Wirtschaftsminister in Saudi-Arabien: König lässt Gabriel abblitzen
Sigmar Gabriel sieht keine schnelle Lösung im Fall des Bloggers Badawi. Die Grünen fordern einen Stopp aller Waffenexporte, die Union will liefern.
![](https://taz.de/picture/60893/14/gabrielbeidensaudis.jpg)
BERLIN taz | Eineinhalb Stunden dauerte das Treffen mit König Salman. Dass dies kein leichtes Gespräch werden dürfte, so viel war dem deutschen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) schon vor seinem Abflug nach Riad klar. Schwer genug, sich einerseits für die Interessen der deutschen Wirtschaft einzusetzen – und andererseits die Lage der Menschenrechte anzusprechen und zu begründen, warum die Bundesregierung auf Druck seiner Partei gerade den Export von Rüstungsgütern in das Königreich eingeschränkt hat.
Kurz vor seiner Abreise hatte sich der Druck von allen Seiten noch einmal erhöht. Eine Gruppe von Demonstranten übergab Gabriel noch am Flughafen eine Onlinepetition mit 1,1 Millionen Unterschriften und einen Brief der Ehefrau des inhaftierten Bloggers Raif Badawi, der wegen seiner Kritik am Herrscherhaus zu tausend Stockhieben sowie zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war. Noch vor seinem Treffen mit König Salman verurteilte Gabriel das Urteil in scharfer Form. Nach dem Gespräch zeigte er sich dann aber pessimistisch, was eine rasche Freilassung des Bloggers betrifft.
Schon vor Gabriels Eintreffen hatte Saudi-Arabien klargemacht, es akzeptiere „keine Form der Einmischung in seine inneren Angelegenheiten“. Explizit wandte es sich gegen „die Medienkampagne um den Fall Raif Badawi“ und sprach von einen „Angriff auf die Unabhängigkeit“ der saudischen Justiz.
Badawis Schicksal bewegt die weltweite Öffentlichkeit seit Wochen. Grüne und Linke forderten Gabriel mehrfach auf, sich für seine Freilassung einzusetzen. Die Grüne Claudia Roth nennt das Königreich sogar einen „Top-Terror-Exporteur des Nahen Ostens“ und fordert einen kompletten Stopp aller Waffenexporte.
Rüstungsexporte im Wert von 110 Millionen Euro
Ganz anders die Union: Deutschland müsse alles tun, um Riad zu unterstützen, erklärte deren wirtschaftspolitischer Sprecher Joachim Pfeiffer (CDU) – und dazu gehörten nun mal auch Waffenexporte. Fraktionschef Volker Kauder (CDU) behauptete gar, europäische Partner wie die Franzosen äußerten wegen Gabriels Kurs schon erste Zweifel an der Zusammenarbeit mit deutschen Rüstungsfirmen.
Auf Gabriels Betreiben hatte der Bundessicherheitsrat im Januar den Export tödlicher Waffen ins Königreich fürs Erste gestoppt. Nur noch Ausrüstung für Übungszwecke wie Schießsimulatoren oder militärische Software darf weiter geliefert werden. Trotzdem wurden allein im Januar Rüstungsexporte im Wert von 110 Millionen Euro nach Saudi-Arabien genehmigt. 2014 stand Riad mit Ausfuhren im Wert von 209 Millionen Euro auf der Liste der Länder, die deutsche Waffen kaufen, auf Platz sechs.
Neben Saudi-Arabien bereist Gabriel danach auch Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Die deutschen Exporte in die Region sind im vergangenen Jahr um zehn Prozent auf insgesamt 22,5 Milliarden Euro gestiegen.
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