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Wachstum bei Rügenwalder und WiesenhofVeggie boomt auch wegen Corona

Rügenwalder Mühle verbucht erstmals mehr Umsatz mit vegetarischen als mit Fleischprodukten. Das liegt auch an Bedingungen in der Fleischindustrie.

Fleisch oder Gemüse? Foto: Frank Krems/plainpicture

BERLIN Die Corona-Pandemie mit verstärkten Diskussionen über die Hygienebedingungen in deutschen Schlachthöfen beschleunigt den Veggie-Trend. Beim Wursthersteller Rügenwalder Mühle stieg der Umsatz mit fleischfreien Produkten im ersten Halbjahr 2020 um insgesamt 50 Prozent gegenüber demselben Vorjahreszeitraum an. In einigen Monaten verzeichnete das Unternehmen teils Umsatzzuwächse von bis zu 100 Prozent bei seinen fleischlosen Alternativ-Produkten. Im Juli wurde erstmals mehr Umsatz mit Veggie als mit Fleisch generiert.

Auch die Wettbewerber, die lange nur auf konventionelle Waren setzten, spüren den Trend. „Der Bruzzler Veggie zum Beispiel liegt gegenüber dem Vorjahr mit über 44 Prozent Absatzzuwachs deutlich im Plus“, sagt eine Sprecherin des Hähnchenproduzenten Wiesenhof. Rügenwalder habe mit seinen Produkten als eine der ersten Firmen „auf einen Trend reagiert, den wir seit langem fordern“, sagt Martin Geilhufe vom BUND Naturschutz in Bayern.

Er verweist auf die Klimabilanz von Lebensmitteln und fordert „einen geringeren CO2-Abdruck.“ Vegetarische Produkte wären zwar ein Fortschritt für das Tierwohl, man müsse aber die Ökologie als Ganzes betrachten. Die Aktualität der Fälle beim Fleischhersteller Tönnies zeige, „was wir in der Landwirtschaft verändern müssen“, so Geilhufe.

Inzwischen setzt selbst der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé auf Veggie – und steigerte im ersten Halbjahr 2020 seinen Umsatz mit pflanzenbasierten Produkten um 40 Prozent. Gerade hat Nestlé im Heimatmarkt eine vegane Alternative zu Thunfisch auf den Markt gebracht. „Vuna“ – auf der Basis von Erbsen- und Weizenprotein und mit natürlichen Aromen soll bald auch in Deutschland verkauft werden.

Zuwachs überdurchschnittlich

Zielgruppe seien die „Flexitarier“, so Stefan Palzer, Nestlés Chief Technology Officer. Also Leute, die aus Gesundheits-, Klima- oder Tierschutzgründen weniger Fisch und Fleisch essen, aber auf den Geschmack solcher Produkte nicht verzichten wollen oder können.

Alternativprodukte machen bisher zwar nur einen kleinen Anteil am Umsatz von Fleisch aus, sie wachsen aber überdurchschnittlich im Vergleich zum konventionellen Fleischsektor: Dieser legte zuletzt um sechs Prozent zu, die fleischlosen Alternativen um 25 Prozent im vergangenen Jahr. Fleischlose Burger oder vegane Wurst sind damit keine Nischenprodukte mehr, sondern bei der Masse der Verbraucher angekommen.

Studien gingen davon aus, dass 10 bis 40 Prozent der tierischen Produkte durch alternative Proteinquellen ersetzt werden, sagt Godo Röben, Mitglied der Geschäftsleitung bei Rügenwalder Mühle: „Es gibt jetzt ein wahnsinniges Wachstum. Und es gibt keinen Lebensmittelhersteller, der das Thema nicht aufgreift.“ Noch ist Rügenwalder allerdings nur ein mittelgroßes Unternehmen mit knapp 700 Mitarbeiter*innen und einem Jahresumsatz von etwa 242 Millionen Euro im Jahr 2019.

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7 Kommentare

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  • Wahrscheinlich könnte man die vegetarischen Bratlinge günstiger und mit weniger merkwürdigen Zusatzstoffen herstellen, wenn man sich nicht so viel Mühe geben würde, Textur, Farbe und Geschmack von Fleisch nachzumachen. Ein Linsenburger darf ruhig nach Linsen schmecken, finde ich

  • Man könnte aber auch darauf kommen, daß solche Umsatzveränderungen vielleicht daran liegen, daß immer mehr Menschen darauf verzichten, etwas zu kaufen, bei dem fast nichts von dem drin ist, was draufsteht, was dann natürlich auch auf Produkte auswirkt, bei denen "Fleisch" draufsteht, obwohl nur Spuren von Abfallprodukten drin sind.

  • Warum reiten heute noch so viele darauf rum, dass man "alternative Proteinquellen" brauche. Enthalten Pflanzen keine Proteine? Kartoffeln, Hülsenfrüchte, (Pseudo-)Getreide... alles voll damit. Man muss sich schon sehr einseitig ernähren, dass man einen Proteinmangel bekommt.

    • @Cochino:

      Um ein neues, billig herzustellendes Produkt zu lancieren, muss man ein Bedürfnis wecken. Man redet den Leuten subtil ein, Eiweiß mache schön und sexy, schon können sie nicht genug davon kriegen. Hülsenfrüchte blähen, Steak ist teuer, Voilà - der Insektenburger ist geboren. Spricht garantiert die gleichen spätpubertären Personen an, die zu Hause Spinnen und Schlangen halten, um leicht beeindruckbare Leute das Gruseln zu lehren.

  • "Die Aktualität der Fälle beim Fleischhersteller Tönnies zeige, „was wir in der Landwirtschaft verändern müssen“, so Geilhufe."



    Das sehe ich auch so. Es geht auch um Monokulturen, Dünger- und Pestizideinsatz. Mit bioveganer Landwirtschaft gibt es bereits einen Ansatz, der diesem begegnet.



    Schade, dass im Artikel nur auf Konzerne eingegangen wird. Dabei gibt es viele kleine Hersteller, die sich sympathischer aufstellen, wie bspw. Wheaty, Taifun-Tofu.

    • @Uranus:

      Das sehe ich ganz genauso. Ich unterstütze auch gerne kleine, vegane (Bio-)Unternehmen wie Wheaty, die aus Idealismus und Überzeugung handeln.

      Was ich besonders bemerkenswert finde: Wheaty achtet im gesamten Herstellungsprozess auf Ökologie und Tierschutz: Neben dem Bezug von Ökostrom finde ich hier insbesondere erwähnenswert, dass auch für die Verpackungen, die Etiketten und den Klebstoff keinerlei tierische Produkte verwendet werden.



      Und nicht zuletzt schmecken die Thüringer Würstchen auch noch sehr lecker!

       

      • @Joaquin J.:

        Wheaty hat leider ausschließlich Produkte aus Weizengluten. Das vertragen manche Menschen nicht. Aber der Ansatz ist wirklich gut und umso schöner ist es, dass auch andere Hersteller den Trend verstanden haben. Wenn die aktuellen "Fleisch-Hersteller" ihr Sortiment auf vegan umstellen ist mir das recht.