Zum Rückzug von Trumps Beraterin Conway: Sie hat nichts begriffen
Mit Kellyanne Conway verlässt eine langjährige Beraterin das Weiße Haus. Sie ist offenbar an der Politik gescheitert, die sie unterstützt hat.

N ur einen Tag vor Beginn des Nominierungsparteitags der US-Republikaner*innen hat Kellyanne Conway ihren Rückzug aus dem Weißen Haus angekündigt. Damit gibt eine der am längsten gedienten Berater*innen und Verteidiger*innen Donald Trumps ihren Platz an der Seite des US-Präsidenten auf.
Zusammen mit Trumps erstem Pressesprecher Sean Spicer stand Kellyanne Conway von Anfang an für den Typ der Trump-Republikaner*innen, die die Grenzen der politischen Kommunikation in vorher undenkbares Terrain verschoben haben. Ihr Wort von den „alternativen Fakten“, die es zur Kenntnis zu nehmen gelte, ist längst weltweit zum feststehenden Begriff geworden.
Ihr Rückzug allerdings hat damit offenbar nur indirekt zu tun und offenbart eher eine Folge dieser Zuspitzungen, die viel tiefer gehen als normale politische Polemik, ja selbst Demagogik. Conway lebt in einer zutiefst gespaltenen Familie: Ihr Mann ist führendes Mitglied des Lincoln Projects, eines republikanischen Zusammenschlusses gegen Trump. Und ihre 15-jährige Tochter Claudia klagt auf Twitter inzwischen regelmäßig über Vernachlässigung einerseits, die politischen Linien beider Eltern andererseits – und teilt Postings der linken Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez, Ilhan Omer und anderer.
Wenn sich jetzt beide Elternteile zumindest vorübergehend zugunsten der Familie von der Öffentlichkeit verabschieden, klingt das einleuchtend, vielleicht sogar ehrenwert. Aber es ist ein Schritt, den sie als privilegierte Familie vollziehen können – das zerrüttete Land, dessen gespaltene Lager sich nach vier Jahren Trump- und Conway-Propaganda noch feindlicher gegenüberstehen denn je, kann das nicht.
Conway wird am Mittwoch noch beim Trump-Parteitag auftreten und ihren Präsidenten über alles lobpreisen. Sie will mit dafür kämpfen, dass in einer zweiten Trump-Amtszeit genau jenes Geschäft ungehindert weitergehen kann, das ihre Familie an den Rand der Zerstörung gebracht hat. Sie hat nichts begriffen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart