WHO ruft Notstand wegen Mpox aus: Wo ist die globale Solidarität?
Aus der Corona-Pandemie wurden nicht ausreichend Konsequenzen gezogen. Das könnte uns mit dem Ausbruch von Mpox nun einholen.
W ann die WHO das nächste Mal Alarm schlagen würde, war lediglich eine Frage der Zeit. Nun ist es Mpox, besser bekannt unter dem Begriff Affenpocken, das der Weltgesundheitsorganisation Sorgen bereitet und sie dazu nötigt, eine gesundheitliche Notlage mit internationaler Tragweite auszurufen. Die hauptbetroffenen Staaten sind Länder des Globalen Südens, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent.
Es ist die nächste Stufe, die die WHO zünden musste, um endlich mehr Bewusstsein für Epidemien zu schaffen, die letztlich die ganze Welt betreffen können. Alarmismus ist offenbar der einzige Weg, der hilft, dass weltweit Gegenmaßnahmen koordiniert werden. Umso bitterer ist nun die Erkenntnis über das gescheitertePandemieabkommen, das die WHO nach jahrelanger Vorbereitung Ende Mai auf den Weg bringen wollte.
Aus der Coronapandemie, die weltweit nicht nur für Tote und Langzeitgeschädigte sorgte, sondern auch einen Ausfall der Wirtschaftsleistung nach sich zog sowie die Kluft zwischen Arm und Reich weltweit vergrößerte, wollte man Lehren ziehen. Ein internationales Abkommen – wohlgemerkt auf Basis von freiwilligen Selbstverpflichtungen – sollte dafür sorgen, beim nächsten Ernstfall gewappnet zu sein.
Letztlich scheiterte das Abkommen am Unwillen der Industrieländer, sich beim Thema Patente für Medikamente und Impfstoffe zu bewegen, und auch daran, dass Staaten des Globalen Südens keine konkreten Verpflichtungen eingehen wollten, Tierseuchen zu überwachen und entsprechend zu melden.
Die harten Debatten innerhalb der WHO wurden flankiert von den Verschwörungsmythen der Impfgegner:innen, die die Organisation auf dem Weg zur repressiven Weltmacht sehen. Eine Kraft, die in der Diskussion, in der es tatsächlich vor allem um finanzielle Unterstützung ging, nicht zu unterschätzen war.
Mit Mpox holt die Weltgemeinschaft die Wirklichkeit ein. Entwicklungsorganisationen appellieren erneut an die Industriestaaten, umgehend Impfstoffe zu liefern und Ländern des Globalen Südens den Zugang zu Diagnostik zu ermöglichen. Wissenschaftler:innen weisen wieder mal auf ihre Erkenntnisse über Zoonosen hin, also Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen wurden und sich dann weiterverbreiten.
Das alles müsste uns bekannt vorkommen. Die warmen Bekundungen, nach der Coronapandemie auf mehr internationale Solidarität zu setzen, sind verpufft. Es wird Zeit für einen neuen Anlauf für ein gemeinsames Abkommen. Denn der nächste Alarm kommt bestimmt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung