Zukunft auf den Straßen: Städte ohne Autos – wie schön!
Immer weniger junge Menschen wollen ein eigenes Auto. Die Nichtmotorisierten erkämpfen sich öffentlichen Raum zurück.
F alls Außerirdische eines der größten zusammenhängenden Bauwerke der Erde – das deutsche Straßennetz mit seinen 830.000 Kilometern Gesamtlänge – analysieren würden, würden sie nie darauf kommen, dass Fußgängerinnen und Radfahrende in diesem System gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer sind.
Wenn selbst die Innenstädte so mit Parkplätzen ausgestattet sind, dass man möglichst bis ins Schaufenster fahren kann. Kein Zufall also, dass sich im Roman „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams der beste Freund des Helden (ein Außerirdischer von Beteigeuze 5) den Erdennamen Ford Prefect gibt, weil er glaubt, bei der vermeintlich dominanten Spezies dadurch nicht weiter aufzufallen.
Als der Roman 1981 in Deutschland erschien, war mein Vater so alt wie ich heute. Ich glaube nicht, dass er in seinem Erwachsenenleben je in einen Zug gestiegen ist; er war passionierter Autofahrer, das Auto stets das Fortbewegungsmittel seiner Wahl.
Ich erinnere mich daran, wie er sich über Spielstraßen echauffierte. Er sah nicht ein, dass er langsamer fahren sollte, weil Kinder auf der Straße Fußball spielen wollten. Die Straße war schließlich für Autos da! Und Autos waren für ihn das Sinnbild für Fortschritt, Selbstständigkeit und Freiheit. Vom ersten Mercedes des reichen Großonkels, über die Schlitten der Amerikaner, die er als Teenager einparken durfte, bis zu seinen eigenen Wagen, die natürlich Fabrikate deutscher Luxushersteller sein mussten.
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Auto, Straße, Freiheit. Dieser Dreiklang schien für ihn kein Werbeslogan, sondern eine Selbstverständlichkeit – und offenbar teilen viele Deutsche diese Mentalität: Die Straße gehört den Autos. Alles unter 6 PS wird zwar toleriert, aber durch die StVO so benachteiligt, dass jeder weiß, welchen Platz er in der Hackordnung des Straßenverkehrs einnimmt. Und jetzt kommt die FDP mit der Forderung um die Ecke, es Autofahrern leichter zu machen, die Innenstädte zu erreichen. Tatsächlich, die Partei fordert den Einsatz der „Brötchentaste“ an Parkscheinautomaten, damit Autos für eine Zeit kostenlos abgestellt werden können.
Mehr Platz für Autos, die allein in den letzten zwanzig Jahren im Schnitt 7 cm höher, 10 cm breiter, 20cm länger und 250 kg schwerer geworden sind. Schon werden breitere Straßen und höhere Tiefgaragen gefordert – denn natürlich müssen wir uns der dominanten Spezies auf diesem Planeten anpassen, oder?
Nein, denn das Aussterben der Straßendinosaurier ist eingeläutet. Immer weniger junge Menschen wollen ein eigenes Auto, das 23 Stunden am Tag im öffentlichen Raum vor sich hin rostet; immer weniger machen den Führerschein. Die Nichtmotorisierten erkämpfen sich den öffentlichen Raum zurück.
Bis der Deutschlandtakt dafür sorgen wird, dass 2070 die Bahn pünktlich kommt, werden wir längst ein Land sein, in dem vielfältige Mobilitätskonzepte genutzt werden: Radschnellwege, Carsharing, E-Bikes, E-Roller und nicht zuletzt Flugtaxis, die seit über 100 Jahren auf sich warten lassen.
Sie alle werden mit einem umfassenden ÖPNV-Netz verbunden sein. Und wir werden staunen, wie schön unsere Städte sind, wenn nicht jeder Zentimeter mit Autos vollgeparkt ist. Denn das hat auch mein Vater auf seinen Reisen immer gesucht: Ein Café in der Innenstadt, in dem man ein Glas Wein trinken konnte, ohne dass der Autoverkehr Gespräche und Aussicht verdarb.
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