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Was in letzter Zeit alles los warDrama, Drama, Drama

Was können Männer besser als Frauen? Sie haben mehr Inkompetenzkompensationskompetenz. Unvorteilhaft eigentlich, denn Schwäche zeigen ist total 2023.

Schreibt sie jetzt auch ein Buch wie Prinz Harry? Christine Lambrecht beim Abdanken am 19. Januar Foto: dpa | Michael Kappeler

Wen nehmen die denn jetzt eigentlich, wenn Charles und William parallel unglücklichen Umständen zum Opfer fallen?“, fragt der Freund bibbernd und rauchend vorm Vienna.

„Na, Harry!“, ruft die Freundin.

„Nee“, sagt der Freund, „der hat sich mit Wucht und zur Schau gestellter Verletzbarkeit von der Reservebank katapultiert!“

„Und dabei Millionen Bücher verkauft.“

„Woher nehmen die das Papier? In der Buchbranche klagen alle über Papiermangel!“

„Gibt bestimmt ’ne volle Palastkammer.“

„Da hat Harry keinen Zutritt mehr, ich bitte euch: abgefrorener Penis, Talibantöter-Prahlhans, das sprechende Klo, und wurde er nicht von einem Pferd entjungfert!?“

„Meint ihr, Christine Lambrecht schreibt jetzt auch ein Buch?“

„Vielleicht über die Kernkompetenz für eine gelungene Mutter-Sohn-Beziehung bis ins Erwachsenenalter.“

„Nicht jede Mutter kann ihrem Sohn einen Heliflug nach Sylt bieten.“

„Sie hat den Job nur angenommen, um beim Sohn zu punkten.“

„Stimmt, sie hatte eigentlich null Bock drauf, posaunte, sie müsse nicht gleich googeln, was der Unterschied zwischen Oberleutnant und Oberstleutnant sei.“

„Was ist der Unterschied?“

„Na, allemal ein S und ein T!“

„Das hat sie sich wohl auch gedacht.“

„Medienkompetenz war auch nicht so ihr Interessenschwerpunkt.“

„Sie hatte nicht mal Inkompetenzkompensationskompetenz!“

„Nee, und man kann von Männern halten, was man will, darin sind die meist besser!“

„Aber welche Minister werden nach Kompetenz auserwählt?!“

„Lauterbach!“

„Und auch der Schuss ging nach hinten los.“

„In der Politik ist es eben wie bei Königs, nur ohne biologische Linie.“

„Wo um Macht geschachert wird, herrscht nie Mutter Logik!“

„Harry hat auf Macht geschissen, um seine Mutter zu rächen!“

„Lambrecht hat auf Macht geschissen, um ihrem Sohn zum Höhenflug zu verhelfen!“

„Aber das war ihr nicht klar, genauso wenig wie das Silvestervideo.“

„Oder die Stöckelschuhe in der Wüste.“

„Meint ihr, alles wär’ anders, wär’ Lambrecht ein Mann?“

„Ja, dann hätte der Truppenbesuch in Stöckelschuhen eine ganz andere Dimension gehabt!“

„So weit ist unsere Gesellschaft nicht.“

„Meint ihr, alles wär’ anders, wär’ Harry eine Frau?“

„Normal, dann hätt’ die Sache mit Meghan distinktiv ja noch mehr Tragweite.“

„Das wär’ ein top Twist im Storytelling gewesen!“

„Das ist es, was die meisten interessiert: Die Geschichte, es geht kaum noch um die Sache, Drama, Drama, Drama, Häme, Schelte, Tränen, Geschrei und spannende Wendungen, egal, was!“

„Wie geht es eigentlich Pinky und Brain?“

„Wem?“

„Den zwei unterirdischen Aktivisten im Tunnel von Lützerath.“

„Das mein’ ich: Wie geht es ihnen, Lambrecht, Harry, wie geht es schieß mich tot?! Was hat das mit Inhalten zu tun?!“

„Wie geht es eigentlich Andrea Nahles?“

„Ja, stimmt, das war auch’n Stück in so einigen Akten.“

„Sie hat ’nen witzigen Twitter-Account, ich fand sie ja schon immer entertaining, nur auf der falschen Bühne!“

„Das ist ein Satire-Account!“

„Woher weißt du das?“

„Das weiß man eben.“

„Das finde ich argumentativ schwach.“

„Schwäche zeigen ist total 2023!“

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Jasmin Ramadan
Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr neuer Roman Roman „Auf Wiedersehen“ ist im April 2023 im Weissbooks Verlag erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert. In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.
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