Zerschlagung der Deutschen Bahn: Derzeit nicht nötig
Mehr Wettbewerb auf der Schiene? Schwierig umzusetzen. Lohnt auch nicht. Es gibt aber Konzepte von Anbietern, denen sich die Bahn öffnen sollte.
N un spricht sich auch das Bundeskartellamt für eine Zerschlagung des Bahnkonzerns aus. Die Forderung wird immer wieder erhoben. So soll einerseits die kaum nachvollziehbare finanzielle Verflechtung des staatlich finanzierten Netzes mit den unternehmerischen Aktivitäten der Bahn aufgelöst, andererseits mehr Wettbewerb in den Schienenverkehr gebracht werden. An den Erfolgsaussichten einer Trennung von Netz und Betrieb sind jedoch Zweifel erlaubt.
Mehr Wettbewerb entsteht, wenn zusätzliche Anbieter mit dem Platzhirsch konkurrieren. Im Nahverkehr ist dies längst der Fall. Im Fernverkehr bietet nur Flixtrain der Deutschen Bahn die Stirn. Dessen Angebot ist schmal und beschränkt sich auf lukrative Strecken. Da mag es etwas Wettbewerb geben. Ansonsten lassen Bahnunternehmen eher die Finger vom Fernverkehr. Der Markteintritt ist aufgrund der hohen Investitionen in Zugmaterial sehr teuer. Das Netz ist auch so schon überlastet.
Ein zusätzliches Angebot ist daher kaum möglich. Im Güterverkehr könnte die Konkurrenz dagegen zunehmen, wenn eine von der Deutschen Bahn unabhängige Netzgesellschaft den Verkehr regeln würde. Eine organisatorisch aufwendige Trennung rechtfertigt diese Aussichten momentan aber kaum.
Es gibt jedoch neue Formen des Wettbewerbs rund um die Mobilität, die von der Bahn nach Kräften gebremst wird. Verschiedene Onlineplattformen bieten Mobilitätsdienste bis hin zu ganzen Reiseketten mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln an. Sie sind auf die Daten der Deutschen Bahn zum Schienenverkehr angewiesen. Der Konzern tut sich trotz Intervention des Kartellamts noch schwer damit, sie diesen Wettbewerbern zur Verfügung zu stellen. Denn damit ist auch die Vertriebsmacht der Bahn verbunden.
Hier sind vor allem die Behörden gefragt. Sie müssen den freien Zugang zu den Daten durchsetzen. Hier können Verbraucher von Wettbewerb profitieren, etwa durch günstigere Angebote. Einer Zerschlagung des Konzerns bedarf es dafür nicht. Das ließe sich später im Rahmen einer großen Bahnreform erörtern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen