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Zugverbindung zwischen China und EuropaSeidenstraße vollendet

Der erste Güterzug auf der transeurasischen Schienenverbindung von China nach Europa erreicht die Türkei. Russland wird dabei umfahren.

Warenhandel zwischen China und Europa wird durch den Ausbau der Seidenstraße leichter Foto: MAXPPP

Istanbul taz | Heute durchfährt erstmals ein großer Güterzug aus China den Marmaray-Tunnel in Istanbul unter dem Bosporus und stellt damit eine neue transeurasische Schienenverbindung nach Europa her. Damit entsteht auf der historischen Seidenstraße ein weiterer Strang der chinesischen Neuen Seidenstraße, auf dem Güter per Schiene transportiert werden.

Die Neue Seidenstraße ist das größte globale Infrastrukturprojekt Chinas, in das die Regierung Milliarden von Dollars investiert. Neben den Schienen­strecken zählen neue Schiffsverbindungen dazu, für die China in diversen Ländern in Asien, ­Afrika und Europa Häfen neu baut oder vorhandene modernisiert.

Bislang gab es auf der Schiene nur die Nordroute durch Russland und das Baltikum nach Europa mit dem Endpunkt im Duisburger Hafen. Der neue Schienenstrang, die sogenannte Mittlere Route, geht durch Kasachstan, Aserbaidschan, Georgien in die Türkei und von dort weiter über Bulgarien, Serbien, Ungarn und der Slowakei bis zum Endbahnhof Prag.

Damit wird Russland komplett umgangen, was für China eine wichtige strategische Option ist. Durch den Bau des Marmaray-Tunnels unter dem Bosporus, der nach seiner Eröffnung vor sechs Jahren für den S-Bahn-Verkehr in Istanbul nun auch für den internationalen Fernverkehr fertiggestellt wurde, konnte die Route durch die Türkei komplettiert werden.

Für die Türkei ist der Anschluss zur Seidenstraße ein Erfolg

„Für uns erfüllt sich damit ein Traum“, sagte der Ökonomieprofessor Sedat Aybar dem TV-Sender CNN-Türk. „Für die Türkei ist es sehr wichtig, dass sie damit zum Partner in dem globalen Seidenstraßen-Projekt Chinas wird. Das bringt chinesische Investitionen ins östliche Mittelmeer und ist von großer strategischer und politischer Bedeutung.“

Der Zug erreichte am Dienstag Ankara und wurde dort von dem zuständigen Transportminister mit buchstäblich großem Bahnhof empfangen. Er startete im Südosten Chinas in Xi’an. Für die Strecke von Xi’an bis Prag braucht der Zug 14 Tage. Der erste Güterzug, der nun den Bosporus passiert hat, hat Elektronik in 42 großen Containern geladen. Er ist 850 Meter lang.

China hat damit eine weitere Etappe seiner Neuen Seidenstraße vollendet. Die Güterbahn schließt für China die Lücke zwischen dem Schiffsverkehr und dem Flugzeug. Ein Schiff ist die preiswerteste und ökologisch beste Variante, benötigt von China bis Europa aber rund 2 Monate. Die schnellen Flüge sind sehr teuer und auch ökologisch kostspielig. Die Bahn benötigt dagegen nur 2 Wochen und kann auch verderbliche Ware zwischen China und Europa transportieren.

Während in einigen Ländern, die sich für chinesische Infrastrukturprojekte im Rahmen der Seidenstraße in Peking hoch verschulden mussten, mittlerweile Kritik am „neuen chinesischen Imperialismus“ aufkommt, hofft die Türkei durch die Seidenstraße auf den zukünftigen Ausbau der gegenseitigen wirtschaftlichen Verflechtung. „China und die Türkei sind sich heute so nah wie nie in der Geschichte“, sagt Professor Aybar. „Die Türkei kann für China zu einem Schlüsselland im östlichen Mittelmeerraum werden“.

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13 Kommentare

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  • Zwischen Kasachstan und Aserbaidschan muss der Zug oder muessen die Container uebrigens auf ein Schiff verladen werden, um mal rund 400 km ueber das kaspische Meer zu gelangen. Turkmenistan und Iran wuerden bei einer suedlichen Umfahrung gequert, im Norden wieder Russland, was ja gerade ver.ieden werden sollte.

  • Wie kommt eigentlich der Zug von Kasachstan nach Aserbaidschan? Da liegt doch das kaspische Meer dazwischen. Sieht mir daher nicht nach einer reinen Schienenverbindung aus.

  • Von wegen gleiche Distanz. Der Seeweg von China nach Deutschland ist erheblich länger als die Bahnstrecke. Und Containerschiffe sind wahre Dreckschleudern.

    • @vulkansturm:

      Wenn das Schiff von einem Mittelmeerhafen losfaehrt und durch den Suezkanal, ist der Umweg zu chinesischen Haefe gar nicht so gross. Im Prinhip die Strecke ab Singapur extra gegenueber der Luftlinie.

      Die Zuege fahren ja auch nicht auf gerader Strecke. Ihr Strom kommt auf der Strecke meist aus Kohle oder anderen fossilen Brennstoffen. Auch der ganze Zement fuer der Streckenbau wird noch nicht klimaneutral hergestellt. Wenn die Bahnen selbst einraeumen, umweltschaedlicher zu fahren als Containerschiffe, haette ich wenig Anlass, diese Expertenmeinung als Laie anzuzweifeln.

  • Muessen die Zuege eigentlich noch der türkischen Van-See im Schiff ueberqueren, oder gibt es da jetzt auch eine feste Verbindung?

  • Das schiene dabei ist, dass man die Container oder Zuege auch in Georgien auf eine kurze Schiffsreise ueber das Schwarze Meer nach Bulgarien, Rumaenien oder in die Ukraine schicken kann, und dann von einem weiteren Autokraten unabhaengig ist.

  • Containerschiffe sollen ökologisch besser als die Bahn sein? Da könnte man ja gleich mit Kreuzfahrtschiffen in den Urlaub fahren. Was ist denn das für ein Blödsinn?

    • @vulkansturm:

      Das ist das gleiche Prinzip wie bei einem Bus im Vergleich zum PKW. In absoluten Zahlen ist das Schiff, ebenso wie der Bus, deutlich dreckiger.

      Heruntergerechnet auf den einzelnen Container, bzw. Fahrgast, ist die Bilanz (jeweils volle Beladung voraus gesetzt) pro befördertem Container deutlich besser.

    • @vulkansturm:

      Durch Kastachstan, Aserbeidschan und Georgien geht es vermutlich mit russischer Breitspur, China und ab der Tuerkei Normalspur.



      Offenbar wurde dieser Zug in Xian beladen und wird bei Prag entladen - vermutlich auf LKW.

    • @vulkansturm:

      Zum einen haben Sie auf dem Kreuzfahrtschiff mehr Platz als im Zug, schon deshalb hoehere Emissionen je Fahrtstrecke. Außerdem gehoert es ja zum Geschaeftsmodell der Kreuzfahrt, taeglich weite Strecken zurueckzulegen, genauer gesagt in der Nacht.



      Wenn Sie in einer Woche Venedig, Bari, Dubrovnik, Athen und Istanbul mit dem Zug und Uebernachtungen in Hotels besuchen wollten, ergaebe das auch mehr Energieaufwand als bei einem Durchschnittsurlaub, aber weniger als bei der Kreuzfahrt auf gleicher Strecke.



      Beim Guetertransport sind dagegen Transportvolumen und Distanz gleich, dadurch Vorteile fuer das langsamere und grosse Schiff.

  • Wieso spricht man immer von Strecke x bis y, mit y als endbahnhof? Können die Waggons von dort nicht weiterfahren? Zb mit anderen Zügen? Oder haben die eine besondere Spurweite?

    • @fly:

      Die Wagen können natürlich weiterfahren. Ich vermute diese Verbindungen sind eher verwaltungstechnischer Natur.

      Wenn man in China Päckchen bestellt, die mit der Bahn befördert werden, dann bekommt man Emails, wo das Päckchen sich gerade befindet. Die Strecke führt von China über Kasachstan, Russland, Weißrussland, Polen, Deutschland nach Belgien. Von Belgien geht es im LKW zurück nach Deutschland. Die Reise endet also keineswegs in Duisburg.

      Aus Polen und Deutschland gibt es übrigens keine Emails, dort fehlt anscheinend die notwendige Infrastruktur. In Belgien dagegen ist die Infrastruktur zur Lokalisierung der Päckchen anscheinend vorhanden.

  • Na, da liegen ja ein Haufen politisch riskanter Staaten auf der Strecke....mal sehen, wie lange das gutgeht, bis irgendein Möchtegernkhan den Zug aufhält. Andererseits ist Handel schon immer besonders protektioniert worden.

    Anderer Aspekt: Zug ist natürlich auch viel ökologischer als Schiff oder Flugzeug. Insofern eine tolle Entwicklung, die unterstützt gehört.



    Andererseits ist das nicht unbedingt wünschenswert, dass China nach Europa vordringt, denn da werden z.T. ganze Häfen aufgekauft, also in wichtige Infrastruktur eingegriffen.