Was das Klimapaket im Alltag bedeutet: Bahn wird billiger, Fliegen teurer
Für die Klimaziele werden die von der Regierung geplanten Maßnahmen nicht reichen. Aber was heißen sie in der Praxis für Verbraucher*innen?
Wird Bahnfahren jetzt wirklich billiger?
Ja, zumindest im Fernverkehr. Dort sinkt der Mehrwertsteuersatz von 19 auf 7 Prozent. Zwar gibt es keine rechtliche Verpflichtung an das Unternehmen, diese Senkung in vollem Umfang an die Kund*innen weiterzugeben; die Bahnführung hat das aber trotzdem fest zugesagt. Im Nahverkehr ändert sich nichts, denn dort werden auch bisher schon nur 7 Prozent Mehrwertsteuer fällig. Auch für Unternehmen, die die Mehrwertsteuer erstattet bekommen, ändert sich faktisch nichts.
Und ab wann?
Wenn es keine Verzögerungen gibt, soll die Mehrwertsteuersenkung schon zum 1. Januar 2020 in Kraft treten.
Wie stark sinken die Preise dadurch genau?
Durch die Absenkung der Mehrwertsteuer sollten die Fernverkehrsfahrkarten etwa 10 Prozent billiger werden. (Dass es nicht 12 Prozent sind, wie man bei Wechsel von 19 Prozent zu 7 Prozent annehmen könnte, ist keine Verschwörung, sondern reine Mathematik: Eine Fahrkarte mit einem Nettowert von 100 Euro kostet statt 119 Euro künftig 107 Euro – eine Ersparnis von gut 10 Prozent.)
Was bedeutet das beispielsweise für eine Bahnfahrt von Berlin nach Stuttgart?
Wer ohne Bahncard spontan in der 2. Klasse reist, zahlt auf der Strecke Berlin–Stuttgart bisher 153 Euro. In Zukunft müsste dieser Wert bei 138 Euro liegen. Wer mehr als einmal im Jahr Bahn fährt und ein bisschen rechnen kann, nutzt aber mindestens eine Bahncard 25, die zum Preis von bisher 62 Euro ein Jahr lang 25 Prozent Rabatt bietet. (Ob auch die Bahncard selbst billiger wird, steht nach Auskunft der Bahn noch nicht fest.) Damit kostet die Fahrt statt bisher 114,75 Euro nur noch 103,20 Euro. Mit der Bahncard 50 sinkt der Preis von 76,50 auf 68,80 Euro. Wer lange im Voraus bucht oder zu unbeliebten Zeiten am frühen Morgen oder späten Abend reist, kann den Super-Sparpreis nutzen. Der günstigste Tarif liegt statt 19,90 Euro künftig bei 17,90 Euro, mit Bahncard sogar nur bei 13,40 Euro. Weitaus häufiger zu finden sind auf dieser Strecke aber Super-Sparpreise zwischen 29,90 und 53,90 Euro.
Was ändert sich beim Fliegen?
Das wird zum 1. April nächsten Jahres durch eine Anhebung der Ticketabgabe teurer – allerdings eher in homöopathischer Dosis: Sofern die Fluggesellschaften die höhere Steuer vollständig an ihre Kund*innen weitergeben, verteuert sich ein Inlandsflug um 6,58 Euro – immerhin mehr als die zunächst geplanten 3,50 Euro, aber immer noch kaum mehr als ein Cappuccino am Flughafen. Bei innereuropäischen Flügen mit ausländischen Gesellschaften liegt der Aufschlag nur bei 5,53 Euro, weil dort keine Mehrwertsteuer fällig wird. Für Mittelstrecken (etwa nach Zentralafrika oder den Nahen Osten) steigt der Preis um 9,58 Euro, für Langstrecken um 17,25 Euro.
Was zahle ich künftig also, wenn ich von Berlin nach Stuttgart fliege?
Fest steht nur: 6,58 Euro mehr als bisher. Was ein solcher Flug (neben einem schlechten Gewissen) kostet, hängt davon ab, wie lange im Voraus man bucht und wie flexibel man zeitlich ist. Ein Ticket für den nächsten Tag ist auf dieser Strecke aktuell ab 88 Euro erhältlich; künftig wären es also etwa 95 Euro. Wer vier Wochen im Voraus bucht, kann schon für 34 Euro fliegen; künftig wären das gut 40 Euro.
Was ändert sich für Pendler*innen?
