Wissenschaftliche Politikberatung: Zukunftslabor für Olaf Scholz
In einer Studie machen Forscher Vorschläge, wie die „strategische Vorausschau“ in der Politik verbessert werden kann. Ihr Rat: ein Zukunftslabor.
Zentrale Aussage der Fraunhofer-Untersuchung ist: Die handelnde Politik – zumeist getrieben von tagesaktuellen Krisen – hat deswegen die langfristigen Entwicklungslinien so wenig im Blick, weil es im Regierungsapparat an „Übersetzungs-Institutionen“ fehlt, die wissenschaftliche Warnungen in entscheidungsreife Kabinettsvorlagen umformulieren können. Die Potenziale zur wirksamen Zukunftsgestaltung blieben deshalb „ungenutzt, weil Kapazitäten und Kompetenzen, Reflexionsräume und Mechanismen zum Einspeisen der Ergebnisse in das Regierungshandeln fehlen“, heißt es in der Studie, an der auch die Uni Kassel beteiligt war.
Zur Behebung dieses Defizits werden drei Optionen vorgeschlagen. Die weitestgehende ist das „Zukunftslabor der Bundesregierung“, das mit 20 bis 40 Experten, abgeordnet aus den Ministerien, in der Machtzentrale des Kanzleramt angesiedelt ist. Sie bleiben aber nicht unter sich, sondern arbeiten mit „Fellows“ zusammen, „die aus Wissenschaft und Praxis rekrutiert werden“.
Das Zukunftslabor soll dann Beiträge für Sitzungen und Klausuren des Kabinetts liefern und die Ressorts mit Methodenberatung unterstützen. Die Einheit werde „kooperativ gesteuert, ist aber in seiner Arbeit unabhängig“, so die Vorstellung der Karlsruher Innovationsforscher. Auf diese Weise, so das Ziel der „strategischen Vorausschau“ (SV), könne der Weg bereitet werden „für eine vorsorgende, innovative und transformative Politik, die schwelende Themen und Krisen frühzeitig erkennt und proaktiv aufgreift und auch komplexe Querschnittsherausforderungen kompetent adressiert“, formuliert es die Studie.
Sehr lehrreich sind die Erfahrungen aus anderen Nationen, wo das SV-Instrument bereits zum Einsatz kommt: von Kanada über Finnland, Großbritannien und Spanien bis nach Singapur. Eine zentrale Erkenntnis in Kanada war, dass die Zukunftsthemen „in die Köpfe der Regierungsbeamten gelangen“ müssen.
In Finnland wird dies unter anderem durch den „Ausschuss für Zukunftsfragen“ im Parlament geleistet. Die Abgeordneten gingen sehr gerne in dieses Gremium, und viele von ihnen sähen „das Committee for the Future als den besten Teil ihrer Arbeit an“. Gelangen sie in Regierungsfunktionen, nehmen sie dieses Wissen mit. Vier finnische Premierminister waren zuvor im diesem Ausschuss tätig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands