WM-Achtelfinale Brasilien – Chile: Er kam, sah und hielt
Drama in Belo: Brasilien besiegt Chile erst im Elfmeterschießen und steht im Viertelfinale. Der Keeper der Seleção, Júlio César, pariert zwei Strafstöße.
Die Startbedingungen: Brasilien ist mit dem Sieg in der Gruppe A stark gestartet. Chile musste sich in Gruppe B nur den Niederländern geschlagen geben, hat dafür aber Weltmeister Spanien rausgekickt – und nach einer Schonpause ist Arturo Vidal wieder dabei. Aktuell ist Brasilien also allenfalls leicht im Vorteil, zumal das Spiel komplett auf Superstar Neymar zugeschnitten ist. Was ist, wenn der nicht überzeugt? Aber da sind ja auch noch der Gastgeberbonus und die Statistik: Brasilien hat seit 14 Jahren nicht mehr gegen Chile verloren, zu Hause oder bei einer WM noch nie.
Das Spiel: Zum Auftakt pflügt Brasiliens Fernandinho Chiles Aránguiz um. Gleich zwei Chilenen revanchieren sich bei Neymar. Das wäre geklärt! Sogar Neymar tritt zu. Die erste gelbe Karte gibt es in der 17. Minute für Chiles Mena, dann ist der Ball im Netz! David Luiz hilft Chile, ein Eigentor zu schießen. In der 32. Minute gleicht Sanchez aus. Brasilien dreht wieder auf. Chile auch! Tempo, Technik, Kampf und Schüsse aus jeder Lage. Die zweite Spielhälfte hält nur ein paar brenzlige Szenen bereit, sonst rangiert das Spiel zwischen Schlaftablette und Drama. Taktik und Strategie fehlen. Spannend ist es trotzdem. Gegurke, Stress, Dramatik! Ab in die Verlängerung. Und dann ins Elfmeterschießen – Brasilien bei der eigenen WM. Ach, du liebe Zeit! Torhüter Júlio César und der Pfosten halten genug Elfmeter, um Brasilien ins Viertelfinale zu bringen. Endstand 3:2. Na, das ist ja noch mal gut gegangen.
Der Moment des Spiels: Der Lattenkracher von Pinilla in der 119. Minute. Chile wäre im Viertelfinale gewesen.
Der Spieler des Spiels: Wer kann das bei einem Elfmeterschießen anderes sein, als der Torwart, der besser hält? Also Brasiliens Júlio César.
Die Pfeife des Spiels: Mehmet Scholl mit seinen empiriefreien Analysen. „Nur der Fred, der steht“, krittelt er zur Halbzeit. Da ist der Gescholtene bei 90 Grad Luftfeuchtigkeit schon 4,3 Kilometer gelaufen, so viel wie sonst nur Neymar.
Die Schlussfolgerung: Für eine Halbzeit tun es auch Kampf und Tempo, aber für 120 Minuten ist kein Spielsystem auch keine Lösung. Wenn sich Felipe Scolari nicht mehr einfallen lässt, sind seine Brasilianer noch lange nicht im Finale.
Und sonst? So richtig gastfreundlich ist das brasilianische Publikum nicht mehr – jetzt, wo es um alles geht. Man kann doch den Gegner seine Hymne in Ruhe zu Ende singen lassen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?