ZDF-Serie scheitert an Nazi-Satire: Lautes Faschismustheater

Nazis mit Humor das Handwerk zu legen, klingt nach einer guten Idee. Doch in „Freiheit ist das einzige, was zählt“ funktioniert es leider nicht.

Eine Frau sitzt am Tisch mit einem Glas Wasser

Hans (Bibiana Beglau) rekrutiert neue Bürger für sein Königreich auf einem Ausflugsschiff am Rhein Foto: Niren Mahajan/ZDF

Den Nazis mit den Mitteln der Unterhaltung das Handwerk zu legen, das ist im Grunde eine hervorragende Idee. Chaplin konnte das, in dem er Hitler zu einem Wettstreit der massenmedialen Entertainer herausforderte und den Diktator gnadenlos an die Wand spielte. Ernst Lubitsch oder Michael Curtiz verstanden es, die ­Nazis auf dem Feld der Screwball Comedy oder des Melodrams Schachmatt zu setzen.

Tarantino mobilisierte gleich die gesamte Schauanordnung Kino gegen Hitler und sprach in Erinnerung an die nach Hollywood geflohenen jüdischen Filmemacher vom „Gesicht der jüdischen Rache“. Wie gesagt, eine hervorragende Idee, in Deutschland allerdings immer noch ein schwieriges Unterfangen.

Hierzulande dreht man entweder Big-Brother-Material aus dem Führerbunker wie „Der Untergang“, bei dem das Publikum mit wohligem Schauer vor einem tattrigen Hitler niederknien darf. Oder man verzapft unerträglichen Schmarrn wie den Mehrteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“, in dem Sündenstolz und Selbstentlastung einander die Hand reichen.

Nun ein neuer Versuch. Unter dem Titel „Freiheit ist das Einzigste, was zählt“ nimmt sich Regisseur Jan Bonny nun die Rechten der Gegenwart vor, taucht mit seiner „satirischen Instant-Fiction“ ein in das Milieu der Reichsbürger, die sich auf einer Burg am Rhein verschanzt haben und den Umsturz planen. Das Format der Instant-Fiction, so erläutert das ZDF, solle „ak­tuel­len gesellschaftlichen Themen schnell und präzise fiktional begegnen“. Das ist einfacher gesagt als getan.

„Freiheit ist das Einzigste, was zählt“ alle Episoden in der ZDF-Mediathek

Schwarz-weiß mit ruppiger Kamera

In lose verknüpften Miniaturen, eingefangen in körnigen Schwarz-Weiß-Bildern einer ruppigen Handkamera, bringt Bonny seinem Publikum den mühseligen Alltag unter den Nationalrevolutionären nahe. Anführerin Hans (Bibiana Beg­lau), der kunstbeflissene Georg (Thomas Schubert), die Ökorechte Freya (Thekla Viloo Fliesberg) und einige andere streiten über Ideologie, Logistik und bechern Schnaps um die Wette.

Zwei Dinge sind es, die Bonny richtig macht: Er porträtiert die Bandbreite der Reichsbürger recht akkurat: Waldorfpädagogen, Esoteriker, Wehrmachtfanatiker, bildungsbürgerliche Rechte, der Antisemitismus vereint sie alle. Und dann dieses spezifisch deutsche Saufen, dieser dumpfe, völlig enthemmte Alkoholrausch der Figuren, der Bilder evoziert von SA-Männern, die grölend mit ihren Bierkrügen auf die Tischplatte hämmern. Der österreichische Schauspieler Thomas Schubert schlägt sich dabei am besten, er ist es auch, der die besseren unter den Pointen einwirft: „Ohne Krieg kein Beuys!“

Ästhetisch läuft das leider, trotz spannender Kameraführung, wieder nur auf ein Big-Brother-Konzept hinaus. Zum grundlegenden Problem wird der Serie ihre bewusste Tuchfühlung mit den Figuren, die weitestgehend auf Außenperspektiven verzichtet und dabei magisches Denken mit Ideologiekritik verwechselt. Als würden rechte Weltanschauungen freundlicherweise von selbst kollabieren, wenn man ihre Verfechter nur lange genug schwadronieren lässt.

Wenn das R gerollt wird

Abgesehen von Schubert spielen die meisten im Cast ein lautes Faschismustheater. Viele Szenen gipfeln darin, dass das R gerollt, gegen und miteinander geschrien oder salutiert wird. Da helfen auch ein paar eingestreute Zitate von Adorno oder Klaus Theweleit nicht.

In der Mitte der sechsteiligen Serie sagt die erschöpfte Führerin Hans einmal den bezeichnenden Satz: „Ich glaub, die Deutschen mögen uns gar nicht. Die können mit unserer Revolution gar nichts anfangen.“ Eine kaum verhohlene Selbstgratulation, nicht nur an die eigene Serie, sondern auch an das Gros der Zuschauer. Das Problem solcher Beglückwünschungen ist allerdings nicht nur, dass sie unfein wirken. Meist kommen sie auch verfrüht.

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