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Zukünftige EU-KommissionVon der Leyen muss zittern

Frankreichs Kandidatin muss nachsitzen, Ungarn und Rumänien neu nominieren. Sogar der Amtsantritt könnte sich verschieben.

Ihr Team steht noch nicht – dabei soll Ursula von der Leyens Kommission im November starten Foto: ap

Brüssel taz | Eine Kandidatin muss nachsitzen, zwei weitere hängen noch in der Warteschleife: Auch nach dem Ende der Anhörungen im Europaparlament ist das Schicksal der neuen EU-Kommission ungewiss. Die künftige Präsidentin Ursula von der Leyen (CDU) muss um ihr 26-köpfiges Team zittern, der Start der nächsten EU-Behörde könnte sich verzögern.

Dass es eine schwere Geburt werden würde, war von Anfang an klar. Schon vor Beginn der Anhörungen hatte der Rechtsausschuss des Parlaments die Kandidaten aus Ungarn und Rumänien aus dem Rennen geworfen. László Trócsányi und Rovana Plumb scheiterten an undurchsichtigen Geschäften und am Verdacht auf Interessenkonflikte.

Es war der erste Rückschlag für von der Leyen – und ein Präzedenzfall. Bisher waren Kommissarsanwärter nur wegen mangelnder Eignung durchgefallen. Nun reicht schon der Verdacht auf unsauberes Finanzgebaren. Doch nicht alle Problemfälle wurden ausgeschlossen. Die Französin Sylvie Goulard durfte trotz zweier Affären zum Hearing antreten.

Das rächt sich nun. Ausgerechnet Goulard, die als leidenschaftliche Europäerin gilt, musste sich bohrende Fragen nach einem früheren Parlamentsassistenten und ihrer Tätigkeit für die Berggruen-Stiftung gefallen lassen. Die Kandidatin des französischen Präsidenten Emmanuel Macron machte dabei keine gute Figur. Deshalb muss Goulard am Donnerstag zu einer zweiten Anhörung antreten. Es dürfte ein Kreuzverhör werden. Die Europaabgeordneten wollen unter anderem wissen, warum die liberale Politikerin wegen ihrer Affären als Verteidigungsministerin in Paris zurückgetreten war, für ihre Arbeit als Superkommissarin jedoch kein Problem sieht.

In Brüssel wird über „Stillhalteabkommen“ spekuliert

Goulard soll für den Binnenmarkt, die Rüstungsforschung, die Raumfahrt und audiovisuelle Medien zuständig sein. All dies sind Themen, die Macron besonders am Herzen liegen. Das Arbeitsgebiet sei viel zu weit, meint dagegen der Chef der deutschen SPD-Gruppe im Europaparlament, Jens Geier. Er hatte Goulard zuvor die Zusage abgerungen, ihr neues Amt aufzugeben, falls sie des Fehlverhaltens überführt werden sollte. Derzeit laufen noch Ermittlungen bei der EU-Antibetrugsbehörde Olaf und bei französischen Behörden.

Auch der designierte EU-Außenkommissar Josep Borrell hat schon mehrere Affären hinter sich. Der spanische Sozialist musste 2018 eine Geldstrafe von 30.000 Euro wegen eines Insiderdelikts zahlen. Dennoch bestand er seine Anhörung weitgehend unbeschadet.

In Brüssel wird deshalb über ein „Stillhalteabkommen“ spekuliert. Die großen Parlamentsfraktionen – die konservative EVP, die sozialdemokratische S&D und die liberale Renew Europe – hätten sich darauf verständigt, es bei den beiden durchgefallenen Kandidaten aus Ungarn und Rumänien zu belassen.

Die Sozialdemokraten bestreiten jedoch, sich auf Händel eingelassen zu haben. Und vor allem deutsche Konservative hacken weiter lautstark auf Goulard herum. Sie haben es nicht verschmerzt, dass Macron ihren Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) aus dem Rennen um die EU-Kommission geworfen hat.

Sollte Macrons Kandidatin durchfallen, droht der Eklat

Die neue Kommissionschefin muss aber auch noch auf Ersatzkandidaten aus Ungarn und Rumänien warten. Das kann dauern. Von der Leyen will nämlich den Ausgang der für Donnerstag geplanten Misstrauensabstimmung gegen die rumänische Regierung abwarten. Dahinter steckt offenbar die Hoffnung, dass die oppositionellen Konservativen gewinnen – und dann einen der ihren nach Brüssel schicken.

Doch je mehr Zeit vergeht, desto unwahrscheinlicher wird es, dass die neue Kommission wie geplant am 1. November startet. Die neuen Kandidaten müssen nämlich auch noch eine Anhörung absolvieren. Sollte Goulard am Donnerstag durchfallen, droht sogar ein Eklat mit Frankreich. Bisher galt Präsident Macron als von der Leyens Schutzpatron – das könnte sich dann ändern.

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