Zukunftspläne ehemaliger Fußballspieler: Geh mit Gott, aber geh!
Was wird nun aus Thomas Müller und Mats Hummels? Auch sie werden wohl ihren Platz finden im Hinterzimmer des Fußballs. Leider.
D er April ist der Herbst der Fußballsaison: eine Zeit der Abschiede, der Nostalgie und der Wehmut. Spieler*innen, die einen jahrelang begleitet haben, deren Geschichten und Verwicklungen man aufgesaugt hat, treten ab, werden Fußballkommentator*innen oder fangen an, Werbung für Wettanbieter zu machen. Dieser Sommer wird Mats Hummels verschlucken, auch Thomas Müller kriegt keinen neuen Vertrag bei den Bayern.
Sie werden alle sagen, dass sie neue Ufer und Herausforderungen erwarten, und das wird stimmen: für alle diese Personen ist auch zukünftig Platz. Es gibt genug Orte, wo sie nach ihrer Karriere alimentiert werden. Selbst für Lothar Matthäus war Raum genug, ihn derart zu briefen, dass er verwertbare Sätze zwischen seinen fränkischen Zähnen hinauspressen konnte. Matthäus, der wirres Zeug redet, selbst wenn er nur eine Leberkassemmel bestellt: TV-Experte. Wobei auch das eine Leistung ist: Er ist vielleicht der erste Typ, der mit dem Arsch in der Schüssel es geschafft hat, nach oben zu scheißen.
Das kann man bewundern, verehren kann man es nicht. Dabei lebt der Fußball gerade davon: der Ehre. Gelitten haben wir und sie geliebt dafür wegen menschlicher Dinge; die Verzweiflung, wenn Thomas Müller ein Pass auf Robben oder Ribéry nicht gelang, gerade seine Theatralik, diese in den Himmel geworfenen Hände, diese entgleiste Mimik, dieser viel zu große Mund.
Muss das wirklich sein?
Gerade das müsste doch die Zuschauenden davor schützen, dass er der Nächste wird, der sich auf beckenbauerische Art in die Hinterzimmer des Fußballs verabschiedet. Stattdessen wird er vermutlich wie einst Giovane Élber weiter eingespannt werden in das System, über das er den Luxus hätte hinauszudenken: schließlich hat er genug Geld verdient, um auch mal sein Gehirn einzuschalten.
Eine ähnliche Entwicklung ist von Mats Hummels zu erwarten, der – weil er Relativsätze bilden kann – als Intellektueller im Fußball gilt. Er kann außerdem Außenrist und Grätsche, hat volles Haar und Augenbrauen: er wird super aussehen neben den Leuten, die sie ihn im Fernsehen hinstellen werden.
Braucht es das? Oder, um es in den Worten von Thomas Müller zu formulieren: Muss jeder Arsch der deutschen Fußballgeschichte seinen Sitzplatz kriegen im Schienenersatzverkehr der Expertenrunden? Man möchte den beiden ganz bairisch zurufen: Geh mit Gott, aber geh. Im Falle von Hummels dann vielleicht – da bin ich zu Konzessionen bereit – schleich di!
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