WWF entdeckt Gesetzentwurf: Amnestie für Raubbau
Andalusien ist ein Paradies für illegale Erdbeerplantagen. Statt einzugreifen, bastelt die Regionalregierung lieber an der Legalisierung.
Die spanische Sektion des World Wide Fund For Nature (WWF) schlägt Alarm. Der Umweltschutzorganisation fiel ein Entwurf für ein regionales Amnestiegesetz für illegale Plantagen im südspanischen Nationalpark und Unesco-Weltnaturerbe „Coto de Doñana“ in die Hände.
Die konservative andalusische Minderheitsregierung aus Partido Popular (PP) und den rechtsliberalen Ciudadanos, die dank der parlamentarischen Unterstützung der rechtsextremen Partei VOX regiert, plant, eine Fläche von 1.460 Hektar illegaler Pflanzen unter Folienzelten in der Gegend von Doñana zu legalisieren. Das sind etwa 85 Prozent der über 1.600 Hektar illegalen Anbauflächen rund um eines der wichtigsten Feuchtgebiete Europas in der südspanischen Provinz Huelva. Meist werden dort Erdbeeren angebaut. Die nicht genehmigten Flächen werden mit rund 1.000 illegal geschlagenen Brunnen bewässert. Legale und illegale Anbauflächen für Beeren aller Art rund um den Nationalpark beanspruchen insgesamt etwa 11.000 Hektar.
Die Folgen der intensiven Landwirtschaft für das Feuchtgebiet am Unterlauf des Flusses Guadiana, das Zugvögeln als Station zwischen Nordeuropa und Afrika dient, sind nicht zu übersehen. Der Anbau von Beeren senkt den Grundwasserspiegel. Den Lagunen fehlt Wasser, manche trocknen im Sommer völlig aus. Kleine Bäche führen schon lange kein Wasser mehr.
Erst vor knapp sieben Monaten, im Juni 2021, verurteilte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg das Land Spanien wegen „übermäßiger Entnahme von Grundwasser“. Geklagt hatte auch hier der WWF. Die Untätigkeit der regionalen Verwaltung gegen illegalen Anbau und illegale Brunnen würde die Biodiversität gefährden.
Vielfalt kommt vor
Anstatt nach dem Urteil endlich umfassende Maßnahmen in die Wege zu leiten, die Doñana zu schützen, arbeitete die andalusische Regierung den fraglichen Gesetzentwurf aus, der illegale Anbauflächen legalisieren soll. Er führt ausgerechnet den Namen „Verbesserung des Managements von Bewässerungsgebieten im Landkreis Huelva“. In der Begründung für das Gesetz ist von einem „regelrechten Motor der Beschäftigung für die Region“ die Rede, wenn es um die Plantagen geht. Auch das Wort „Vielfalt“ kommt vor, jedoch nicht im Zusammenhang mit schützenswerter Tierwelt, sondern mit der Vielzahl der Beeren, die „eine große Speisekammer Europas“ darstellen würden. Die Beeren aus Huelva landen im Winter vor allem auf den Tischen der Nord- und Mitteleuropäer.
Für Juanjo Carmona, Sprecher von WWF, ist die geplante Amnestie „nicht nur eine Verspottung der spanischen Gesellschaft und internationaler Organisationen, sondern auch einer der größten ökologischen Angriffe einer Verwaltung in der Geschichte dieses Schutzgebiets“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“