„Wahlreform“ für Hongkong: Chinesische Verhältnisse
Die von Peking beschlossene „Wahlreform“ für Hongkong bedeutet das Aus für parlamentarische Opposition und ist ein Bruch internationaler Verträge.
N ur wenige Minuten nach der Abstimmung des Volkskongresses in Peking schickte ein gutes Dutzend Hongkonger Regierungsinstitutionen – von der Einwanderungsbehörde über die Feuerwehr bis hin zum Strafvollzug – fast identische Presseaussendungen an die Medien, um die just beschlossene „Wahlreform“ zu preisen.
Dabei ist die von Peking aufgezwungene Resolution mit dem Namen „Patrioten regieren Hongkong“ zweifelsohne das Ende der politischen Pluralität in der früheren britischen Kronkolonie. In Zukunft wird ein sogenannter Überprüfungsausschuss Wahlkandidaten sowohl für das Hongkonger Parlament als auch für das Komitee, welches den Verwaltungschef wählt, auf ihre Tauglichkeit testen. Zugelassen wird demnach nur, wer laut Pekings Definition „patriotisch“ ist – also der Linie der Kommunistischen Partei folgt.
Die Europäische Union wertet diese Reform zu Recht als Bruch internationaler Verträge. Denn bei der Übergabe Hongkongs von Großbritannien an China wurde der Finanzmetropole „weitgehende Autonomie“ bis zum Jahr 2047 zugesagt. Dass Staatschef Xi Jinping keine Unabhängigkeitsbewegung in Hongkong duldet, mag aus der Logik der KP heraus verständlich sein. Doch spätestens seit Einführung des – ebenfalls von China aufgezwungenen – „nationalen Sicherheitsgesetzes“ hat die Volksrepublik deutlich gemacht, dass sie die Hongkong-Frage mit vollständiger Unterdrückung beantworten wird. Seither haben die Behörden Dutzende Politiker des prodemokratischen Lagers sowie führende Aktivisten der Protestbewegung verhaftet.
Es besteht kein Zweifel daran, dass schon bald in Hongkong festlandchinesische Verhältnisse herrschen werden. Etwa, wenn es keine Opposition mehr gibt, sondern nur noch ein Scheinparlament, das Gesetze ohne Gegenstimmen durchwinkt. Hongkongs „patriotische“ Wahlreform ist ein eindrückliches Beispiel dafür: 2.895 chinesische Kader haben mit Ja gestimmt, Gegenstimmen gab es keine. Nur eine einzige Enthaltung erhielt den minimalen Schein einer demokratischen Abstimmung aufrecht.
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