Wohnungsbündnis für Berlin: Neubau, aber schnell und bezahlbar
Ein neues Bündnis will den Wohnungsneubau in Berlin vorantreiben und so Mietsteigerungen stoppen. Der Mieterverein bezweifelt, dass das klappt.
Grund für die Verspätung könnte ein Streit unter den zahlreichen Teilnehmer:innen gewesen sein. Davon hatte zuerst der Tagesspiegel berichtet. Am Freitag sollte eine gemeinsame Erklärung der Bündnispartner verabschiedet werden. Der Text war am Donnerstag offenbar bereits an Journalist:innen verschickt worden, was vor allem Grüne und Linke verärgert hatte, da sowohl der Versand als auch der Inhalt der Erklärung nicht abgesprochen gewesen sein sollen. Die gemeinsame Erklärung für Freitag wurde daraufhin gestrichen. Nun soll der Text überarbeitet und in der nächsten Sitzung am 21. Februar diskutiert und verabschiedet werden.
Es sei „ganz normal, dass alle, die am Tisch sitzen, ihre Themen einbringen“, sagte Giffey. Und fasste zusammen, worauf man sich bisher geeinigt habe: „Wir wollen die Berliner Mischung erhalten, die Bestandsmieten sichern und den CO2-Ausstoß reduzieren.“ Drei Arbeitsgruppen sollen sich mit Neubau und Modernisierung, Mietenentwicklung und Mieterschutz sowie Bauqualität und nachhaltigem Bauen befassen.
Jedes einzelne Bauvorhaben anschauen
Laut Geisel seien dafür alle laufenden Bauvorhaben evaluiert worden. Von derzeit 66.000 erteilten Baugenehmigungen seien 38.000 Vorhaben tatsächlich im Bau. „Was ist mit den anderen 28.000? Da müssen wir uns kümmern. Wir müssen uns jedes einzelne Bauvorhaben anschauen“, sagte Geisel.
Vor dem Roten Rathaus, in dem das prominente Treffen stattfand, demonstrierte derweil eine Gruppe in violetten Westen: das Bündnis Deutsche Wohnen und Co ereignen. Das war nicht zur Auftaktsitzung eingeladen worden. Sprecher Rouzbeh Taheri verfolgte die Pressekonferenz im Livestream. „Das waren vor allem schöne Worthülsen. Solche haben wir in den vergangenen zehn Jahren immer wieder gehört. Gefolgt ist daraus nie etwas“, sagte er der taz. Die Mehrheit der Berliner:innen habe sich für eine Enteignung der großen Wohnungskonzerne ausgesprochen. Der Senat habe einen klaren politischen Auftrag und müsse diesen nun umsetzen.
Vorbild Hamburg?
Vorbild der neuen Senatsinitiative ist ein ähnliches Bündnis in Hamburg. Der Mieterverein zweifelt allerdings an der Vorbildfunktion – und ließ die Wohnungsmärkte an Spree und Elbe vergleichen. Die Studie kam zu dem Schluss, dass die Neubauvorhaben in Hamburg den Wohnungsmarkt nicht erkennbar entspannt haben. Die Mietentwicklung in beiden Städten zeige einen deutlichen Anstieg der Angebotsmieten. „Dass die Neubautätigkeit die Mietsteigerungen dämpft, ist nicht sichtbar.“ Wild sieht deshalb „keinen Hinweis darauf, auf den Mieterschutz verzichten zu können“.
Die Berliner Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger, Sprecherin für Wohnen, sagte der taz, Hamburg zeige, dass Neubau leistbar sein müsse. „Wir haben ausreichend teure Eigentumswohnungen, wir brauchen niedrig- und mittelpreisige Mietwohnungen.“
Katalin Gennburg, Sprecherin für Stadtentwicklung der Linksfraktion, sagte: „Ich prophezeie, dass das Mietenbündnis zwar schöne Bilder produzieren wird, aber ansonsten für die Mieter:innen in Berlin im wesentliche heiße Luft bringt.“ Die SPD solle sich lieber im Bund für einen bundesweiten Mietendeckel und die Stärkung des kommunalen Vorkaufsrechts einsetzen.
Bis Ende Juni soll das Berliner Bündnis stehen. Bis dahin sollen, so Giffey, alle Partner Konzepte vorlegen, „welchen Beitrag sie leisten werden“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist