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Zukunft von Bus- und Bahnverkehr„Der ÖPNV funktioniert nicht intuitiv“

Der öffentliche Nahverkehr ist ein einziges Chaos, sagt Mobilitätsexperte Andreas Knie. Um das zu ändern, müsste man sich fragen, was der Kunde eigentlich will.

Gibt es über den deutschen ÖPNV auch irgendetwas Positives zu sagen? – „Nein“ Foto: dpa
Interview von Sophie Herwig

taz.am wochenende: Herr Knie, was sind die größten Pro­bleme des öffentlichen Personennahverkehrs?

Viele. Er müsste sich völlig neu erfinden und überhaupt erst mal wieder auf die Füße gestellt werden. Der ÖPNV in Deutschland ist von seiner Tradition her ein Bereitstellungsverkehr. Ihm geht es also nicht darum, was Kunden mit ihm machen und wie sie mit ihm klarkommen. Als der öffentliche Nahverkehr erfunden wurde, gab es keine Alter­na­tiven. Es gab keine Autos.

Und heute?

Heute müsste sich der ÖPNV fragen, was der Kunde eigentlich will. Bislang werden Tarife und Angebote allein davon bestimmt, wie viele Fahrzeuge existieren und wie die Betriebslogik funktioniert. Heraus kommen Dinge wie Streifenkarten und Fahrkartenautomaten, die keiner mehr braucht.

Wie sähen die Dinge denn aus, würde man die Kunden fragen?

Die Kunden würden sich einen viel einfacheren Zugang organisieren. Es müsste alles viel einfacher werden. Das Abo, das beispielsweise in Berlin erworben wurde, könnten die Kunden auch in Hamburg nutzen. Einfach einchecken und wieder auschecken, und das egal, wo man gerade ist. Das Handy hat gezeigt, wie man in kurzer Zeit erfolgreich sein kann: Einfach einloggen und telefonieren. Genauso muss auch der zukünftige ÖPNV funktionieren.

Woran liegt es, dass dieser Zustand nicht längst geändert wurde?

Im Moment fehlen dem ÖPNV der Druck und natürlich auch die Möglichkeiten. Denn ÖPNV funktioniert so, dass der Staat finanziert und damit auch den Verkehr bestimmt, den er haben will. Für unternehmerisches Denken ist im ÖPNV kein Platz, es wird bereitgestellt und gefahren. Wie gesagt: Der ÖPNV stammt aus einer Zeit, als es keine Alternativen gab. Jetzt müssen die Betreiber um Kunden werben und dafür auch neue Dienstleistungen entwickeln. Warum kann der ÖPNV nicht alle Verkehrsmittel wie Autos, Fahrräder zu einem Ganzen vereinen?

Gibt es über den deutschen ÖPNV auch irgendetwas Positives zu sagen?

Nein. Es gilt aber: Wer ihn kennt, kommt gut voran. Wer ihn aber zum ersten Mal probiert, hat große Schwierigkeiten. Menschen, die älter werden und nicht mehr selber Auto fahren wollen, oder Leute, die vom Land in die Stadt ziehen, kommen mit der Vielfalt der Tarife und Nutzungsbedingungen nur selten klar. Am Ende bleiben immer nur die Stammkunden übrig.

Im Interview: Andreas Knie

ist Professor für Soziologie an der TU Berlin. Gründer und Leiter der Projektgruppe Mobilität am Wissenschaftszentrum Berlin und seit 2006 Geschäftsführer des Innovationszentrums für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ).

Vor welchen Schwierigkeiten stehen Touristen in einer Stadt, wenn sie den ÖPNV das erste Mal benutzen wollen?

Wer fremd in einer Stadt ist, für den ist der ÖPNV kaum nutzbar, weil er nicht intuitiv funktioniert. Tarifstrukturen, Waben, Zonen, Ringe, Gültigkeitsräume – ein einziges Chaos. Der ÖPVN einer anderen Stadt – das geht selbst mir so – ist ein Buch mit sieben Siegeln.

In welchen deutschen Städten ist es am kompliziertesten, Straßenbahn, Bus oder U-Bahn zu benutzen?

Da unterscheiden sich die Städte kaum. In Berlin ist es sogar noch re­lativ einfach. Hier hat man immerhin den Vorteil, dass man sich einfach an die Straße stellen kann – irgendwas kommt schon irgendwann vorbei. Je ländlicher die Regionen werden, desto komplizierter scheint es zu sein.

