Waffen für die Ukraine: Militärische Liebesgrüße aus London
Großbritannien sagt der Ukraine moderne Kampfpanzer und Panzerhaubitzen zu, angeblich auch Kampfhubschrauber. Ein Wink mit der Kanone an Deutschland.
Als erstes Land rüstet Großbritannien die Ukraine mit westlichen Kampfpanzern aus. 14 modernste Panzer des Typs Challenger 2 werden „in den kommenden Wochen“ an die Ukraine geschickt, gab das Büro von Premierminister Rishi Sunak am Samstag bekannt. Presseberichten zufolge werden vier der Panzer sofort losgeschickt, die anderen folgen etwas später.
Die Lieferung ist Kern eines umfassenden neuen Militärhilfspakets aus London, das Verteidigungsminister Ben Wallace in seiner Gänze am Montag im Parlament vorstellen will. Es enthält neben den 14 Challenger-Panzern auch 30 Panzerhaubitzen des Typs AS-90D und Vorabberichten zufolge auch Apache-Kampfhubschrauber mit Präzisionsraketen des Typs Hellfire, wobei die Hubschrauberlieferung zunächst nicht bestätigt wurde.
Mit diesen Zusagen festigt Großbritannien seinen Platz als wichtigster militärischer Unterstützer der Ukraine nach den USA. Im Jahr 2022 betrug die britische Militärhilfe für Kyjiw nach offiziellen Angaben 2,3 Milliarden Pfund (2,7 Mrd. Euro) und soll dieses Jahr mindestens genauso hoch ausfallen.
Neben Rüstungslieferungen, darunter Tausende panzerbrechende Raketen auch schon vor dem russischen Überfall, beinhaltet die britische Unterstützung Ausbildung für ukrainische Soldaten in fünfwöchigen Intensivkursen auf britischen Militärbasen. 22.000 Soldaten profitierten davon bereits vor dem russischen Einmarsch, im Juni 2022 starteten neue Kurse für 10.000 Soldaten innerhalb eines Jahres. Die Ausbildung an den neu zugesagten Panzern und Panzerhaubitzen beginnt „in den kommenden Tagen“, so die britische Regierung.
Aus dem Irakeinsatz gelernt
Der britische Challenger 2, seit 1994 im Einsatz, hat eine größere Reichweite als der deutsche Leopard 2; die deutsche Firma Rheinmetall, die seine Panzerkanone herstellt, bezeichnet ihn als „für das hochintensive Gefecht gegen mechanisierte Gegner konzipiert“.
In der britischen Armee wird der Challenger 2 in den nächsten Jahren durch den von Rheinmetall entwickelten hochdigitalisierten Challenger 3 ersetzt, was das bisherige Modell zur anderweitigen Verwendung freistellt. Sowohl der Challenger 2 als auch die Panzerhaubitze AS-90 D sind nach Erfahrungen im Irak dem Einsatz in schwierigem Terrain angepasst worden.
Im gemeinsamen Einsatz können diese Geräte gegnerische Panzerformationen überwinden – insbesondere mit Schutz durch Apache-Kampfhubschrauber mit Hellfire-Präzisionsraketen. „Mit Kampfpanzern kann eine Armee die feindlichen Linien durchbrechen und einen längeren Stellungskrieg beenden“, sagte am Wochenende Rheinmetall-Vorstandschef Armin Papperger.
Das gesamte neue britische Hilfspaket ist nach Ansicht von Militärexperten dafür konzipiert, dass die Ukraine selbst in die Offensive gehen kann. Die Mitteilung der Regierung aus London führt aus: „Britische Verteidigungs- und Sicherheitsbeamte sind der Meinung, dass sich ein Fenster geöffnet hat, in dem Russland aufgrund von Nachschubproblemen und sinkender Moral im Nachteil ist. Der Premierminister ermutigt daher die Verbündeten, ihre für 2023 geplante Unterstützung so bald wie möglich einzusetzen, um eine maximale Wirkung zu erzielen.“
Leos nicht bereit zum Sprung
Es wird damit also auch ein Signal an andere Nato-Staaten gesendet, vor allem an Deutschland, dessen Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz sich nach eigenen Angaben aber erst noch überlegen muss, ob sie anderen Ländern gestattet, aus Deutschland erworbene Kampfpanzer des Typs Leopard 2 an die Ukraine zu schicken.
Dies planen vor allem Polen und Finnland. Deutschland selbst kann das angeblich nicht, da die Bestände des Herstellers Rheinmetall erst instandgesetzt werden müssen, wie Vorstandschef Papperger in einem Interview mit der Bild am Sonntag erläuterte. Der Konzern besitze 22 ausgemusterte Panzer des Typs Leopard 2. „Selbst wenn morgen die Entscheidung fällt, dass wir unsere Leopard-Panzer nach Kiew schicken dürfen, dauert die Lieferung bis Anfang nächsten Jahres“, sagte Papperger.
Die Instandsetzung dauere ein knappes Jahr. „Die Fahrzeuge werden nicht nur neu lackiert, sondern müssen für einen Kriegseinsatz umgebaut werden. Sie werden komplett auseinandergenommen und dann wieder neu aufgebaut.“
Über das weitere Vorgehen der Nato-Staaten wird am kommenden Freitag auf einem Treffen in der US-Luftwaffenbasis Ramstein entschieden. Vorher noch soll der britische Außenminister James Cleverly nach Washington reisen, damit die beiden wichtigsten Alliierten der Ukraine ihre Position abstimmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“
Bequem gemacht im Pseudoliberalismus