Warnstreiks bei der Bahn: 80 Prozent des Fernverkehrs gestört

Der Ausstand der Lokführergewerkschaft trifft am Morgen etwa 14 Prozent der Menschen in Deutschland. Wann weiter verhandelt wird, ist unklar.

Ein einsamer Reisender mit Rollkoffer in leerem Gang

An vielen Bahnhöfen – wie hier am Kölner Hbf – blieben die Reisenden auf sich allein gestellt

Berlin dpa/afp | Leere Bahnsteige, kaum Züge: Der Warnstreik der Lokführergewerkschaft GDL hat am Donnerstag den Verkehr der Deutschen Bahn empfindlich gestört. Bahn-Sprecher Achim Stauß sagte am Morgen, der Notfahrplan sei angelaufen. Dieser sieht unter anderem vor, dass nur rund 20 Prozent der eigentlich geplanten Fernverkehrsfahrten angeboten werden. Im Nahverkehr gebe es jedoch einzelne Regionen, in denen die Deutsche Bahn „überhaupt nicht fahren“ könne. Die Bahn rief erneut dazu auf, für Donnerstag geplante Fahrten wenn möglich zu verschieben.

Der Warnstreik hatte am Mittwochabend begonnen und soll am Donnerstag bis 18.00 Uhr andauern. Auch danach werde der Verkehr „nicht gleich perfekt“ wieder laufen, sagte Stauß. Priorität des Konzerns sei, am Freitag „planmäßig in den Verkehr zu starten“. Dann sollen „alle Züge da sein, wo sie hingehören“. Der Freitag sei ein besonders nachfragestarker Tag, dazu kämen Fahrgäste, die ihre Fahrt wegen des Streiks auf Freitag verschoben hätten.

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov vom Mittwoch zufolge betrifft der Warnstreik 14 Prozent der Menschen in Deutschland. 79 Prozent der Befragten seien nicht betroffen, 7 Prozent hätten keine Angaben gemacht, teilte YouGov am Donnerstag mit. Die Umfrage sei repräsentativ für die Bevölkerung ab 18 Jahren.

Die Regionen waren unterschiedlich betroffen. Am Donnerstagmorgen waren beispielsweise in Nordrhein-Westfalen einzelne Stellwerke nicht besetzt – damit hat dort der Warnstreik auch Auswirkungen auf andere Eisenbahnunternehmen, da ohne Fahrdienstleiter ganze Streckenabschnitte nicht befahren werden können. Für Berlin und Brandenburg teilte ein Sprecher mit, dass auf einzelnen Strecken Ersatzbusse eingesetzt werden. Die Kapazitäten eines Zuges können so aber nicht eins zu eins ersetzt werden. Im Güterverkehr dürften die Folgen des Ausstands ebenfalls weitreichend sein.

555 Euro mehr gefordert

Der Warnstreik ist die erste Eskalationsstufe des jungen Tarifkonflikts zwischen der GDL und der Deutschen Bahn. Beide Seiten haben bisher erst einmal verhandelt. Die eigentlich für Donnerstag und Freitag geplante zweite Verhandlungsrunde hatte die Bahn abgesagt, nachdem die GDL den Warnstreik angekündigt hatte. „Entweder man streikt, oder man verhandelt. Beides gleichzeitig geht nicht“, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler.

Die GDL fordert in den Verhandlungen 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Als Kernforderung will sie zudem eine Absenkung der Arbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich durchsetzen. Das ist für die Bahn bislang der Knackpunkt. Sie bezeichnet die Arbeitszeitverkürzung als unerfüllbar und verweist dazu auch auf den Fachkräftemangel. Mit einer geringeren Wochenarbeitszeit müssten deutlich mehr Menschen eingestellt werden.

DB-Personalvorstand Seiler bot in der ersten Verhandlungsrunde eine Entgelterhöhung von elf Prozent bei einer Laufzeit von 32 Monaten sowie die geforderte Inflationsausgleichsprämie an. Zur Arbeitszeit machte der Konzern aber kein Angebot. Trotzdem einigten sich beide Seiten auf weitere Verhandlungstermine, zunächst im Wochentakt. Wann die Tarifpartner nach der Absage für diese Woche nun wieder zusammenkommen, ist offen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.