Wohnungsbau in Hamburg: Der Trend geht zur großen Wohnung
Die Bilanz des Wohnungsneubaus im vergangenen Jahr sieht in Hamburg trotz Krieg und Krise nicht schlecht aus. Doch der Neubau geht am Bedarf vorbei.
Die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Karen Pein (SPD), nannte das Ergebnis „erfreulich“ und sagte: „Ich bin froh, dass wir trotz der erschwerten Rahmenbedingungen diese Zahl erreichen konnten. Dafür danke ich allen Beteiligten am Bündnis für das Wohnen sehr.“ Das Bündnis für das Wohnen, das aus Vertreter*innen des Senats, der Bezirke und der privaten Wohnungswirtschaft besteht, wird mittlerweile als bundesweites Vorbild gehandelt – trotz des massiv angespanntes Wohnungsmarktes in nahezu allen Stadtteilen.
Immerhin: Im Vergleich zu 2021 stellt die Anzahl der im letzten Jahr fertiggestellten Wohnungen ein Plus von 17,8 Prozent dar. Von den hamburgweit 9.234 neuen Wohnungen sind 2.430 gefördert, unterliegen also einer sozialen Mietpreis- und Belegungsbindung. Das entspricht einem Anteil von 26,3 Prozent – auch damit verfehlt der Senat sein Ziel von einem Drittel geförderter Wohnungen.
Hinzu kommt: Auf die Fläche gerechnet ist der Anteil an sozialem Wohnungsneubau verschwindend gering. Von insgesamt 770.100 Quadratmetern Neubau stehen nur 148.719 Quadratmeter für förderberechtigte Mieter*innen zur Verfügung.
Linke spricht von „billigen Tricks“
Die Linksfraktion sprach zudem von „billigen Tricks“, mit denen die Zahlen geschönt worden seien. Denn nicht alle geförderten Wohnungen seien klassische Sozialwohnungen mit einer Anfangsmiete von 6,90 pro Quadratmeter – dies treffe lediglich auf 1.986 Wohnungen zu. Die restlichen 444 seien Wohnungen des zweiten Förderwegs mit Anfangsmieten von neun Euro pro Quadratmeter. Was allerdings für Hamburg immer noch sehr billig ist.
Die Mietervereine weisen immer wieder darauf hin, dass jedes Jahr mehr Sozialwohnungen aus der Preisbindung fallen als neue hinzukommen. 2022 gingen 2.511 Sozialwohnungen in den freien Wohnungsmarkt über, gab die Stadtentwicklungsbehörde auf taz-Nachfrage an. Mit anderen Worten: Hamburg verlor im vergangenen Jahr 81 Sozialwohnungen.
Das Statistikamt Nord, das die Neubauzahlen am Dienstag veröffentlichte, stellte außerdem einen Trend zur immer größeren Wohnung fest. Die durchschnittliche Größe der neu geschaffenen Wohnungen stieg im Vergleich zum Vorjahr von 74,9 auf 81,7 Quadratmeter. Dabei sind, wie für Großstädte üblich, die meisten Wohnungen Einpersonenhaushalte – gefolgt von Zweipersonenhaushalten. Ob ein Singlehaushalt unbedingt 81 Quadratmeter haben muss, wirkt angesichts der Wohnraumknappheit zumindest fragwürdig.
„Es wird immer noch am Bedarf vorbei gebaut“, sagt dazu Sylvia Sonnemann, die Geschäftsführerin des Mietervereins Mieter helfen Mietern. Das Motto „bauen, bauen, bauen“ sei nicht die ultimative Lösung. Man dürfe nicht die Frage aus den Augen verlieren, wer baue – und für wen. Auch der Sozialverband Hamburg warnte davor, dass beim Bauen nicht auf den realen Bedarf geachtet werde.
Sozialverband warnt vor Katastrophe
„Mehr als die Hälfte der Senior*innen bezieht eine Rente von höchstens 1.000 Euro“, sagt Klaus Wicher, Landesvorsitzender des Sozialverbands. Hinzu komme ein steigender Bedarf an barrierefreien Wohnungen im Alter. „Da ist die Katastrophe programmiert, wenn nicht sofort entsprechende Maßnahmen ergriffen werden“, sagt Wicher.
Der Senat setzt eher auf breite Förderung. Stadtentwicklungssenatorin Pein hatte im Januar bekanntgeben müssen, dass im vergangenen Jahr wesentlich weniger Baugenehmigungen erteilt wurden, als der Senat sich zum Ziel gesetzt hatte. Pein erhöhte daraufhin den Fördertopf für das Bauen um zwölf Prozent. Zudem können sich Investor*innen über extrem niedrige Kreditzinsen freuen.
Doch dass Bauen nicht alles ist, scheint auch auf Senatsebene angekommen zu sein. „Beim Schutz der Mieterinnen und Mieter muss nachgebessert werden“, sagte Pein am Dienstag. Der Senat hat beschlossen, zusammen mit Bremen eine Bundesratsinitiative gegen die Umgehung der Mietbremse durch die Vermietung möblierten Wohnraums einzubringen. Durch das Bereitstellen etwa eines Bettes und eines Stuhls hebeln Vermieter*innen immer wieder die Mietbremse aus.
Damit soll nach dem Antrag von Hamburg und Bremen bald Schluss sein. Bei Vermietungen über sechs Monaten und Kettenverträgen, also mehreren Kurzzeitverträgen zwischen denselben Parteien, soll die Möblierung nicht mehr als Alibi für Mondpreise herhalten.
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