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Sechster Zweitligasieg in FolgeDank an den Mann vom Amt

Werder Bremen hat seinen Tiefpunkt überwunden. Der neue Trainer Ole Werner lässt Leistungsträger mitentscheiden und führt das Team von Sieg zu Sieg.

Nach dem sechsten Sieg in Folge: Trainer Ole Werner Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Bremen taz | Als Werder Bremen Mitte November den Vertrag mit seinem damaligen Trainer Markus Anfang auflöste, weil dieser mit einem gefälschten Impfpass erwischt worden war, hatte der Klub einen neuen Tiefpunkt erreicht. Erst der Abstieg, dann finanzielle Probleme und nun auch noch ein Betrugsskandal um den wichtigsten Angestellten. Zudem drohte die Mannschaft in der Tabelle den Anschluss an die Spitze zu verlieren.

Elf Wochen später erscheint dieser Moment allerdings als Wendepunkt zum Guten – und nicht wenige Fans bedanken sich innerlich bei dem Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, der den Impfbetrug entdeckte.

Denn seit Ole Werner, der mit Holstein Kiel den Aufstieg in der vergangenen Saison knapp verpasste, auf der Trainerbank sitzt, haben die Grün-Weißen sechsmal in Folge gewonnen und belegen nach dem 2:1-Sieg gegen den Karlsruher SC am Samstag punktgleich mit dem FC St. Pauli den dritten Tabellenplatz. In der Stadt macht sich wieder Aufstiegshoffnung breit, obwohl das Wort im Klub selbst immer noch auf dem Index steht.

Der Anteil von Ole Werner am Stimmungsumschwung geht über die achtzehn Punkte, die das Team unter seiner Leitung eingefahren hat, hinaus. Seine ruhige, unaufgeregte Art passe zur Stadt und tue der Mannschaft nach den Turbulenzen der letzten Monate gut, so der allgemeine Tenor.

Was das konkret bedeutet, wurde beim Heimspiel gegen den Karlsruher SC vor allem in der Phase deutlich, als die Gäste nach dem überraschenden Ausgleich in der 59. Minute – Marvin Ducksch hatte die Bremer acht Minuten vorher verdient in Führung gebracht – plötzlich die Oberhand gewannen.

Ole Werner lässt seinen Spielern Verantwortung

Während die meisten Trainer darauf wohl mit hektischer Betriebsamkeit reagiert und ihre Mannschaft von der Seitenlinie verstärkt gecoacht hätten, sah man von Werner minutenlang erst mal nichts. Er gab den Spielern auf dem Platz die Möglichkeit, selbst nach Lösungen für die Situation zu suchen und bereitete auf der Bank in aller Ruhe die Wechsel vor, mit denen er sie dabei unterstützen konnte.

Als Erstes brachte er nicht etwa eine neue Offensivkraft, sondern wechselte auf der rechten Außenbahn für den müde gewordenen Mitchell Weise den frischen Manuel Mbom ein. Dass der dann prompt mit einer feinen Flanke den Siegtreffer von Anthony Jung vorbereitete, konnte Werner natürlich nicht vorhersehen. Dennoch steht dieser Wechsel für Werners Art, Einfluss zu nehmen. Er bombardiert die Spieler nicht mit gut gemeinten Anweisungen und Anfeuerungen, sondern sucht nach den Stellschrauben, die das bestehende System stärken.

„Meine Aufgabe ist es, die Mannschaft da abzuholen, wo sie gerade ist', sagte er Anfang des Jahres im Interview bei Sky. „Ich versuche der Mannschaft möglichst viele klare Handlungsoptionen mitzugeben – aber es darf kein Korsett sein.'‘ Im Gegensatz dazu hatte sein Vorgänger lange versucht, die Mannschaft in ein Spielsystem zu pressen, das nicht zu ihr passte.

Neben seinem Gespür für die Qualitäten des Kaders hatte der Trainer bislang allerdings auch das Glück, dass Leistungsträger wie Ömer Toprak, Niclas Füllkrug und Leonardo Bittencourt von Verletzungen verschont geblieben sind. Die braucht er, um seine Vorstellungen von Mannschaftsführung umzusetzen. „Wir haben viele Spieler mit einer Menge Erfahrung und denen ist klar, dass ich Raum dafür lasse, dass sie sich auf ihre eigene Art und Weise auf und neben dem Platz einbringen“, sagt Werner.

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