Gibt es in Europa oder der übrigen Welt ein leuchtendes Beispiel? Ein Vorbild für einen gelungenen Nahverkehr?

Leider auch nicht wirklich. Denn was für deutsche Städte gilt, gilt auch meist für andere Städte in Europa. In New York ist es etwas ­einfacher, was aber vor allem an der einfachen Straßenstruktur liegt. In Singapur ist zumindest das Bezahlen einfach, aber generell ist der ÖPNV auch in anderen Teilen der Welt kompliziert.

Apps wie Touch&Travel von der Deutschen Bahn wollen ein fahrscheinloses System für den ÖPNV unterstützen. Hört sich gut an. Aber Leute ohne Smartphone werden von diesem System auch ausgeschlossen.

Klar gibt es Leute, die sehen noch gerne Schwarzweißfilme, und die haben auch noch ein Faxgerät oder einen Plattenspieler. Aber hallo? Willkommen in der Jetztzeit! Es wird in wenigen Jahren keinen Menschen mehr geben, der sich öffentlich bewegt und nicht über ein Smartphone oder ein Handy verfügt. Eine Welt ohne Digitalisierung kann man sich wünschen, wir sind aber der Treiber der Digitalisierung. Jedes Jahr wird der digitale Konsum weitergetrieben, weil wir immer mehr Möglichkeiten entdecken, immer mehr Optionen bekommen, und dieser Konsum macht im Nahverkehr nicht halt.

Wie sähe diese digitale Zukunft für den Nahverkehr und die Verbraucher aus?

Sie fahren einfach mit Ihrem Smartphone oder Ihrem Device, das kann auch Ihre Uhr sein, vielleicht später Ihre Brille und ganz viel später Ihr Chip. Sie können einfach jedes beliebige Verkehrsmittel benutzen, checken ein und nach der Fahrt wieder aus, fertig. Ganz einfach. Keine Automaten, keine Streifenkarte, und das überall.

taz.am Wochenende

Murali Perumal lebt als Schauspieler in München. Wenn er spielt, dann meistens Täter. Er sagt, dass es Racial Profiling sogar im Theater gibt. Warum er keine Lust hat, immer den „Inder vom Dienst zu geben“, lesen Sie in der taz.am Wochenende vom 28./29. Januar. Außerdem: Eine Sachkunde, die Licht ins Dunkel multipler ÖPNV-Systeme bringt, ein Plädoyer für eine Getränkebegleitung jenseits von Rot- und Weißwein und eine Reise auf den Spuren des Buddhismus in Indien. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Wo muss man anfangen, um den ÖPNV zukunftsfähig zu machen?

Mit einfachen Zugängen und neuen Finanzierungsformen. Statt den Verkehr wie althergebracht zu bestellen, kann man mit den Unternehmen Zielvereinbarungen treffen. Bezahlt wird nicht nach der Anzahl der Busse und Bahnen, sondern nach den Kunden. Wer mehr Kunden binden kann, bekommt mehr Geld.

Ist denn den Betreibern des ÖPNV nicht bewusst, dass sie ein Problem haben?

Doch. Aber es braucht eben einfach sehr lange, sich von dieser historischen Erblast zu befreien, und es braucht aber auch andere, bessere politische Rahmenbedingungen, die das ermöglichen.

Und was passiert aktuell, um das ganze Chaos im ÖPNV zu überwinden?

Es gibt bereits Initiativen, die versuchen, das Chaos abzustellen und den ÖPNV digital gleichsam neu unter der Überschrift „Mobility inside“ zu erfinden. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und mehrere lokale ÖPNV-Unternehmen sind gerade dabei, sich zu vernetzen und tatsächlich einen Fahrschein für alle Gebiete und einfach zugänglich zu machen. Es wird ein Fahrschein sein, der auch für Auto und Mietrad gilt. Es gibt also tatsächlich Licht am Ende des Tunnels.

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29 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • kostenloser ÖPNV und dann er sich seine neolibaren Kapitalismus Fantasien sparen, siehe Artikel nur weiterscrollen unten..., FREIE FAHRT FÜR TALLIENS BÜRGER seid 4 Jahren http://taz.de/picture/1753952/948/3bd482bfa05cb493853a05b3396ec497_edited_61335826_924a0191b0.jpeg

  • Der größte Teil der angesprochenen Probleme verschwände einfach, wenn der ÖPNV für alle Menschen gratis wäre. Der Reichtum, das zu finanzieren, ist 100 und 1000fach vorhanden.

  • Will die taz mit solchen Artikeln die Widerborstigkeit ihrer Leser testen? Ich bin wie andere Kommentatoren fassungslos. Der Artikel gehört in den Focus aber nicht in die taz.

  • Was ist denn das für ein Spacko? "Es wird in wenigen Jahren keinen Menschen mehr geben, der sich öffentlich bewegt und nicht über ein Smartphone oder ein Handy verfügt." In der ihm gestellten Frage ging es um Smartphones. Warum sollte jeder Mensch ein Smartphone haben müssen, was ist das für eine komische Vorstellung von industriell getriebener Modernität, die der Typ hat?

  • Herr Knie und Frau Herwig reden aneinander vorbei: Frau Herwig will den ÖPNV für (Neu-)nutzer attraktiver machen und so Umwelt- und Verkehrssprobleme lösen, was dann der ganzen Gesellschaft zugute komme.

    Herr Knie will den ÖPNV für Investoren attraktiver machen, die dann nicht nur die Betriebsgewinne steigern wollen sondern aus genannten BWL-Gründen auch was für den Fahrgast tun würden. Eine Art Trickle-Down-Effekt. Mit Digitalisierung, Smartphones, Big Data und Cloud.

     

    Was qualifiziert Herrn Knie eigentlich zum Mobilitätsexperten?

  • Und warum sollte es nur ÖPNV in Ballungsräumen geben?!? Da läuft einiges schief, aber dem "Experten" fallen Schnickschnacks ein, daß "die Fläche" de facto keinen funktionierenden ÖPNV hat und auch dort nicht jede/r ein Auto, gibts in der kleinen heilen Berliner TU-Elfenbeinturmwelt halt nicht. Wofür kriegt der sein Geld? Wieviel Busse kann mensch damit pro Jahr subventionieren? Manchmal muß mensch sich echt zurückhalten um nicht ausfallend zu werden *augenroll*...

  • Weiß dieser technizistische Experte, wer die große Masse der Benutzer des öffentlichen Verkehrs ausmacht? Will er die Nutzer überhaupt kennen?

     

    Oder will hier mal wieder jemand mit dem Verkauf von glitzernder Hardware Kasse machen - Geld, das woanders fehlt:

     

    Durch die mangelnde Wartung z. B. der Berliner S-Bahn (Wegfall der Wartungszyklen, Schließung von 2 der ehem. 4 Werkstätten) häufen sich Ausfälle, verlieren die Nutzer jedes Jahr einige dutzend Stunden ihrer Lebenszeit.

     

    Aber da können wir dann schön auf unserer neuen Zwangs-App herumspielen...

  • Nach Recherchen und vielen Gesprächen mit ÖPNV-Nutzer

    kommt man zu dem Ergebnis, das

    bei den Städten angegliederten Beförderungswirtschaftsbetrieben vermutlich nicht alles mit rechten Dingen zu geht.

    Da werden große Gelenkbusse angeschafft, die gar keiner entspr. Beförderungskapazität zuteil werden. Vielfach fast leere Busse, die die Umwelt durch Lärm und Dieselabgase belasten.

    Die Aufsicht über die Verkehrsbetriebe bei kreisfreien Städten ist bei den entspr. zuständigen Regierungspräsidenten angesiedelt. Verkehrsbetriebe erhalten auch für die Anschaffung von Bussen Subventionen aus Steuergeldern.

    Es gibt viel zu viele Haltestellen von einer Linie weiß ich, das auf 500 m 4 Haltpunkte bestehen.

    Da stellt man sich die Frage, ob das Personal, oft in "Vitamin-B-Seilschaften" eingestellt nach Größe der Beförderungsmittel und Anzahlen von Haltepunkten bezahlt werden ?

    Weist man die Verantwortlichen b.d. Verkehrsbetrieben auf diese Dinge hin, bekommt man nur arogante und irrationale Antwort, wenn überhaupt.

    Auch muss man feststellen, das oft Busse in einer Kindergarten-Schul-Anliegerstraße die 30 kmh Höchstgeschwindigkeit erheblich überschreiten.

    Weder Polizei noch Stadt schreiten mit Geschwindigkeitskontrollen ein.

    Es muss erst ein Kind/Mensch zu schaden kommen, bis Behörden einschreiten ?

    Kontrollen durch vorgesetze Behörden, Anlieger, Fahrgäste gleich null ?

    Ach ja, wie war das noch mit den Krähen untereinander ?

    Medien hatten bis dato leider kein Ineresse den Dingen nachzugehen.

  • "Aber hallo? Willkommen in der Jetztzeit!"

     

    Diese Arroganz, selbst von "Experten" vorgelebt......

     

    Ich, kommend aus Berlin, kam letztes Jahr in München, Köln, Hamburg, Rostock, , Düsseldorf, London, Leipzig und Dresden (alles Städte, die ich im letzten Jahr besuchte) wunderbar klar... Egal, ob Waben, Ringe oder Zone, ÖPNV ist ÖPNV... Allerding nutzte ich auch kein Smartphone, ich bin kein Anhänger der Losung "nicht wissen, sondern googeln"... Ein Mobilitätsexperte, für den ein fremder ortsfremder ÖPNV ein "ein Buch mit sieben Siegeln" ist, hat allein mit dieser Aussage schon seine Kompetenz abgegeben...

  • "Gibt es über den deutschen ÖPNV auch irgendetwas Positives zu sagen?

     

    Nein. Es gilt aber: Wer ihn kennt, kommt gut voran."

     

    Selten so gelacht. Der kleine Herr soll sich mal von Provinzdorf A bundesländerübergreifend zu Provinzdorf B durchschlagen. Mit dem Auto 3h, mit ÖPNV mal schnell bzw. langsam 8. In die nächste Kreisstadt (15 km) außerhalb der Schulbuszeiten einfache Fahrt incl. 2 km bis ins nächste Dorf per pedes 1,5 h. Usw. usf. .

    Wie schon angemerkt, ÖPNV ist ein Grundbedürfnis und kein Goldesel!

  • Einer der Berufsschlauen aus der Welt der Insitute um Berlin herum - angesteckt von Großstadtgeschwätz. Wer so handelt, würde nach 3 Wochen vom Aufsichtsrat zur Stempelfabrik Nürnberg geschickt. Wäre nicht der Erste. Stattdessen mal schreiben, wie Deutschlands Autofahrer jeden Cent mehr Kfz-Steuer verteufeln obwohl die Schienen und Straßen uns mittlerweile unter dem Hintern wegbröckeln.

  • Dazu eine kleine aktuelle Story - echt wahr! -

     

    Gestern erzählte unser in Osaka lebender Sohn, dass er am Vortag mit Kollegen in einer Trinkhalle Durst löschen und Erfahrungsaustausch gefrönt hatte. Darüber hatten sie die letzte Bahn verpasst und wanderten deshalb bis frühmorgens gemeinsam gut gelaunt aber müde durch die immer wache Stadt, bis sie sich in die erst Bahn nachhause setzen konnten - mit gültiger Fahrkarte - klar. Er schlief sorfort ein, was in Japan mehr als häufig der Fall ist. Als er erwachte musste er feststellen, dass er 90 Minuten geschlafen und keine Ahnung hatte, wo er war. Also stieg er aus, wechselte in die Bahn zurück und kam mit reichlicher Verspätung zuhause an.

    Interessant dabei: es kostete ihn nicht einen einzigen Yen. Er hatte eine gültige Fahrkarte dabei und das wars. Kontrolleure gibt es da nicht, nur Ein- und Auslass mit gültiger Fahrkarte, die als Hin-und Rückfahrticket beim Verlassen eingezogen wird. Wer weiterfährt und dort aussteigen will, der kommt nicht durch die Schranke und muss zum Normalpreis die Differenz nachlösen. Das ist einfach und wirkungsvoll, diskret und höflich. Daran könnte man sich in Deutschland ein Beispiel nehmen - und zwar landesweit - und nicht von Stadt zu Stadt unterschiedlich, je nach gusto.

  • @MICLIMATE

     

    (...) Eine mit Gurhaben aufladbare nicht personalisierte Karte ähnlich der Oystercard in London.(...)

     

    Ja, das wäre ein guter Anfang! Wir könnten uns schnell und bequem durch den (manchmal) Dschungel des ÖPNV-Netzes bewegen.

     

    Einen guten Vorgeschmack bietet zwischen Kassel und Anhalt die niederländische Bahntochter abellio. Ab Mitte 2016 fahren hier modernste Züge, in kürzeren Takten - mit Automaten an Bord. Und oft Catering.

  • Wenn es nicht mal eine Busverbindung zum nächsten Bahnhof gibt, dann ist mir auch egal wie das Bezahlsystem funktioniert. Und da ich mein Auto nicht fünf Tage meiner Arbeitswoche an einem unbewachten brandenburgischen Bahnhofsparkplatz stehen lasse, fahre ich halt die ganze Strecke mit dem Auto und parke dann unsinnigerweise Berlins Straßen zu.

  • "Klar gibt es Leute, die sehen noch gerne Schwarzweißfilme, und die haben auch noch ein Faxgerät oder einen Plattenspieler. Aber hallo? Willkommen in der Jetztzeit! Es wird in wenigen Jahren keinen Menschen mehr geben, der sich öffentlich bewegt und nicht über ein Smartphone oder ein Handy verfügt."

     

    So eine Äußerung finde ich als ÖPNV-Benutzer schon annähernd unverschämt. Nein, ich möchte nicht über Handy oder Smartphone zahlen und auch nicht mit Kreditkarte, egal ob im ÖPNV oder im Laden.

    • @Artur Möff:

      Besonders lustig, da er sich vorher noch über den Bereitstellungsverkehr echauffiert und dass man jetzt halt schauen solle, was der Kunde will.

       

      Aber natürlich nur soweit es nicht mit den eigenen Big-Data-Kunden-und-Standort-orientierten-Werbeanzeigen kollidiert.

    • @Artur Möff:

      Ihrem Kommentar kann ich mich nur anschließen.

       

      Millionen von Nichsmartphonenutzern vom ÖPNV auszuschließen empfinde ich darüberhinaus als besonders perfide Diskriminierung.

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Viele der Kommentatoren hier sind so viel weiter als unser Verkehrsexperte.

    Leider leben sie (und ich) in einem Staat der Millionen Lichtjahre von ihren Visionen entfernt ist.

    • @61321 (Profil gelöscht):

      Zu denken, man sei weiter, liegt aber auch an einer Fehleinschätzung in einem Staate, wo es 80 Millionen Bundestrainer gibt. Ein Führerschein ist eben keine verkehrswissenschaftliche Promotion, aber in diesem Land steht man halt auf Zertifikate und fühlt sich dann allwissend.

  • Ich schlage vor: Eine mit Gurhaben aufladbare nicht personalisierte Karte ähnlich der Oystercard in London. Sie wird bei Einstieg gescannt und gilt in ganz Deutschland in jedem Transportmittel. Würde natürlich neue Ausleseapparate erfordern. Aber die Umstellung auf die heutigen Kartenautomaten hat ja auch geklappt. Ob entwertet wurde, kann ja weiterhin durch sporadisch eingesetzte Kontrolleure überprüft werden, wie heute.

  • Jemanden, der sich im Zusammenhang mit einem selbstverständlichen Bestandtteil der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht verkneifen kann, Filmkunstfans (Schwarzweißfilmseher), Musikkunstfans (Plattenspielerbesitzer), ältere Menschen und Datensparsame auszugrenzen und zu beleidigen, kann ich als "Experten" nicht ernstnehmen.

  • 2G
    2730 (Profil gelöscht)

    Quintessenz dieses Interviews: Alle, vor allem die, die den ÖPNV steuern, sind völlig verblödet, nur ich habe den Durchblick.

    Die Träumerei des "Mobilitätsexperten" unterscheidet sich von dem, was man Realität nennt, nun mal durch eine Menge Hürde, im Wesentlichen rechtlicher, finanzieller technischer und logistischer Natur.

    Ich zitiere:

    "Frage: 'Gibt es in ... der Welt ein leuchtendes Beispiel?' A: 'Leider auch nicht wirklich. Denn was für deutsche Städte gilt, gilt auch meist für andere Städte in Europa.' "

    Warum fragt er sich nicht mal, warum wohl der ÖPNV weltweit - ich wiederhole: weltweit - nicht so funktioniert, wie er sich das in seinen Tagträumen ausmalt?

    • @2730 (Profil gelöscht):

      Doch, das gibt es schon, vielleicht nicht in Europa, aber in Japan - siehe meinen Beitrag von 15.00 Uhr.

       

      Sollten Sie mal ausprobieren, in den Innenstädten kann man sich als nicht Schriftkundiger in englisch informieren. Schwieriger wird es ab der Peripherie. Aber die Japaner sind ausserordentlich hilfsbereit und versuchen sicher gleich ihre Englischkenntnisse an Ihnen.

  • Wiedermal ein Bericht, dass der ÖPNV "günstiger" werden muss und nur das "Angebot" zählt.

     

    Kurzum: Auf dem Land den ÖPNV streichen, da fahren eh nur alte Menschen und Kinder damit. In der Stadt ausbauen, da sitzen letztlich die Kunden.

     

    ÖPNV ist eine Staatsaufgabe und muss gerade im ländlichen Raum bezuschusst werden. Wenn man das nicht will, dann brauch es eine Querfinanzierung, Gewinne in der Stadt (Da ist nunmal mehr zu hohlen) und Verluste auf dem Land.

     

    Die Tarifflut durch die Zerstückelung der Bahn und der Regionen sollte abgeschafft werden, ja. Aber das darf nicht dahin führen, dass man den ländlichen Raum noch mehr ausdünnt, "weil da eh kein bedarf besteht".

     

    ÖPNV sollte generell kostenlos werden, ohne Tarife die alles kompliziert machen und der Staat bezahlt es über Steuereinnahmen. Gerne quer.

     

    Entlegende Dörfer ansteuern ist teuer und rentiert sich nicht, aber Mobilität sollte eine Staatsaufgabe sein die wir mit den Steuern bezahlen, ohne das man durch ein Tarifwirrwarr abgeschreckt wird.

     

    Effektiver Transport aller sollte im Mittelpunkt stehen, nicht der Gewinn, oder die Refinanzierung.

  • Solange es billiger und schneller mit dem Auto geht, ist der Nahverkehr uninteressant - keine wirklich neue Erkenntnis...

  • Schöne neue Nahverkehrswelt. Einchecken, auschecken, Bewegungsdaten abliefern. Eine weitere Überwachungslücke geschlossen, und die asozialen Smartphone-Verweigerer ausgeschlossen. Keine Busfahrt mehr ohne digitale Fußfessel. Toll.

     

    Aber mal im Ernst: es sollte schon eine anonyme Nutzungsmöglichkeit geben.

    Dass Tarifsysteme vereinheitlicht und vereinfacht werden sollten, sagt sich so leicht. Aber die Verkehrsnetze sind schon recht unterschiedlich, und egal wie ein Tarif aussieht, es wird immer jemanden geben, der sich benachteiligt fühlt.

    Da ärgert sich einer, weil seine Arbeitsstelle eine Haltestelle genau hinter der Grenze zur nächsten Tarifzone liegt. Gibt es einen Einheitstarif, fühlen sich die Kurzstreckennutzer und -innen benachteiligt. Wir nach Entfernung bezahlt, findet das der weiter weg Wohnende zu teuer und so weiter.

     

    Man sollte mal wieder die Nulltarif-Debatte aufrühren… dann könnten die blöden komplizierten Automaten verschwinden, die Kosten für Gefängnisaufenthalte von Schwarzfahrern könnten eingespart werden und die Kontrolleure und -innen müssten sich menschenwürdige Jobs suchen. Nur ein Traum, aber viel schöner als der vom Smartphone-Eincheck-Busfahren.

    • @sabado:

      "..es sollte schon eine anonyme Nutzungsmöglichkeit geben."

      Die gibt es: Bargeld und nur eine Wahltaste "Bar" oder "Karte/bargeldlos" . Dann kann man ohne unfreiwillig Datenspuren zu hinterlassen den ÖPNV nutzen, ganz traditionell.

  • Da bleibt der Mobilitätsexperte aber auf halber Strecke stehen; willkommen in der Zeit des Klimawandels! Wer nicht erkennt, dass durch den totalen Individualverkehr einige der größten Probleme weltweit entstanden sind, sollte am besten noch mal von vorne anfangen. Gerade in deutschen Großstädten ist der ÖPNV dem Auto in den meisten Fällen haushoch überlegen. Leider wird eben doch betriebswirtschaftlich gehandelt, und nicht die Mobilität als Grundrecht gefördert. Wäre dies der Fall, würden alle Menschen gratis fahren dürfen - finanziert aus der PKW-Maut von denjenigen, die trotzdem nicht auf ihre eigenen vier Räder verzichten wollen. Und die müssen sich dann wenigstens nicht mehr über fehlende Parkplätze ärgern ...

  • Im Prinzip hat Herr Knie ja recht, das Tarifwesen muss schon vollreformiert werden.

     

    Die Idee dass sich der Zustand sich nicht ändert wegen Staatsfinanzierung bzw. mangelndem unternehmerischen Denken stimmt aber nun wirklich nicht. Das beste Beispiel ist hier Grossbritannien, wo die privaten Busunternehmen, die bei Tarifen machen können was sie wollen, überhaupt nichts neues zustande gebracht haben.

     

    Und einfach zu sagen man bezahlt nach Kunden ist auch ziemlich naiv. Auch hier sollte die britische Busprivatisierung ein warnendes Beispiel sein...