ins Match, glich zum 2:2 aus und wirkte deutlich bereiter und frischer für den „Decider“, wie man im Tennis sagt.

Zudem hatte Nadal seit Mitte des dritten Satzes mit Magenproblemen zu kämpfen. Der 35-Jährige schleppte sich zunehmend über den Platz, musste sogar ärztlichen Rat einholen und eine Behandlungspause in Anspruch nehmen. „Ich war komplett zerstört“, sagte Nadal hinterher. Dass er nach knapp über vier Stunden Spielzeit das Viertelfinale mit 6:3, 6:4, 4:6, 3:6 und 6:3 schließlich doch gewann, lag an drei Dingen: der Nervosität seines erst 22-jährigen Gegners, einem perfekten Aufschlagspiel im fünften Satz und seinem Champions-Gen.

Es ist im Tennis ein immer wiederkehrendes Muster: Die großen Spieler mit den vielen Major-Titeln in den Vitrinen liefern insbesondere bei Grand-Slam-Turnieren immer dann zuverlässig ab, wenn es um alles geht und eigentlich nichts mehr für sie spricht. Nadal hat das am Dienstag erneut eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Bonus für Nadal?

Shapovalov, auch das gehörte zu diesem Tenniskrimi, tat sich hinterher schwer, die Niederlage zu akzeptieren. Die Nummer 14 der Weltrangliste verbiss sich in ein Thema, an dem sich Gegner von Nadal immer wieder abarbeiten. Der Kanadier hatte sich schon im Laufe der Partie Wortgefechte mit Schiedsrichter Carlos Bernardes geliefert, diesen unter anderem als „korrupt“ bezeichnet. Es ging um die aus seiner Sicht zu langen Pausen, die sich Nadal zwischen den Ballwechseln, zwischen den Spielen und auch zwischen den Sätzen nahm. Der Spanier ist dafür bekannt, das Zeitlimit auszureizen. Er wolle damit den Rhythmus seiner Kontrahenten brechen, sagen seine Kritiker.

Das „korrupt“ nahm Shapovalov später zwar zurück, aber er sagte auch: „Ich stehe zu meiner Meinung. Es ist unfair, mit wie viel Rafa davonkommt.“ Auch eine Toilettenpause seines Gegners vor dem fünften Satz kritisierte er. Nadal sah es anders. „Ich hatte nie das Gefühl, dass ich auf dem Court bevorteilt wurde. In diesem Fall liegt Denis falsch“, so der 35-Jährige: „Aber ich denke, er wird es ein wenig später verstehen, dass man ein bisschen mehr Zeit braucht, wenn man seine Klamotten wechselt.“ Nadal moderierte das Thema charmant weg.

Viel lieber wollte der 20-fache Grand-Slam-Sieger über das sprechen, was jetzt vor ihm liegt. Am Freitag steht Nadal, der im vergangenen Jahr wegen einer Fußverletzung lange pausieren musste, nur sechs Turniere spielte und sich Mitte Dezember auch noch das CoronavVirus einfing, zum siebten Mal im Halbfinale der Australian Open. „Dass ich das unter diesen Voraussetzungen geschafft habe, ist enorm wichtig für mich“, sagte Nadal. Am Freitag im Halbfinale gegen den Italiener Matteo Berrettini ist für den Meister jetzt alles möglich.

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