Weltraumforschung: All unsere Fragen
Das All ist mehr als ein Hobbyraum für reiche weiße Männer, es ist ein wissenschaftliches Rätsel. 7 Fragen, auf die wir noch keine Antworten haben.
Die Weltraumforschung hat es derzeit schwer. Das Universum gilt als Hobbyraum reicher weißer Männer. Tesla-Chef Elon Musk und Amazon-Gründer Jeff Bezos entwickeln Raketen, Raumschiffe und Satelliten, schießen sie ins All und haben im Grunde denselben Traum: menschliche Siedlungen im Weltraum errichten. Das lenkt ab von den Problemen auf der Erde – und von der Forschung. Denn die berechtigte Kritik an den egoistischen Träumen der Tech-Milliardäre dämpft das Fantastische, das Unheimliche, das Unbekannte. Es geht immer weniger um ferne Galaxien, glubschäugige Wesen und kosmische Gemeinschaften. Folglich wenden sich viele enttäuscht vom Sehnsuchtsort Weltraum ab.
Doch das ist voreilig. Denn noch immer sitzen Astronom:innen weltweit an ihren Computern und hinter Weltraumteleskopen. Vieles haben sie schon herausgefunden: Wer hier eigentlich wen umkreist oder welche chemischen Elemente seit dem Urknall da sind. Vieles aber auch noch nicht: Gibt es außerirdisches Leben? Wann schlägt der nächste Asteroid ein? Und gibt es doch einen neunten Planeten in unserem Sonnensystem?
Was ist dunkle Materie?
Etwa 80 Prozent der Materie im Universum besteht offenbar aus einer unsichtbaren und bisher unbekannten Substanz, auch dunkle Materie genannt. Das erkannte zuerst der Astronom Fritz Zwicky. Seine Erkenntnisse wurden zunächst angefochten, heute gilt das Vorhandensein von dunkler Materie als gesichert. Den Physiker:innen fehlen jedoch die Beweise, worum es sich dabei handeln könnte.
Im Prinzip suchen sie nach einem neuen Teilchen, das für die unbekannten 80 Prozent verantwortlich ist. Viele glauben, dass das fehlende Elementarteilchen so klein ist, dass es bisher nicht nachgewiesen werden konnte. Inzwischen gibt es weltweit zahlreiche Experimente dazu. Doch noch tappen wir im Dunkeln.
Wann kracht der nächste Asteroid auf die Erde?
Wenn Asteroiden oder Kometen die Erdbahn kreuzen, kann es zu einer Kollision mit der Erde kommen. Besonders große Himmelskörper hinterlassen Krater auf der Erdoberfläche oder lösen beim Einschlag im Meer Flutwellen aus. Wie beim Aussterben der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren. Der Asteroid, der damals auf die Erde stürzte, hatte einen geschätzten Durchmesser von 15 Kilometern.
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Wann der nächste Asteroid oder Komet einschlägt, kann niemand genau sagen. Einen groben Anhaltspunkt für die Einschlagswahrscheinlichkeit geben die mittleren Zeitabstände zwischen den Einschlägen zweier gleich großer erdnaher Himmelskörper: 30 Meter große Asteroiden oder Kometen treffen die Erde etwa alle 1.000 Jahre, ein Kilometer große etwa alle 300.000 Jahre, so das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der letzte große Einschlag geschah mutmaßlich 1908 in Sibirien. Seismografen schlugen damals weltweit an, doch die Datenlage zum sogenannten Tunguska-Ereignis ist spärlich.
Es gibt einen weiteren Grund, warum die Vorhersage nur über die Einschlagsabstände funktioniert. Nach Schätzungen gibt es mehr als eine Million erdnaher Asteroiden und Kometen, die größer als 30 Meter sind. Davon sind laut DLR aber nur weniger als 3 Prozent bekannt. Und nur ihre Bahnen können berechnet werden. Demnach gilt: Je mehr Himmelskörper Astronom:innen entdecken und berechnen, desto besser können sie abschätzen, wann es das nächste Mal knallt.
Bis wann scheint die Sonne?
Der Mensch braucht die Sonne. Für viele Menschen in Deutschland reicht ein einziger Winter, um zu dieser Erkenntnis zu kommen. Doch die Sonne durchläuft wie alle Sterne einen Lebenszyklus. Sie entstand vor knapp 5 Milliarden Jahren, als sich eine ausgedehnte Gas- und Staubwolke unter ihrer eigenen Schwerkraft so stark verdichtete, dass in ihrem Zentrum Wasserstoffkerne verschmolzen und dabei gewaltige Energiemengen freisetzten.
Glücklicherweise ist der Wasserstoffvorrat der Sonne so groß, dass sie noch geschätzte 5 Milliarden Jahre leuchten wird. Allerdings wird die Intensität der Sonnenstrahlung immer weiter zunehmen. In 2 bis 3 Milliarden Jahren soll sie laut dem DLR so heiß sein, dass die Ozeane auf der Erde verdampfen. Es ist aber extrem unwahrscheinlich, dass der Homo sapiens das noch erleben wird.
