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Wahlen in Hessen und BayernObergrenze bei Landtagswahlen!

Ein ewiger Wahlkampf geht endlich zu Ende, am Sonntag wählen Hessen und Bayern. Sollten wir seltener wählen?

Wischt sich durch die Grafiken eines Wahlabends: Jörg Schönenborn im Ard-Wahlstudio Foto: Steffen Proessdorf/imago

A m Sonntag, Punkt 18 Uhr, werden wir erlöst. Dann tritt Jörg Schönenborn vor die Kameras und präsentiert uns die Prognosen der Landtagswahlen in Hessen und Bayern. Und dann ist er endlich vorbei, dieser ewige, verfluchte Wahlkampf.

Alle paar Monate und immer wieder sonntags präsentiert Schönenborn den deutschen Zuschauern die Zahlen irgendwelcher Landtagswahlen. Er wischt dann auf seinem Bildschirm rum, und seine Stimme vermittelt uns, den Zuschauern, das Gefühl, dass alles seine Ordnung hat, selbst wenn der blaue Balken wächst und wächst. Es ist wohl nicht blasphemisch zu behaupten: Für Menschen, die am Vormittag nicht in die Kirche gegangen sind, ist Schönenborn ein öffentlich-rechtlicher Pastor.

Trotzdem wäre es besser für alle, wenn wir ihn seltener sehen würden. Lieber Jörg Schönenborn, es liegt nicht an Ihnen. Diese ständigen Landtagswahlen, vor allem die Wahlkämpfe davor, tun den Deutschen nicht gut, sie machen verrückt. Und deshalb sollte man sie abschaffen.

Gerade muss Deutschland über Asylrechtsverschärfungen diskutieren und gibt wohl vor allem wegen der anstehenden Landtagswahlen dem Druck der rechten Regierungen Europas nach. Es werden die unsinnigsten Forderungen aufgestellt und Verordnungen erlassen, um politische Handlungsfähigkeit zu simulieren. Als würde ein Mensch weniger in Boote steigen, wenn es in Deutschland nur noch Gutscheine gibt. Als würde ein Mensch weniger Asyl beantragen wegen „flexibler Grenzkontrollen“, die Innenministerin Nancy Faeser nun in einem Akt wahlkämpfender Verzweiflung angekündigt hat.

Keine Obergrenze für Bullshit

Es scheint keine Obergrenze zu geben für Bullshit. Zeitung lesende, Radio hörende und fernsehende Menschen in Berlin, Kiel oder Dortmund werden seit Monaten damit gequält, welche Veganer-Witze Markus Söder im Bierzelt erzählt. Nur weil sich irgendwelche Konservativen in Hintertupfing am Lech nicht entscheiden können, welche von drei rechten Parteien sie wählen wollen. Und weil eine überforderte Innenministerin gern überforderte Ministerpräsidentin von Hessen werden will.

All die Aufregung, all der Wahnsinn also umsonst

Dabei bleibt, wenn man auf die letzten Umfragen schaut, vermutlich in beiden Bundesländern alles, wie es ist. Beide Regierungen können voraussichtlich ihre Arbeit fortsetzen. Denn Wählerinnen wissen durchaus, was der Unterschied zwischen Wiesbaden, Berlin und München ist, also zwischen Bundes- und Landespolitik. Sie entscheiden noch stärker nach Personal und neigen dazu, Amtsinhaber wiederzuwählen.

All die Aufregung, all der Wahnsinn also umsonst.

Ich fürchte, Jörg Schönenborn wird uns nur für einen Moment erlösen. Schon ein paar Minuten nach 18 Uhr werden aufgeregte Kollegen fragen, was denn nun das schlechte Abschneiden der SPD in beiden Ländern „für den Bundestrend“ bedeutet (nichts), und die Frage stellen, ob der Kanzler „jetzt handeln muss“ (nein). Und dann freuen wir uns schon auf die Fortsetzung im nächsten Jahr, auf die Wahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen.

Nun ist der Föderalismus angeblich ein hohes Gut, wie man pflichtschuldig sagt. Aber selbst wenn man die Frage beiseite lässt, weshalb es 16 Landesparlamente braucht, die an der Schulpolitik herumdilettieren und alle paar Jahre eine neue Polizeiuniform vorstellen, wäre es besser, wenn die Landtagswahlen in Zukunft zumindest gleichzeitig stattfinden würden. Am besten parallel zur Bundestagswahl. Dann könnten gewählte Vertreter vier Jahre lang machen, wofür sie gewählt wurden.

wochentaz

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Und Jörg Schönenborn findet bestimmt einen neuen Job, vielleicht sonntagmorgens, in der Kirche.

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Kersten Augustin
Ressortleiter Inland
Kersten Augustin leitet das innenpolitische Ressort der taz. Geboren 1988 in Hamburg. Er studierte in Berlin, Jerusalem und Ramallah und wurde an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München ausgebildet. 2015 wurde er Redakteur der taz.am wochenende. 2022 wurde er stellvertretender Ressortleiter der neu gegründeten wochentaz und leitete das Politikteam der Wochenzeitung. In der wochentaz schreibt er die Kolumne „Materie“. Seine Recherchen wurden mit dem Otto-Brenner-Preis, dem Langem Atem und dem Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichnet.
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10 Kommentare

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  • Nein, es sind nicht die "ständigen Landtagswahlen", die die Leute verrückt machen. Die sind nämlich gar nicht ständig, sondern in der Regel nur alle 5 Jahre, also seltener als Bundestagswahlen.



    Es ist das Medien-Trara um diese Regionalwahlen, das die Leute verrückt macht - und da könnte die taz ja dann eigentlich mit gutem Beispiel voran gehen und die Berichterstattung reduzieren, oder?



    Dann aber bitte auch für die Wahlen in Berlin, Hamburg und Bremen. Wenn diese drei Städte sich nicht mehr so wichtig nehmen und auf ein eigenes Landesparlament verzichten würden, würde wohl den meisten nicht viel fehlen...

  • Mich nervt, dass eine Landtagswahl immer als Bewertung der Bundesregierung gesehen wird.



    Die Medien sprechen von "Midterms" für die Ampel, der Bürger stelle Berlin ein Zwischenzeugnis aus, usw.



    Viele Wähler ticken leider genauso.

    Wenn es bei den Landtagswahlen eh nicht um die Politik im Land geht und Bürger und Medien unfähig sind den Föderalismus zu verstehen, sollten wir die Länder einfach auflösen. Wegen Sinnlosigkeit.



    Dann gäb's auch weniger Wahlen.

  • @TAZLER

    Blaun ist das neue Brau.

  • Diese Wahlen, da stimme ich zu, werden die Perspektivlosigkeit eines 'weiter so', wie es die Parteien und Kandidaten fast hilflos praktizieren, leider fortschreiben. Der Grund dafür liegt in der mangelnden Einsicht in die Realitäten, die leider alle -auch die Grünen- in ihren Auftritten und Programmen zum Ausdruck bringen:



    1) Es ist völlig illusorisch, die Klimaziele des Pariser Abkommens, die ja unter viel zu optimistischen Prognosen zusatande kamen, noch zu erreichen. Wenn selbst der grüne Bundesvorstand angesichts der Vorstellung des Europawahlprogramms betont, ohne die bisher immer verteufelte CCS-Versenkung, die Verbringung von CO² in Cavernen, wo auch immer, werde die Erderwärmung nicht mehr zu bergrenzen sein (Anmerkung: Was für ein Hohn, wenn man das weiß, warum darf dann überhaupt noch ein Flugzeug fliegen?)



    2) Es wird ein falsches Bild der wirtschaftlichen Lage gezeichnet: Es wird völlig ausgeklammert, wie eine sich alterbedingt ständig reduzierende Beschäftigtenzahl die auf der anderen Seite zunehmende Zahl der nicht mehr erwerbstätigen Mitmenschen zu versorgen. Schon jetzt -und nicht nur durch die Schattenhaushalte- ist das Ungleichgewicht zwischen Steueraufkommen und sozialen Leistungen inflationstreibend, was bedeutet, dass mehr Geld gebruckt werden muss, um die nominell garantierten Leistungen der Alterssicherung sichern zu können.



