Zuschüsse für E-Autos: Nicht mit der Gießkanne fördern
Die Denkfabriken Zukunft KlimaSozial und Agora Verkehrswende fordern einkommensabhängige Zuschüsse für E-Autos. Auch andere Kriterien sollen gelten.
Aus Klimaschutzgründen sollen bis 2030 in Deutschland 15 Millionen E-Autos zugelassen sein, bis Ende 2024 waren es rund 1,7 Millionen. Auch Vorgaben auf EU-Ebene erfordern deutlich weniger Fahrzeuge mit Verbrennermotor und mehr mit einem Batterieantrieb. Um das Ziel bis 2030 zu erreichen, müssten jährlich 2,4 Millionen E-Autos neu zugelassen werden.
Der Verkauf von E-Autos in Deutschland bleibt aber stark dahinter zurück. Das hat Folgen für die Klimaziele und die deutschen Autohersteller, die unter der Absatzflaute stark leiden. Allerdings haben die Unternehmen die Probleme zu einem großen Teil selbst verursacht, weil sie bislang keine günstigen E-Modelle auf den Markt gebracht haben. Aufgefangen wurde das durch eine pauschale staatliche Prämie von zuletzt bis zu 4.500 Euro für Privatleute, und zwar unabhängig von deren Einkommen. Die Ampel-Regierung hat den Zuschuss nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts Ende 2023 quasi über Nacht gestrichen. Daraufhin brach der Absatz ein. Seitdem wird über eine Wiederauflage diskutiert.
Von der früheren E-Autoförderung nach dem Gießkannenprinzip hätten vor allem überdurchschnittlich Verdienende profitiert, sagte Brigitte Knopf, Direktorin von Zukunft KlimaSozial. „Wir brauchen jetzt einen starken Markthochlauf und gleichzeitig den Einstieg in eine einkommensabhängige Förderung“, sagte die Klimawissenschaftlerin der taz. Knopf ist auch stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats für Klimafragen.
Thema für die neue Bundesregierung
Das von ihrer Organisation und Agora Verkehrswende vorgeschlagene Modell sieht zwei Etappen vor. Die erste Stufe soll 2025 beginnen und im Dezember 2026 enden. Hier geht es darum, mit Zuschüssen zum Leasing, günstigen Krediten oder Prämien für Personen mit geringem oder mittlerem Einkommen den Zugang zu einem E-Auto zu ermöglichen. Der Nachweis könnte der Steuerbescheid oder der Arbeitsvertrag sein, sodass die Förderung unbürokratisch erfolgen würde.
Eine konkrete Einkommensgrenze schlagen die Organisationen ebenso wenig vor wie eine Zuschusshöhe. Die jeweiligen Werte sollen Akteure etwa aus der Autoindustrie oder von Sozialverbänden in einem Prozess mit der Politik und der Wissenschaft festlegen. Eine Orientierung geben könnte die sozial gestaffelte Förderung im Heizungsgesetz. Eigentümer:innen mit einem Jahreseinkommen bis zu 40.000 Euro erhalten einen Bonus.
Mit der steigenden Verbreitung von E-Autos werden voraussichtlich die Preise fallen, sodass die Zuschüsse ebenfalls sinken können. 2027 soll dem Modell zufolge die zweite Förderstufe beginnen. Nach jetzigem Stand wird ab 2027 der CO2-Preis deutlich steigen, was Benzin und Diesel wahrscheinlich stark verteuern wird. Dann soll die E-Auto-Nutzung von Personen gezielt gefördert werden, die etwa wegen ihres Berufs auf einen eigenen Pkw angewiesen sind oder die eine schlechte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel haben.
Knopf ist zuversichtlich, dass sich die neue Bundesregierung dem Thema widmen wird. „Wir machen ein Angebot, wie die Interessen der Autoindustrie und eine sozial gestaffelte Förderung verbunden werden können“, sagte sie. Die SPD sieht in ihrem Programm zur Bundestagswahl Zuschüsse wie ein Leasingmodell vor, um Haushalten mit niedrigem und mittlerem Einkommen einen Umstieg auf ein E-Auto zu ermöglichen. Die Union fordert zwar eine Rücknahme des Zulassungsstopps für Verbrennerautos ab 2035, aber auch in ihren Reihen gibt es starke Stimmen, die für eine solche Förderung etwa beim E-Auto-Leasing sind.
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