Wer sind die Huthis im Jemen?: Brandherd Rotes Meer

Die USA und Verbündete haben Huthi-Stellungen im Jemen angegriffen. Ist eine Eskalation noch abzuwenden?

Bewaffnete Männer halten Maschienengewehre in die Luft.

Neu rekrutierte Huthi-Kämpfer halten bei einer Zeremonie am Ende ihrer Ausbildung Waffen hoch und rufen Parolen Foto: Osamah Yahya/zuma press wire/dpa

Was ist geschehen?

Das Rote Meer entwickelt sich immer mehr zum Nebenschauplatz des ­Gazakriegs. Seit Wochen greifen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen vom Jemen aus Handels­schiffe an. Am Freitag antworteten die USA, Großbritannien, Aus­tra­lien, die Niederlande und Bahrain mit Militärschlägen gegen 16 Huthi-Stellungen in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa, der Hafenstadt Hudaida und der Region Saada im Nordjemen, der Hochburg der Huthis. Die drohen mit Vergeltung.

Wer sind die Huthis, und warum beschießen sie Schiffe?

Die Huthis zählen sich zusammen mit dem Iran, der Hisbollah im Libanon, der palästinensischen Hamas und den schiitischen Milizen im Irak zur „Achse des Widerstands“ gegen Israel. Sie sagen, sie beschössen Handelsschiffe, die von und nach Israel Waren transportierten oder anderweitig mit Israel in Verbindung ständen. Das hat sich zwar nicht immer als richtig erwiesen, manche der angegriffen Schiffe hatten keine Verbindung zu Israel. Aber die Huthis haben klar postuliert: Wenn der Gazakrieg aufhört, beenden auch sie ihre militärischen Operationen im Roten Meer. Grundsätzlich gibt es zwei völlig unterschiedliche Narrative. Das im Westen lautet: Die Huthis sind eine Terrororganisation, die den internationalen Schiffsverkehr bedroht. In weiten Teilen der arabischen öffentlichen Meinung steht dagegen im Vordergrund, dass die militärischen Aktionen der Huthis Druck aufbauen, den Krieg im Gazastreifen zu beenden.

Wie stark sind die Huthis?

Die Huthis sind militärisch weit unterlegen. Sie operieren aus einem der ärmsten Länder der Welt. Aber sie sind Spezialisten in asymmetrischer Kriegsführung. Das haben sie immer wieder im Krieg gegen Saudi-Arabien bewiesen, indem sie etwa Kampfdrohnen zu saudischen Ölanlagen und Flughäfen schickten. Nach neun Jahren Krieg war Saudi-Arabien schließlich so zermürbt, dass sich Riad Anfang letzten Jahres auf direkte Friedensverhandlungen mit den Huthis einließ, die bis heute laufen. Die Huthis wissen, dass sie im Jemen in einem für Gegner sehr schwierigen Terrain operieren, ähnlich wie etwa Afghanistan. Das hält auswärtige Armeen davon ab, einen Fuß in den Jemen zu setzen, und bietet den Huthis Schutz.

Wird die Lage eskalieren?

Die Huthis haben angekündigt, auf die Angriffe vom Freitag zu antworten. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass die Lage vollends eskaliert und sich zu einem Schlagabtausch zwischen den USA und dem Iran entwickelt. In Erklärungen des US-Militärs ist viel vom Schutz der Schifffahrt und den Huthis die Rede, wenig von deren Unterstützer Iran. Im Roten Meer kreuzt derzeit ein iranisches Überwachungsschiff, das die Huthis mit Informa­tio­nen über den Schiffsverkehr versorgt. Dass dieses Schiff bei den Militärschlägen am Freitag unangetastet blieb, zeigt, dass die USA zögern, iranische Militärkapazitäten direkt anzugreifen. Es gibt in Washington derzeit kein Interesse, die Militäraktionen direkt auf den Iran auszuweiten.

Was machen die arabischen Anrainerstaaten?

Interessant ist, dass sich die zwei großen arabischen Staaten am Roten Meer, Saudi-Arabien und Ägypten, nicht an den militärischen Aktionen gegen die Huthis auf jemenitischem Boden beteiligt haben. Saudi-Arabien befürchtet, dass der Krieg im Jemen wieder aufflammen könnte; man ist froh, aus dem Krieg gefunden zu haben und Friedensverhandlungen mit den Huthis zu führen. Ägypten ist nicht Teil der Koalition gegen die Huthis, obwohl es von deren Aktionen aufgrund der rückläufigen Einnahmen aus dem Suezkanal unmittelbar betroffen ist. Der Grund dafür ist die öffentliche Meinung zu Hause. Dort werden die Huthi-Operationen als Maßnahme gesehen, Druck auf Israel und seine Verbündeten auszuüben.

Wie lässt sich die Lage am Roten Meer deeskalieren?

Zwei Möglichkeiten: Man kann wie am Freitag versuchen, die Huthis militärisch zu schwächen. Unklar ist jedoch, wie erfolgreich die Schläge tatsächlich waren. Alles, was die Huthis nun tun müssen, ist, zu beweisen, dass sie zu weiteren militärischen Nadelstichen gegen die Handelsschifffahrt fähig sind. Damit ginge diese letzte Runde an sie. Die USA würden dann weiter in den Waffengang am Roten Meer hineingezogen. Die zweite Möglichkeit wäre, daran zu arbeiten, den Krieg im Gazastreifen zu beenden. Damit würde auch im Roten Meer wieder Ruhe einkehren.

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