Zukunft der DFB-Frauen: Bei den Männern würden Köpfe rollen
Siegfried Dietrich, Manager des 1. FFC Frankfurt, zur Krise des deutschen Frauenfußballs. Der soll nicht mehr nur aus den Portokassen des Männerfußballs finanziert werden.
taz: Herr Dietrich, mal ehrlich, haben Sie das frühe Ausscheiden des deutschen Teams aus dem Turnier schon verdaut?
Siegfried Dietrich: Da brauche ich noch einige Zeit, aber ich habe mittlerweile realisiert, was passiert ist.
Wirklich?
Der Halbfinaltag ist noch einmal ein besonders schwerer gewesen, weil man da im Geiste seine eigenen Spielerinnen laufen gesehen hat.
Welche Lehren sind denn für die Deutschen aus dem Turnier zu ziehen?
Das war eine einmalige Situation, die man nicht mehr haben wird. Mit diesem Druck, die WM vor eigenem Publikum spielen zu müssen. Wir müssen schauen, wie wir künftig mit den großen Erwartungen, der immer mehr auf dem Frauenfußball lasten werden, besser umgehen.
Ist der Druck das einzige Problem gewesen?
Der Druck ist das eine, dass die Mannschaft nicht zu ihrem Spiel gefunden hat, ist das andere. Das muss man hinterfragen. Aber das ist Aufgabe der Bundestrainerin.
Gerade beim Spiel gegen Japan hatte man den Eindruck, dass das deutsche Team im taktisch-technischen Bereich überholt worden ist.
Das täuscht. Bei allen Spielen hat das deutsche Team sein Potenzial nicht gezeigt.
Gegen Japan …
… haben wir obendrein einen rabenschwarzen Tag gehabt.
Sie reden ja stets der Professionalisierung des Frauenfußballs das Wort. Ist es denn richtig, dass nun über die Entlassung der Trainerin Silvia Neid diskutiert wird?
Es ist richtig, dass man hinterfragt, was falsch gemacht worden ist. Andererseits: Silvia Neid hat noch nie ein Spiel bei einer EM oder WM verloren. Insofern kann man nun nicht an diesem einen Spiel gegen Japan festmachen, ob Silvia Neid gut oder schlecht ist. Im Männerfußball würde da wahrscheinlich jetzt ein Kopf rollen. Hier geht es darum, zunächst einmal zu analysieren.
Und das soll Silvia Neid alleine machen?
Nein. Ich habe den Vorschlag eingebracht, dass man sich vom Nationalteam auch mit den Bundesligateams zusammensetzt und dann für die Zukunft eine Strategie entwickelt, wie man weiterarbeitet.
Welche eigenen Impulse würden Sie denn in diese Runde einbringen?
Vor allen Dingen, dass die Zusammenarbeit mit den Vereinen auf ein besseres Niveau rückt. Es muss mehr kommuniziert werden. Wir haben sehr, sehr gute Trainer. Ob das ein Bernd Schröder von Turbine Potsdam ist oder unser Coach Sven Kahlert. Je enger da die Zusammenarbeit ist und je offener man damit umgeht, umso mehr ist da auch an gegenseitiger Befruchtung möglich.
Im Umkehrschluss gesprochen: In diesem Bereich gab es Defizite vor der WM?
Bessere Kommunikation hilft immer. Ich schaue nicht so gern nach hinten, sondern lieber nach vorn. Das würde uns auf jeden Fall helfen, dass es in der Zukunft besser läuft.
Welche Anstrengungen müssen noch unternommen werden?
Wichtig ist, dass die Vereine die Professionalisierung weiter vorantreiben und auch die Männervereine in Zukunft ihren Frauenabteilungen unternehmerische Strukturen geben. Dann müssen sie auch nicht mehr nur von der Portokasse der Männer leben.
Aber der Schwung, den man sich von einem erfolgreichen WM-Abschneiden versprochen hat, ist dahin.
Das sehe ich nicht so. Wir haben hier schon einige hundert Dauerkarten verkauft. Wir rechnen mit einem sehr, sehr vollen Stadion am ersten Bundesligaspieltag. Ich glaube, wir haben eine Welle der Begeisterung ausgelöst. Man sieht das auch an den Einschaltquoten nach dem Ausscheiden des deutschen Teams. Der Frauenfußball ist hierzulande auf allen Ebenen angekommen.
Sind Sie mit DFB-Präsident Theo Zwanziger einer Meinung, dass Silvia Neid die beste Trainerin ist, die der DFB haben kann?
Silvia hat einen sehr guten Namen, viel geleistet und wird mit der Nationalmannschaft auch wieder in die Erfolgsspur zurückfinden. Ich glaube auch, dass sie momentan die beste Trainerin ist, die zur Verfügung steht.
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