Wortwahl „Nazinotstand“: Dresdens OB distanziert sich
Dirk Hilbert, Oberbürgermeister von Dresden, kritisiert den Begriff „Nazinotstand“. Der Stadtrat hatte einen Beschluss unter diesem Namen gefasst.
In dem Beschluss argumentierten die Stadträte, dass „antidemokratische, antipluralistische, menschenfeindliche und rechtsextremistische Einstellungen und Taten bis hin zu Gewalt in Dresden immer stärker offen zutage treten“. In der Öffentlichkeit seien Gegenstimmen zum Rechtsruck zu wenig sichtbar.
Den Beschlussvorschlag hatte Max Aschenbach von der Satirepartei Die Partei in das Stadtparlament eingebracht. „Diese Stadt hat ein Problem mit Nazis“, sagte der Stadtrat in seiner Rede zur Initiative und verwies unter anderem auf die Pegida-Bewegung. Sein Vorschlag war nach Debatten mit anderen Fraktionen noch geändert worden, die sich an der Begrifflichkeit „Nazinotstand“ rieben.
Der FDP-Stadtrat Holger Hase sagte, ein solches Signal sei auch mit Blick auf die Kulturhauptstadtbewerbung für 2025 kaum hilfreich. Die Freien Wähler erinnerten daran, dass Notstandsverordnungen demokratische Grundrechte einschränkten. Die CDU sprach von „reiner Symbolpolitik“ und einem „sprachlichen Missgriff“.
Keine Beteiligung an „sprachlicher Eskalation“
Der Oberbürgermeister sagte der Deutschen Presse-Agentur, der gewählte Begriff sei in einer Art und Weise populistisch, die dem eigentlichen Anliegen nicht gerecht werde. Wenn sich der Stadtrat damit selbst verpflichte, jetzt viel stärker zu handeln und Präsenz zu zeigen, dann könne er das nur begrüßen, sagte Hilbert. Der Titel sei aber nicht geeignet, das Thema zu beschreiben.
Hilbert will sich nach eigenen Worten nicht an sprachlichen Eskalationen beteiligen. Es sei erschreckend, dass in den vergangenen Jahren die Gewalt und der Fanatismus in der rechtsextremen Szene stark zugenommen hätten. Das gelte aber nicht nur für Dresden und Sachsen, sondern auch für Deutschland und Europa.
Der Politiker räumte ein, dass Dresden in puncto Rechtsextremismus stärker in der öffentlichen Wahrnehmung stehe als andere Städte: „Das hat uns gezwungen, sich viel intensiver mit dem Problem auseinanderzusetzen.“ Er könne seine Amtskollegen nur immer wieder davor warnen, die Lage zu unterschätzen. Die rechte Szene sei in der Lage, sich unheimlich schnell zu organisieren: „Wer sich da in einer vermeintlichen Sicherheit wiegt, kann schnell überrascht werden.“
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell