Werder Bremen gegen Schalke 04: Doppelter Krimi in Bremen

Durch einen umstrittenen Elfmeter erreicht Werder gegen Schalke 04 ein 1:1. Für mehr Aufregung sorgt die Impfpass-Affäre um Ex-Trainer Markus Anfang.

Ein Spieler von Werder Bremen fliegt gerade durch die Luft, ein Spieler von schlake 04 liegt auf dem Rasen

Es war ein Kampfspiel zwischen Werder Bremen und Schalke 04 Foto: Carmen Jaspersen/dpa

BREMEN taz | Das Aufreger-Thema Fußball und Corona ist seit dem Wochenende um eine Wendung reicher. Die Erfindung der Geisterspiele, Karl-Heinz Rummenigges „Bundesliga first“-Vorschlag für die Impfkampagne, Joshua Kimmichs Impf-Verweigerung – all das verblasst hinter dem Verdacht, ein Bundesliga-Trainer könnte seinen Impfpass gefälscht haben.

Schauplatz dieses Kriminal-Stückes ist ausgerechnet das Weser-Stadion, das vierzig Jahre lang als einer der letzten Horte der Harmonie im Profi-Fußball galt. Selbst der Abstieg in die 2. Bundesliga löste hier keine nennenswerten Turbulenzen aus. Doch nun holten die Grün-Weißen den großen Vorsprung der Liga-Konkurrenten HSV und Schalke 04 in den Disziplinen Chaos, Drama und Skandale binnen zweier Tage ein.

Am späten Donnerstagabend teilte der Verein mit, dass die Staatsanwaltschaft gegen Trainer Markus Anfang Ermittlungen eingeleitet hatte. Er solle dem Gesundheitsamt ein gefälschtes Impfzertifikat vorgelegt haben. In der gleichen Erklärung wies Anfang die Vorwürfe zurück. Am Freitagmittag stärkte Sportchef Frank Baumann dem Trainer den Rücken, am Abend rückte dann die Polizei im Weserstadion an und forderte die Impfpässe von Anfang und seinem Co-Trainer Florian Junge.

Business as usual ist unmöglich

„Dort wurde uns eine sehr klare Indizienlage übermittelt“, sagte Werders Vorstandschef Klaus Filbry, ohne Details zu nennen. Nach Angaben mehrerer Medien sollen im Nachweis des Trainers die Chargennummer des Impfstoffs und ein Impfdatum unstimmig sein. Noch in der Nacht baten Anfang und Junge um die Auflösung der Verträge.

Niclas Füllkrug, Spieler bei Werder Bremen

„Falls sich die Vorwürfe bewahrheiten sollten, wäre die persönliche Enttäuschung riesig“

Das alles passierte vor einem Spiel, das sportlich wieder Aufstiegseuphorie wecken sollte und in dem der Gegner unter Flutlicht vor ausverkauftem Haus Schalke 04 hieß. Das, was sich dann im Stadion abspielte, erinnerte an eine der Parallelhandlungen, wie sie in TV-Krimis gerade sehr beliebt sind.

Die Stadionregie bemühte sich zunächst mit Gewinnspielen und Promi-Interviews um Business as usual. Das erste Zeichen setzten die Fans, als die Mannschaftsaufstellung verlesen wurde und der kurzfristig vom Co- zum Cheftrainer beförderte Daniel Zenkovic den größten Applaus bekam. Anschließend zeigten die Ultras, dass sie in der Zeit der Geisterspiele nichts von ihren choreografischen Fähigkeiten verlernt haben. Die gesamte Ostkurve verschwand unter einem einzigen Tuch, auf dem in Riesenlettern unter anderem „Magico Werder“ und „Our will is unbreakable“ zu lesen war.

Auf dem Rasen entwickelte sich ein abwechslungsreiches Kampfspiel, das von zwei leidenschaftlichen Fan-Lagern befeuert wurde – auf Bremer Seite mit einer deutlichen „Jetzt erst recht“-Botschaft. Das Tempo nahm in der zweiten Halbzeit noch zu, da beide Teams die Stellungen im Mittelfeld weitgehend auflösten und die Angriffswellen sich abwechselten – mit den besseren Chancen für die Gastgeber. „Wenn wir da einen kühlen Kopf bewahren, wäre ein Sieg heute auch verdient gewesen“, sagte Stürmer Marvin Ducksch. Taten sie aber nicht und so wurde die Schlussphase zum sportlichen Krimi.

Erst konnte Werder-Keeper Jiri Pavlenka einen Gewaltschuss des eingewechselten Rodrigo Zalazar nur zu Simon Terodde abklatschen, der per Kopf abstaubte. Werder drängte auf den Ausgleich und erhielt in der achten Minute der Nachspielzeit von Tobias Stieler per Videobeweis einen Elfmeter zugesprochen, den Niclas Füllkrug sicher verwandelte. Die Schalker fühlten sich um den Sieg „betrogen“ (Sportchef Peter Knäbel) – ein Wort, das an diesem Wochenende in Bremen Hochkonjunktur hatte.

Im anderen Film ist Werders Sportchef Frank Baumann, der Markus Anfang laut eigener Aussage nach einem „professionellen Recruiting-Prozess“ eingestellt hatte, wieder auf Trainersuche. Am häufigsten wird der Name „Ole Werner“ genannt, der erst vor zwei Monaten bei Werders nächstem Gegner Holstein Kiel aus sportlichen Gründen zurückgetreten war.

Für Werder ist „die Akte Markus Anfang“ laut Klaus Filbry „geschlossen“. Für die Staatsanwaltschaft gilt das nicht. „Falls sich die Vorwürfe bewahrheiten sollten, wäre die persönliche Enttäuschung riesig“, sagte Torschütze Füllkrug.

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