Lässt sich die Energie aus dem All besser nutzen?
Das ist zugegebenermaßen etwas verrückt. Aber die Erde ist klein und liegt relativ isoliert im Weltall. Wenn man die Energie ganzer Sonnen nutzen könnte, wären ganz neue Formen der Zivilisation denkbar. Das dachte sich der Astrophysiker Nikolai Kardaschow. Er ging davon aus, dass jede hochentwickelte Zivilisation, die im Weltraum unterwegs ist, Energie benötigt, und klassifizierte die Energiequellen, die ihr zur Verfügung stehen. So entstand Mitte der 1960er-Jahre die Kardaschow-Skala.
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Demnach nutzt eine Zivilisation vom Typ 1 die gesamte auf ihrem Planeten verfügbare Energie. Die größte Energiequelle eines Planeten ist das Licht seines Sterns. Die Zivilisation muss also alles Licht, das auf ihrem Planeten ankommt, einfangen. Wie eine Zivilisation das schaffen soll, wusste er nicht.
Im nächsten Schritt – in einer Zivilisation vom Typ 2 – wird nicht nur die gesamte Energie eingefangen, die auf den eigenen Planeten einstrahlt, sondern auch die Energie des Sterns selbst. Zivilisationen vom Typ 3 wiederholen den Trick mit allen Sternen ihrer Galaxie. Ein wahrhaft galaktisches Imperium.
Sind wir allein im Universum oder nicht?
Außerirdisches Leben hat die Menschheit seit jeher fasziniert. Aristoteles zum Beispiel war ein Alien-Pessimist, er hielt die Erde für einzigartig. Die wissenschaftliche Suche nach Außerirdischen hat jedoch erst in den letzten Jahren Fahrt aufgenommen. Das Forschungsfeld musste sich erst von UFOs und kleinen grünen Hollywood-Wesen befreien. Durch sie wurde es seit den 1980er-Jahren ins Lächerliche gezogen.
Inzwischen gibt es Weltraumteleskope, die Milliarden von Lichtjahren ins All blicken können, wissenschaftliche Methoden, um die Zusammensetzung der Atmosphären einzelner Planeten zu entschlüsseln, und NASA-Projekte, die gezielt nach außerirdischem Leben suchen. Warum wir trotzdem noch nichts gefunden haben? „Stellt man sich den Himmel als Ozean und die Außerirdischen als Fische vor, dann haben wir bisher mit allen Aktionen zusammen nur eine Badewanne durchsucht“, sagt der Astrophysiker Adam Frank.
Funktioniert Diplomatie im All besser?
Im September 2022 flogen zwei Russen und ein Amerikaner in einem russischen Raumschiff zur Internationalen Raumstation ISS. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauerte da bereits ein halbes Jahr und die US-geführte Nato unterstützte die Ukraine. Wegen eines Lecks verzögerte sich der Rückflug erheblich und plötzlich saß das internationale Team fest. Auf der ISS bilden die Forschungsteams eine Wohngemeinschaft auf einer Fläche so groß wie ein Haus mit sechs Zimmern. Privatsphäre gibt es kaum. Aber das Zusammenleben scheint zu funktionieren. Jedenfalls wurden die gestrandeten Astronauten von einem erneut russisch-amerikanischen Team abgelöst.
Der Weltraum soll es uns ermöglichen, die Erde als Ganzes zu sehen und ein „planetarisches Bewusstsein“ zu entwickeln, glaubte der amerikanische Politiker und ehemalige Astronaut Bill Nelson. Er schlug vor, große internationale Konferenzen von dort oben abzuhalten. Das würde sich positiv auf die Verhandlungen auswirken.
Gibt es einen neunten erdnahen Planeten?
Früher gab es neun Planeten in unserem Sonnensystem. Denn bis 2006 galt Pluto als Planet. Dann entdeckten Astronom:innen immer mehr Zwergplaneten am Nachthimmel und degradierten Pluto zu einem solchen. Maßgeblichen Anteil daran hatte der Astronom Michael Brown. Heute ist er davon überzeugt, dass es doch einen neunten Planeten in unserem Sonnensystem gibt. Dieser soll sich jenseits von Neptun befinden.
Brown und ein renommiertes Forschungsteam haben simuliert, wie die Umlaufbahnen der sogenannten transneptunischen Objekte beeinflusst werden. Laut ihnen sei ein neunter Planet die beste Erklärung für die Bewegungen. Aber Vorsicht: Es handelt sich um theoretische Berechnungen. Ob Planet 9 wirklich da draußen ist, könnte sich bald mit leistungsfähigeren Teleskopen wie dem derzeit im Bau befindlichen Vera C. Rubin Observatory zeigen.
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