Wechsel beim „Mittagsmagazin“: Ostdeutscher Hintergrund bevorzugt?

Müssen Moderator_innen beim „Mittagsmagazin“ ostdeutsch sein? Der MDR widerspricht. Doch ein aktueller Vorfall wirft Fragen auf.

Ein Mikrofon mit ARD-Logo wird weitergereicht, es sind nur di Hände zu sehen

Staffelüber­gabe mit Hindernissen: Das MiMa kommt ab 2024 vom MDR Foto: Karsten Koall/dpa

BERLIN taz | Eine Stunde länger, mit mehr Dialog und regionaler. Viel ist noch nicht bekannt, aber klar ist, das „Mittagsmagazin“ (MiMa) von ARD und ZDF soll ab nächstem Jahr anders aussehen. Grund dafür ist, dass die Sendung ab 2024 vom MDR produziert und aus Leipzig gesendet wird. Bisher lag die Verantwortung beim RBB, der mit Blick auf seine finanzielle Lage eine Fortsetzung abgelehnt hatte.

Erste Entwürfe und Konzepte für das neu gestaltete MiMa gibt es bereits. Die Sendezeit wird auf zwei Stunden verdoppelt, es soll regionaler werden. Die MDR-Intendantin Karola Wille spricht von einer Stärkung der „bundesweiten Sichtbarkeit ostdeutscher Lebensrealitäten“. Zudem soll es mehr Inhalte aus den Bereichen Kultur und Wirtschaft geben. Viel konkreter ist die Planung der Neuausrichtung nicht, doch ein Aspekt ruft schon jetzt Ärger hervor: die neue Moderation.

Am vergangenen Samstagmittag veröffentlichten die zwei MiMa-Moderator_innen Aimen Abdulaziz-Said und Nadia Kailouli einen gleich lautenden Tweet. „Wie ihr wisst, zieht das ARD-MIMA 2024 nach Leipzig. Ich werde die Sendung dann leider nicht mehr moderieren. Laut MDR-Chefredakteurin soll die künftige Moderation einen ostdeutschen Hintergrund haben. Das muss ich so akzeptieren. Ich wünsche den Kol­le­g*in­nen viel Erfolg.“

Unter den Tweets sammelt sich vor allem Ärger und Unverständnis über die Entscheidung des MDR. Kritisiert wird, dass gerade zwei Moderator_innen mit Migrationsgeschichte ihren Posten räumen sollen.

Zukunft sieht schlecht aus

Bislang wird die Moderation des MiMa von vier Personen getragen: Neben Abdulaziz-Said und Kailouli führen Sascha Hingst und Susann Reichenbach durch die Sendung. Hinter der Kamera sind es rund 100 feste und vor allem freie Mitarbeiter_innen, die an der Sendung mitarbeiten. Und ihre Zukunft bei dem Magazin sieht ähnlich schlecht aus wie die von Abudal­aziz-Said und Kaiouli. Aktuell hat der MDR zwei Stellen für Redakteur_innen ausgeschrieben. Und auch beim RBB selbst sieht es aufgrund von Sparmaßnahmen nicht gerade hoffnungsvoll aus.

Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass, wenn ein Format die Sendeanstalt wechselt, sich Redaktion und Moderation ändern. Es ist nur verständlich, dass der MDR seine eigenen Leute unterbringen möchte. Schließlich wird wegen der Übernahme des MiMa an anderer Stelle gespart. So wird das Format „MDR um 2“ künftig aus Sachsen-Anhalt und nicht aus Leipzig produziert; „MDR um 11“ aus Magdeburg wird eingestellt. Auch hier gibt es also Journalist_innen, die auf eine Weiterbeschäftigung hoffen.

Dennoch hinterlässt der Fall einige Fragezeichen. Dabei geht es vor allem um einen Satz, den die MDR-Chefredakteurin Julia Krittian in einer Redaktionssitzung gesagt haben soll. Nämlich, dass die neue Moderation einen ostdeutschen Hintergrund haben soll. Mittlerweile hat Krittian die Aussage öffentlich dementiert. Auf Nachfrage der taz beim MDR gibt es keine Antwort zu der konkreten Formulierung. Mehrere Anwesende der Sitzung bestätigen jedoch unabhängig voneinander gegenüber der taz, dass Krittian einen ostdeutschen Hintergrund zur Bedingung der Moderation erklärt hätte.

Fest steht, dass die Anzahl der Moderator_innen ab 2024 von vier auf zwei reduziert werden soll. Schon am vergangenen Wochenende, also einen Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung der Übernahme, haben Castings stattgefunden. Der MDR sagte der taz, dass die beiden Moderator_innen sich nicht darauf beworben haben. Eine Ausschreibung für die Stelle gab es nicht, so etwas ist allerdings auch nicht üblich in der Branche. Doch die Frage bleibt: Warum wurden Abudal­aziz-Said und Kaiouli nicht eingeladen, am Casting teilzunehmen? Und wurde auch bei anderen Kandidat_innen auf eine proaktive Bewerbung gesetzt? Wie war das bei Sascha Hingst und Susann Reichenbach, die im Übrigen beide ostdeutsch sozialisiert sind?

Wer nun künftig ab 2024 zum Gesicht der Sendung wird und welchen Hinter- oder Vordergrund es mitbringt, ist nicht bekannt. Doch klar ist, die Frage, wer die Moderation künftig übernimmt, ist längst zum Politikum geworden.

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