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Wildfluss VjosaNationalpark in Albanien eröffnet

Der Wildfluss Vjosa hat nun den höchsten Schutzstatus. Dafür haben Umweltaktivisten lange gekämpft.

Der Fluss Vjosa in Barataj, Albanien Foto: Florion Goga

SARAJEVO taz | Der albanische Fluss Vjosa ist nach mehr als zehn Jahren Kampagne offiziell zum Nationalpark erklärt worden. Trotz der schon weit gediehenen Pläne internationaler Investoren, die Vjosa mit Staudämmen zu „zähmen“, ist es Umweltschützern gelungen, die albanische Regierung umzustimmen. Jetzt habe der noch frei fließende Fluss, der in Griechenland entspringt und mit seinen Nebenflüssen ein einmaliges Flusssystem bildet, den höchst möglichen Schutz, sagten die Umweltschützer von EcoAlbania, Riverwatch, EuroNatur und der griechischen MedINA, die sich am Mittwoch zu einer Feier in Tepelena am Mittellauf des Flusses eingefunden hatten. Jetzt werde auch das Überleben von unzähligen Tier- und Pflanzenarten gesichert.

Selbst Albaniens Präsident Edi Rama feierte gemeinsam mit den Umweltschützern. Doch all die Jahre war das Verhältnis von Politik und Ökologen keineswegs so entspannt. Olsi Mika, führendes Mitglied von EkoAlbania, war von Beginn des Kampfes an dabei und musste Diffamierungen und Bedrohungen ertragen. Die Idee, den Fluss in einen Nationalpark zu verwandeln, stieß auch auf Widerstand in der Bevölkerung einer armen Gesellschaft, die hungrig nach billigen Energiequellen ausschaute. Die Pläne vor allem der türkischen Investoren versprachen mit ihren riesigen Staudämmen die Nutzung von Wasserkraft und damit die Produktion von billigem Strom. Und auch die internationalen Akteure wie die EU stärkten anfänglich die Pro-Wasserkraft-Position der damaligen Regierungen, denn die Wasserkraft versprach klimafreundliche Energie.

Doch schon bald regte sich massiver Widerstand von den betroffenen Anwohnern, die um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten mussten, ganze Dörfer wären in den Fluten versunken. Die Versprechungen der Betreiber und des Staates, die Anwohner würden entschädigt, waren wenig glaubhaft, denn alle in Albanien wissen, dass so etwas nur die Taschen der Korrupten füllen würde. Der Widerstand der Anwohner wuchs, weil es gelang, den Protest gemeinsam mit den städtischen Ökologen zu organisieren. Zudem war es sehr wichtig, dass Organisatoren wie Riverwatch logistisch Hilfe leisten konnten. Das Engagement des Riverwatch-Vorsitzenden, Ulrich Eichelmann, Wissenschaftler zu Wort kommen zu lassen, machte den Konflikt nicht nur in ganz Europa publik, sondern unterfütterte den Widerstand mit gewichtigen Argumenten.

Auch die taz berichtete kontinuierlich, Gruppen der taz-Reisen in die Zivilgesellschaft besuchten die betroffene Region und trafen Umweltschützer Mika. „Auch diese Solidarität war wichtig für uns. Die wissenschaftliche und finanzielle Hilfe durch ausländische Ökologen, der sich ausbreitende Widerstand unter Künstlern und der Zivilgesellschaft, die Positionsänderung bei der EU und anderen internationalen Organisationen und die Kosten-Nutzen-Rechnung haben schließlich die Regierung und Rama umschwenken lassen“, sagte er am Donnerstag der taz.

Wind- statt Wasserkraft

Inzwischen setzt Albanien verstärkt auf die Windkraft. Der Nationalpark verspricht sanften Tourismus und den Tourismus nach Albanien grundsätzlich zu beflügeln, betonte Rama. EcoAlbania fordert aber weiterhin, Lücken zu schließen und 70 Kilometer in Griechenland ebenfalls in den Nationalpark einzugliedern.

Eichelmann kann auch stolz auf das Erreichte sein, denn für Riverwatch bedeutet dieser Erfolg Rückenwind für die Kampagnen auch in anderen Gebieten Europas. Zum ersten Mal sei fast ein gesamtes Flusssystem geschützt worden, das Konzept „Wild River National Park“ sollte möglichst bald an der Morača in Montenegro und an den Flüssen Neretva und Una in Bosnien und Herzegowina durchgesetzt werden, erklärte er.

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