    3) Die Produktivitätssteigerungen, die immer wieder angeführt werden, dass sie den 'Reichtum der Gesellschaft' fördern, finden immer weniger in den Stammländern der globalen Unternehmen -den Wohlstandsstaaten- statt, sondern verlagern sich dorthin, wo die Profitbedingungen besser sind.



    4) Aus den o.a. Gründen verändern sich die Voraussetzungen für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft, wenn der Wohlstand schwindet bzw. ungleicher verteilt wird und stärkt rechtpopulistische Kräfte und entsprechendes Wording auch früher einmal demokratischer Parteien.



    5) Wie hoch wird die Wahlbeteiligung sein ?

  • Im Artikel schreibt Kersten Augustin noch vom wachsen den blauen Balkens und im Diagramm erscheint dann ein Brauner. Na , welche Farbe darf es denn nun sein?

  • Also... naja. Ich finde Wahlen OK.

    Wär' natürlich schön, wenn es gelingen würde, die "Normalbevölkerung" besser dazu anzuregen, mitzumachen, etwa beim Betreuen von Wahllokalen und Auszählen der Stimmen. So dass jede*r sehen kann, wie die Wurst ausgezählt wird (mit ein Grund, warum ich klarer Gegner allzuviel elektronischen Firlefanzes bin).

    Wahlen sollten tatsächlich so etwas wie ein Fest der Demokratie sein, wo mensch zusammenfindet. Gerne auch mit Essen und Trinken.

    Und Feiern... davon, wissen wir, kann es nicht genug geben.

  • Stimmt - alles sinnlos ! Ein Wahltermin für alles, alle 4 Jahre, zu gut ! Vielleicht im Jahr 4.000.

  • "Gerade muss Deutschland über Asylrechtsverschärfungen diskutieren und gibt wohl vor allem wegen der anstehenden Landtagswahlen dem Druck der rechten Regierungen Europas nach."



    Was ist denn das für eine verquere Logik? Deutschland diskutiert über Asylverschärfungen weil die AfD bei 20% bundesweit steht und der Ampel als auch den demokratischen Oppositionsparteien nichts besseres einfällt.



    "Als würde ein Mensch weniger in Boote steigen, wenn es in Deutschland nur noch Gutscheine gibt."



    Das ist doch gar nicht das Thema - ob einer mehr oder weniger ins Boot steigt ist Parteien und Politikern mit Ausnahme der Linken und vielleicht ein paar Grünen und einer handvoll SPD'lern doch komplett egal, so ehrlich muss man sich schon machen. Die ganze Diskussion dreht sich doch nur darum das sie hier nicht mehr ankommen 🤷‍♂️



    Und dieses Ziel lässt sich natürlich mit Bargeldentzug und Verbot von Geldüberweisungen in Herkunftsländer erreichen.



    Ob das human ist oder in irgendeiner Weise vor Karlsruhe bestand haben könnte wird völlig ausgeblendet - Hilflosigkeit und pure Panik 🙈

  • Demarchie !



    Dann wird Wahlkampf überflüssig und das ganze machtgeile Wahlgehabe findet ein Ende !



    Man kann ja durchaus Kriterien festlegen damit jemand wählbar ist.



    Z.B.



    Engagement für die Geselllschaft.



    Einen Mindest-IQ.



    Einen Mindestbildungsstand.



    ...

    Dann wird uns der Zufall sicher keine schlechteren Politiker bescheren als wir aktuell bekommen können.

  • Falsch. Es bleibt eben nicht alles beim Alten. Die geliebten Grünen verlieren, die verhasste AfD gewinnt. Deshalb dieser undemokratische Vorschlag. Wäre es andersherum würde man die Zwischenwahlen begrüßen.