Wer weite Strecken zur Arbeit fährt, wird künftig besser gestellt: Die sogenannte Pendlerpauschale steigt von 2021 an ab dem 21. Entfernungskilometer von 30 auf 35 Cent. Wer täglich an seinen 50 Kilometer entfernten Arbeitsplatz fährt, kann damit statt bisher 3.300 Euro künftig 3.630 Euro von der Steuer absetzen. Wer den Eingangssteuersatz von 14 Prozent zahlt, spart dadurch 46 Euro Steuern im Jahr; wer den Spitzensteuersatz von 45 Prozent zahlt, spart 149 Euro. Besserverdienende werden also deutlich bevorzugt.
Und warum steigt die Pendlerpauschale? Das hat doch nichts mit Klimaschutz zu tun!
Die steuerliche Entlastung soll ein Ausgleich dafür sein, dass Benzin und Diesel durch die geplante CO2-Abgabe im Jahr 2021 um etwa 3 Cent pro Liter teurer werden. Wenn das Auto des Beispiel-Pendlers aus der Frage zuvor 7 Liter auf 100 Kilometer verbraucht, steigen seine jährlichen Spritkosten dadurch um 46 Euro. Geringverdiener bekommen also etwa ihre Mehrkosten ersetzt, Spitzenverdiener machen einen Gewinn von über 100 Euro im Jahr – eine ziemlich unsoziale Regelung. Kleiner Trost: Der Aufschlag ist befristet bis 2026 – mit dem Argument, dass bis dahin die meisten Pendler*innen auf ein sparsameres Fahrzeug umsteigen können (wobei auch das den Gutverdiener*innen leichter fallen sollte als den Bezieher*innen kleiner Einkommen).
Und was ist mit denen, die so wenig verdienen, dass sie gar keine Steuern zahlen?
Hier ist das Gesetz gegenüber den ursprünglichen Plänen nachgebessert worden: Wer weniger verdient als den Grundfreibetrag, profitiert von der Pendlerpauschale bisher nicht – denn wer keine Steuern zahlt, kann auch keine sparen. Um auch hier eine Entlastung für die höheren Spritpreise zu schaffen, wird eine neue „Mobilitätsprämie“ eingeführt. Für den Anteil des Arbeitswegs, der über 20 Kilometer liegt, sieht sie eine Prämie vor, die sich von der Höhe her an der Entlastung orientiert, die man bekäme, wenn man den Eingangssteuersatz von 14 Prozent bezahlen würde. Das entspricht knapp 5 Cent pro Entfernungs-Kilometer ab dem 21. Kilometer. Sie soll auf Antrag vom zuständigen Finanzamt ausgezahlt werden.
Was passiert mit der Pendlerpauschale, wenn man – etwa als Grünen-Vorsitzender – gar nicht mit dem Auto zur Arbeit fährt?
Auch wenn das manche nicht wissen: Die Pendlerpauschale gilt unabhängig vom Verkehrsmittel. Mit dem Rad wird aber kaum jemand regelmäßig mehr als 20 Kilometer in eine Richtung zur Arbeit fahren. Doch wer eine Fahrgemeinschaft oder öffentliche Verkehrsmittel nutzt, profitiert in gleicher Höhe von der Pauschale wie Autofahrer*innen. Ein Umstieg wird dadurch attraktiver.
Und wenn ich mein Haus saniere – wird das jetzt endlich stärker gefördert?
Angekündigt wurde es schon oft, jetzt soll es wirklich passieren: Für energiesparende Baumaßnahmen in Wohnungen oder Häusern, in denen man selber wohnt, gibt es künftig mehr und leichter Geld vom Staat. Neue Vorgaben für vermietete Wohnungen folgen später.
Was genau wird gefördert?
Zuschüsse gibt es für die Dämmung von Wänden, Dächern und Geschossdecken, für die Erneuerung von Fenstern oder Außentüren, für eine neue Lüftungsanlage und für die Erneuerung oder Optimierung der Heizungsanlage. Die genauen Standards, die dabei eingehalten werden müssen, werden erst noch festgelegt; orientieren sollen sie sich an den Vorgaben für Neubauten. Voraussetzung ist, dass das Haus älter als 10 Jahre ist.
Wie viel Geld gibt es und wie bekommt man es?
Geplant ist, dass man über einen Zeitraum von drei Jahren insgesamt 20 Prozent der Investitionskosten bei der Steuer erstattet bekommt. Das geschieht nicht über eine Abschreibung (bei der Spitzenverdiener mehr zurückbekommen würden als Geringverdiener), sondern als Abzug von der Steuerschuld (von der alle Steuerzahlenden in gleicher Höhe profitieren). Der Höchstbetrag pro Eigentumswohnung oder Haus liegt, unabhängig von der Wohnfläche, bei 40.000 Euro.
Und was ist mit Eigentümer*innen, die keine Steuern zahlen?
Die können wie bisher Zuschüsse oder vergünstigte Kredite über die KfW beantragen, die aber weniger attraktiv sind als die neuen Steuergutschriften.
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