Wohnungs- und Obdachlosigkeit: Mehr Menschen ohne Unterkunft
Laut einer Schätzung wächst die Zahl der Wohnungslosen. Eine andere Baupolitik und mehr Sozialarbeiter*innen könnten Abhilfe schaffen.
Nach wie vor machen dabei Flüchtlinge etwa zwei Drittel der Betroffenen aus. Auf sie geht auch der starke Anstieg der Jahresgesamtzahlen zurück, ihre Zahl wuchs um knapp sechs Prozent. Die Anzahl der Wohnungslosen ohne Fluchthintergrund stieg von 2017 auf 2018 ebenfalls, allerdings um etwas weniger dramatische 1,2 Prozent. Die Unterscheidung ist bedeutsam, weil die Geflüchteten zwar wohnungslos, deshalb aber in staatlichen Heimen untergebracht sind. Ins „klassische“ Bild von Menschen, die keine Wohnung besitzen, passen sie deshalb nicht.
Aber auch die Straßenobdachlosigkeit, wie man sie in den Großstädten oft beobachten kann, ist nicht beispielhaft für die Erfahrung der meisten Wohnungslosen. „Nur“ 41.000 Menschen schliefen 2018 tatsächlich auf der Straße. Die restlichen rund 200.000 Betroffenen – ohne anerkannte Flüchtlinge – hatten zwar zeitweise oder auch dauerhaft keine Wohnung, übernachteten aber nicht unter freiem Himmel, sondern kamen in kommunalen Einrichtungen unter.
Laut Sabine Bösing, stellvertretende Geschäftsführerin der BAG, sind insbesondere junge Erwachsene und Alleinerziehende davon bedroht, ihre Wohnung zu verlieren. Besonders hart: „Acht Prozent der Wohnungslosen sind minderjährig“, so Bösing. Dass die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland weiter steigt, nennt sie eine „Misere“ und fordert, dass die Politik handelt: „Der soziale Wohnungsbau muss wieder angekurbelt werden.“ Außerdem sei Präventionsarbeit wichtig. „Es müssen mehr Fachstellen zur Verhinderung von Wohnungsverlusten geschaffen werden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen